Zukunftssicherheit ist für viele Arbeitnehmende eine der wichtigsten Eigenschaften einer Arbeitsstelle. Alexander Marzen, Senior Director und Head of Operations Germany bei ADP, erläutert, welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen können, um Unsicherheiten zu bekämpfen.
Als nicht zukunftssicher wahrgenommene Arbeitsplätze können sich auf das Engagement, die Arbeitszufriedenheit und sogar die Leistung auswirken. Doch vier von zehn Arbeitnehmenden weltweit haben das Gefühl, dass ihre Arbeitsstelle nicht zukunftssicher ist. In Deutschland ist das bei über 27 Prozent der Arbeitskräfte der Fall, wie die Studie People at Work 2023 des ADP Research Institute (ADPRI) zeigt.
62 Prozent der Arbeitskräfte glauben sogar, dass kein Beruf den Auswirkungen der wirtschaftlichen Unsicherheit entgehen wird. Bei der globalen Arbeitnehmerschaft rangiert die Zukunftssicherheit jedoch auf Platz zwei der wichtigsten Eigenschaften einer Arbeitsstelle, wobei 43 Prozent sagen, dass sie gleich nach dem Gehalt der wichtigste Faktor ist. Für deutsche Arbeitnehmende steht die Sicherheit des Arbeitsplatzes an dritter Stelle – direkt nach Gehalt und Freude an der Arbeit.
Dennoch wird das Thema in Diskussionen über Produktivität, Wohlbefinden und Mitarbeiterbindung oft übersehen. Früher war es üblich, dass Arbeitgeber mit dem Versprechen (und der Realität) der Zukunftssicherheit lockten, um Arbeitssuchende anzuziehen und Mitarbeitende zu halten, oft über Jahrzehnte. Ebenso suchten Arbeitsuchende nach Stellen bei Unternehmen, bei denen sie wussten, dass sie so lange bleiben konnten, wie sie wollten.
Wie wirkt sich die Zukunftssicherheit des Arbeitsplatzes also auf die heutige Belegschaft aus und welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um Unsicherheiten zu bekämpfen?
Wie entsteht unbegründete Angst um den Arbeitsplatz?
Da Unsicherheit ein Gefühl ist, ist es schwer zu quantifizieren oder zu messen, wenn man nicht auf die Stimmung der Mitarbeitenden hört. Sie beruht auf Erfahrungen und Emotionen und ist von Person zu Person unterschiedlich. Die Umstände, die dazu führen können, dass ein Teammitglied ein hohes Maß an Angst um seinen Arbeitsplatz empfindet, könnten beispielsweise die Kolleginnen und Kollegen nicht im Geringsten beunruhigen.
Arbeitnehmende in der Medien- und Informationsbranche geben am häufigsten an, dass sie ihren Arbeitsplatz als nicht zukunftssicher erachten (54 Prozent), gefolgt von Arbeitskräften im Gastgewerbe/Freizeitsektor (51 Prozent). Jede(r) vierte ist darüber hinaus besorgt, dass der Einsatz von KI in den nächsten fünf Jahren in der eigenen Branche zur Norm werden und manuelle Aufgaben reduzieren wird. Auch angesichts der großen Aufmerksamkeit, die in den Medien dem Stellenabbau bei namhaften Unternehmen gewidmet wird, machen sich viele Sorgen. Zum großen Ganzen gehört jedoch, dass viele Unternehmen vor akuten Problemen bei der Gewinnung und Bindung von Talenten stehen, so dass das Bild nicht so düster ist, wie manche meinen.
Führungskräfte sollten daher ein oder zwei kritische Erfolgskennzahlen für das gesamte Unternehmen bestimmen und die Mitarbeitenden regelmäßig darüber informieren, wie es um das Geschäft steht. Jede und jeder hat eigene Lebensumstände und Denkmuster, die sich darauf auswirken, wie sicher wir uns fühlen. Auch das wirtschaftliche Umfeld und die wahrgenommene Marktposition des Arbeitgebers sind Faktoren. Obwohl viele dieser externen Faktoren außerhalb des Einflussbereichs der Unternehmensleitung liegen, kann das Gefühl der Sicherheit des Arbeitsplatzes gefördert werden.
Einflussfaktoren
Nicht nur der Generationswechsel in der Erwerbsbevölkerung sollten sich auf das Gefühl der Zukunftssicherheit auswirken, sondern auch Zeiten niedriger Arbeitslosenquoten und des Talentmangels. Die Welle der Babyboomer scheidet mit voller Wucht aus dem Erwerbsleben und lässt Talentlücken zurück. Dies sollte theoretisch dazu beitragen, dass sich diejenigen, die noch arbeiten, sicherer fühlen.
Doch das Gefühl der Unsicherheit ist bei jungen Menschen am größten. Laut der Umfrage unter mehr als 32.000 Arbeitnehmenden in 17 Ländern gibt die Hälfte der Generation Z (18- bis 24-Jährige) an, dass sie ihren Arbeitsplatz nicht als zukunftssicher wahrnehmen. Dieser Anteil ist doppelt so hoch wie der Anteil der über 55-Jährigen, die dasselbe sagen (24 Prozent).
Das Unsicherheitsgefühl kann auch von den Arbeitsverhältnissen abhängen. Fühlen sich Mitarbeitende, die komplett remote arbeiten, beispielsweise unsicherer, als Teammitglieder, die vor Ort arbeiten? Vielleicht kann der Vorteil der Standortflexibilität und andere attraktive Eigenschaften der Remote Arbeit die Bedenken für viele ausgleichen, andere benötigen möglicherweise mehr Unterstützung in der Ferne, um ihre Sorgen zu überwinden.
Hier könnte es hilfreich sein, die Erfahrungen von Mitarbeitenden im Außendienst zu betrachten und zu analysieren, welche Gefühle auf Zukunftsunsicherheit und welche auf andere Probleme zurückzuführen sind. Dann lässt sich ein Plan erstellen, um die aufgedeckten Schwierigkeiten zu lösen.
Zukunftssicherheit: Karten auf den Tisch
Eine offene, klare und konsequente Kommunikation mit den Teammitgliedern ist eine der wirksamsten Methoden, um das Gefühl der Sicherheit der Arbeitsstelle zu fördern. Mitarbeitende wollen Klarheit darüber, wie es dem Unternehmen geht, sie erwarten keine 100-prozentige Sicherheit.
Es ist nicht unbedingt so, dass ein Stellenabbau in einem Unternehmen bedeutet, dass andere Firmen der Branche diesem Beispiel folgen. Oder dass sich die Arbeitnehmerschaft vor Automatisierung, künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen fürchten muss. Diese Tools könnten die Arbeit der Menschen sogar einfacher oder befriedigender machen. Wenn das der Fall ist, sollten Arbeitgeber darüber sprechen, um Missverständnisse auszuräumen und unnötige Bedenken zu zerstreuen. Es ist empfehlenswert, die Informationen mit harten Daten zur Veranschaulichung zu untermauern.
Eine andere Möglichkeit, der Unsicherheit zu begegnen, besteht darin, die Fähigkeiten der Arbeitnehmenden kontinuierlich zu verbessern. Dies kann durch Umschulung und lebenslanges Lernen erreicht werden und trägt dazu bei, dass Arbeitnehmende flexibel auf die sich verändernden Anforderungen des Arbeitsmarktes reagieren können.
Eine transparente Kommunikation kann das Engagement fördern und ein Gefühl der Zielstrebigkeit vermitteln. Im Wesentlichen hilft es den Mitarbeitenden, sich als Teil von etwas Größerem und Bedeutungsvollerem zu fühlen – und nicht nur als Rädchen in einer Maschine.
Arbeit als Fels in der Brandung
Die Pandemie und die anhaltende wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheit haben bei vielen Menschen Stress ausgelöst. Solange jedoch Arbeitssuchende und Arbeitnehmende Wert auf einen sicheren Arbeitsplatz legen, müssen Führungskräfte proaktiv eine Unternehmenskultur aufbauen, in der das Gefühl der Sicherheit die Norm ist und nicht die Ausnahme.
Indem man den Arbeitskräften das Gefühl gibt, dass ihr Arbeitsplatz sicher ist und dass sie die Möglichkeit haben, sich im Unternehmen weiterzuentwickeln, können sie sich besser auf ihre Leistung konzentrieren, ohne Gedanken an die Zukunft zu verschwenden. Stellen Führungskräfte eine faire Bezahlung und eine integrative, ansprechende Arbeitsplatzkultur, werden die Arbeitskräfte dem Unternehmen viel positiver gegenüberstehen und sich sicher fühlen.
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Alexander Marzen ist Senior Director und Head of Operations Germany bei ADP. Foto: ADP