Zukünftiges Arbeitsmodell: Büro, Hybrid oder Remote?

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Wie wollen wir arbeiten? Ross Seychell, Chief People Officer bei Personio: Unternehmen sollten die Teams in die Strategieentwicklung einbeziehen.

Die Corona-Krise beschäftigt Unternehmen seit mehr als einem Jahr, ein baldiges Ende ist vorerst nicht in Sicht. Das betrifft auch die Homeoffice-Regelungen für Mitarbeitende – bislang weiß keiner, wann ein “Back to Normal” und eine Rückkehr ins Büro wieder möglich sein werden. Umso wichtiger ist, dass sich Firmen bereits heute mit einem Konzept für die Zukunft beschäftigen.

Vor etwas mehr als einem Jahr, am 22. März 2020, trat der erste Corona-Lockdown in Deutschland in Kraft. Weitreichende Kontaktverbote und entsprechende Betriebsauflagen zwangen die Unternehmen dazu, meist Hals über Kopf, erst Hygienekonzepte fürs Büro zu entwickeln und dann das Arbeiten von zu Hause zu ermöglichen. Weil kaum ein Unternehmen wirklich vorbereitet war, war das Chaos vorprogrammiert.

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Ein Jahr später haben sich die meisten Mitarbeitenden ans Homeoffice, an die Videokonferenzen und digitalen Kollaborationstools gewöhnt – und manch einer will gar nicht mehr zurück ins Büro. Auch die Unternehmen überlegen längst, Kosten zu sparen, indem sie Remote Work als echte Alternative zum Büro erwägen. Viele sprechen im Moment auch davon, dass es doch wünschenswert wäre, flexibel zwischen Büro und Homeoffice zu wechseln. Und wieder andere können es kaum erwarten, den eigenen vier Wänden zu entfliehen und wieder Vollzeit im Büro zu arbeiten.

Solange Unternehmen jedoch einfach nur abwarten, statt eine klare Strategie für diese neuen Bedürfnisse zu entwickeln, laufen sie erneut Gefahr, für eine Menge Unruhe im Betrieb zu sorgen und dabei eine einmalige Chance zu verpassen.

Entweder-Oder-Modelle sind kaum mehr vorstellbar

Angesichts der aktuellen Entwicklungen sind Entweder-Oder-Modelle, also entweder nur remote oder immer Büro, kaum mehr vorstellbar. Hybride Formen, mal mehr oder weniger flexibel, werden sich über kurz oder lang etablieren, weil sie viel besser auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen können. Zudem steigern sie die Zufriedenheit und bringen dadurch auch Arbeitgeber:innen Vorteile.

Das belegen mittlerweile auch Studien: Ein hybrides Arbeitsmodell ist demnach die attraktivste Alternative für Mitarbeitende. Drei Tage im Büro und zwei im Homeoffice gelten unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als die optimale Aufteilung, um das Beste aus beiden Welten zu verbinden: soziale Kontakte und eine leichtere Zusammenarbeit auf der einen Seite, mehr Flexibilität und Freiheit auf der anderen.

Wie Arbeitgeberinnen / Arbeitgeber ihr Modell letztlich gestalten, kommt auf die jeweilige Unternehmenskultur, die Ziele und die individuelle Situation an. Um eine Strategie zu entwickeln, sollten sich Personalverantwortliche fragen, welchen Ansatz sie generell wählen möchten, also die Verteilung von Homeoffice und Büroarbeit. Soll dieser Ansatz dann unternehmensweit und für jede Abteilung gleichermaßen gelten? Oder werden stattdessen Richtlinien vorgegeben, die jedes Team dann an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann? Bei Personio zum Beispiel haben die Teams kommuniziert, dass sie es sehr schätzen, die Wahl zu haben und flexibel arbeiten zu können. Je nachdem, was auch privat ansteht, können sich die Mitarbeitenden so für das Homeoffice, das Büro oder Remote entscheiden.

Feedback der Teams ist bei der Planung Gold wert

Team- und Unternehmensstrukturen sollten dabei unbedingt berücksichtigt werden: Gibt es Situationen, in denen ein hybrides Arbeitsmodell nicht möglich ist? Sind bestimmte Abteilungen auf die Anwesenheit der Mitarbeitenden angewiesen?

Die meisten Arbeitgeberinnen / Arbeitgeber sind sich inzwischen einig, dass bestimmte Arten von To-dos – beispielsweise solche, die eine Zusammenarbeit im Team sowie eine gewisse Kreativität erfordern – sich virtuell weniger effizient erledigen lassen. Eine Face-to-Face-Kommunikation ist weiterhin äußerst wertvoll. Denn: Wenn es nicht mehr möglich ist, mit Kollegen und Kolleginnen persönlich in Kontakt zu treten, wird nicht nur ein gewinnbringender Austausch schwierig. Auch Engagement, Motivation und Produktivität der Mitarbeiter:innen können schlimmstenfalls darunter leiden.

Unbedingt beachtet werden sollten auch die individuellen Erfahrungen der Mitarbeitenden – von der Führungskraft, die ganze Teams steuert, bis hin zur neu eingestellten Auszubildenden, die sich erst zurechtfinden muss, sind Feedbacks zur Praktikabilität von Regeln und Plänen das A und O.

Sind diese grundlegenden Fragen geklärt, sollten sich die Verantwortlichen den harten Fakten widmen. Zum Beispiel ist es entscheidend zu wissen, dass für ein hybrides Arbeitsmodell finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen. Wichtige Kostenpunkte, die beachtet werden sollten, sind unter anderem Equipment, Tools, Gehalt und Reisekosten.

Gleichzeitig müssen Unternehmen wichtige rechtliche Vorgaben beachten, sollten sie Remote Work anbieten. Das bindet Kapazitäten von HR und der Rechtsabteilung – nicht nur initial, bevor das Modell in Kraft tritt, sondern dauerhaft. Geklärt werden muss auch, von wie vielen Standorten aus Mitarbeitende arbeiten dürfen. Gibt es neben dem eigenen Zuhause und dem Büro weitere Alternativen? Wie sieht es mit Arbeiten aus dem Ausland aus?

Erst festlegen, dann kommunizieren

Damit hybride Teams erfolgreich sind, muss das gesamte Set-up stimmen, also die IT, die eingesetzten Tools oder die Meetingräume. Auf diese Weise bleiben Teams flexibel, der Informationsfluss stabil und die Prozesse reibungslos. Entsprechende Leitfäden können bei der Umstellung helfen. Nicht zuletzt wirkt sich die Arbeitsplatz-Strategie auch auf das Recruiting aus, denn ein hybrides Modell erlaubt es, Mitarbeitende unabhängig vom eigenen Standort einzustellen.

Wenn Personalverantwortliche diese Aspekte berücksichtigen, steht der Entwicklung einer passenden Strategie nichts im Weg. Wichtig ist, dass es ein solides Fundament in Form einer klaren Positionierung hinsichtlich Remote, Hybrid oder Büroarbeit gibt und die Mitarbeitenden, insbesondere die Führungskräfte, in die Strategieentwicklung einbezogen werden. Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung: Erst festlegen, dann kommunizieren. Ist eine echte Vertrauenskultur erst einmal vorhanden, profitieren am Ende alle davon und aus der Herausforderung wird eine wirkliche Chance.

Foto Ross Seychell

Ross Seychell, Chief People Officer bei Personio, der ganzheitlichen HR-Software für kleine und mittelständische Unternehmen. Der Software-Anbieter hat es sich zum Ziel gesetzt, Personalprozesse schneller, übersichtlicher und effizienter zu gestalten. Zu diesem Zweck entwickelt Personio eine All-in-One Software-Lösung für Recruiting, Personalverwaltung und -entwicklung sowie Lohnabrechnung.

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