Zoff via Zoom: Wie Sie Konflikte in virtuellen Teams lösen

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Im virtuellen Raum schlagen eskalierende Konflikte meist hohe Wellen. Reinhild Fürstenberg schildert, wie Führungskräfte diese lösen können.

Begegnen sich Teams nur digital, können schnell Missverständnisse und Unzufriedenheit entstehen. Virtuelle Arbeitsformen und digitalisierte Kommunikation lassen Konflikte oft lange unbemerkt schwelen. Viele Menschen sind durch die herausfordernden Monate des Jahres 2020 dünnhäutiger geworden. Eskaliert ein Konflikt, schlägt das im virtuellen Raum meist hohe Wellen. Doch es gibt gute Strategien, Konflikte aus der Distanz frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

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Konflikte sind für viele Führungskräfte eine eher lästige Begleiterscheinung im Führungsalltag. Ihnen kommt es auf Ergebnisse, gute Zahlen oder Produktinnovationen an. Doch Konflikte nehmen genau darauf Einfluss und können auch eine Reihe von positiven Impulsen mit sich bringen: Sie machen Probleme bewusst, stärken den Willen zur Veränderung und können nach ihrer Lösung zwischenmenschliche Beziehungen vertiefen und den Zusammenhalt im Team festigen.

Wann sollten Führungskräfte eingreifen?

Sollten Chefinnen/Chefs bei Konflikten im Team wirklich aktiv werden? Sind die Mitarbeitenden nicht reif genug, Ihre Dinge selber zu lösen? Oft ist das so, doch so mancher Zwist erledigt sich eben nicht von selbst – schon gar nicht auf Distanz. Wenn man sich nicht, wie im Büro, auch mal zufällig persönlich über den Weg läuft, gemeinsam über Dinge lacht oder plaudert und die Chance nutzen kann, danach auch unangenehme Dinge anzusprechen, schwelen Konflikte oft länger als nötig unausgesprochen dahin. Zu fremd ist es vielen Menschen, ein Streitthema an die große Glocke zu hängen und für die Klärung extra einen Termin einzustellen.

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Wird die Stimmung immer angespannter und eskaliert der Streit, muss die Führungskraft die Lösung des Konflikts steuern oder zumindest unterstützen, damit die Teammitglieder sich nicht länger als nötig mit dem Ärger untereinander beschäftigen.

Woran erkenne ich als Führungskraft einen Konflikt im virtuellen Raum? Folgende Anzeichen sollten Sie hellhörig werden lassen:

  • Angespannte Stimmung und negative Emotionen nehmen zu
  • Herabsetzende Bemerkungen, verbale „Seitenhiebe“ oder gar Beleidigungen im Videocall, in Mails oder Chatnachrichten
  • Der Kommunikationsfluss nimmt ab, man vermeidet Gespräche, redet mehr über- als miteinander, bildet Gruppen oder schmiedet Koalitionen
  • Aufgaben bleiben liegen, die Arbeitsbereitschaft lässt nach
  • Entscheidungsprozesse dauern länger
  • Vermehrte Krankmeldungen oder Unpünktlichkeit schwächen das Team
  • Deutliche Veränderung eines Teammitglieds, wie zum Beispiel Rückzug oder andere Anzeichen psychischer Belastung

„Störungen haben Vorrang“

Sobald Sie Spannungen oder andere Konfliktsignale wahrnehmen, sollten Sie darauf reagieren nach dem Motto: „Störungen haben Vorrang.“ Jeder nicht beachtete Konflikt führt in der Regel zu einer Verschärfung. Je früher Sie ein Klärungsgespräch führen, umso wahrscheinlicher können Sie eine Lösung herbeiführen.

Eine Konfliktlösung sollte jedoch nicht vor allen im Teamcall stattfinden. Nach einem direkten Streitausbruch dort sollten Sie den Beteiligten zunächst die Möglichkeit geben, sich aus dem emotionalen Erregungszustand zurückzuziehen. Machen Sie nach einem Zoff unter Kolleginnen/Kollegen zeitnah einen Termin mit allen Beteiligten aus – einige Stunden bis einige Tage später. Bitten Sie die Konfliktbeteiligten idealerweise gemeinsam zum Gespräch, so bleibt das Gesagte für alle transparent.

Konfliktlösung im digitalen Raum

Bei der Konfliktlösung im digitalen Raum gibt es Einiges zu beachten. Noch wichtiger als sonst: Sorgen Sie für funktionierende Technik und gehen Sie mit einer positiven Grundhaltung in das Gespräch. Konflikte gehören im (Arbeits)alltag dazu und sind normaler Bestandteil von Veränderungsprozessen.

  • Machen Sie einen gemeinsamen Technik-Check mit den Kontrahenten. Können sich alle gut hören und auch nonverbale Zeichen wahrnehmen? Haben alle die Kamera an?
  • In Ihrer Rolle als Führungskraft machen Sie eingangs deutlich, was das Ziel des Gesprächs ist.
  • Bieten Sie Ihren Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern an, Sie als neutraler Vermittler bei der Suche nach einer gemeinsamen Lösung zu unterstützen.
  • Da gegenseitige Vorwürfe Konflikte oft eskalieren lassen, führen Sie zu Beginn Gesprächsregeln ein (zum Beispiel Ich- statt Du-Botschaften, konkrete Beobachtungen/Beschreibungen statt Generalisierungen, Verzicht auf Vorwürfe, Vertraulichkeit der Gesprächsinhalte).
  • Während eine(r) der Teilnehmenden redet, wird genau zugehört, ohne zu kommentieren oder sich zu verteidigen. Nur Nachfragen sind erlaubt.
  • Bitten Sie alle Konfliktbeteiligten nacheinander, präzise mitzuteilen, worum es ihm/ihr in dem Konflikt geht. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein: „Was ist passiert?“ „Was ist Ihre Sichtweise?“ „Was belastet Sie?“ „Was sind Ihre Erwartungen“?
  • In der Phase der Lösungssuche sollen die Beteiligten nach Möglichkeiten suchen, um den gegenwärtigen Konflikt zu lösen und künftigen Konflikten vorzubeugen: „Was kann Ihr Beitrag zur Lösung sein“? „Was können Sie persönlich verändern, auch wenn es noch so klein ist, um zu einer Verbesserung der Situation beizutragen? “ „Welche konkreten Veränderungen wünschen Sie sich von Ihrem Gegenüber in Zukunft?“
  • Bleiben Sie zielorientiert und lösungsoffen, es gibt meist nicht nur die eine Lösung – und mehrere Lösungsschritte.
  • Ziehen Sie (externe) Dritte hinzu, wenn Sie selbst einen Anteil an dem Konflikt haben, Sie sich aufgrund besonderer Nähe oder Abneigung zu einer der beiden Konfliktparteien oder nach mehreren Versuchen zu einer neutralen Vermittlung nicht in der Lage sehen.

Im digitalen Raum sollten Sie zudem mehr Sicherheit vermitteln und mehr Struktur geben. Dabei ist es gut, im Blick zu behalten, ob alle ähnliche Redeanteile haben. Zieht sich jemand auffällig zurück? Wird untereinander auf Themen und Statements eingegangen? Nehmen Sie Zwischentöne wahr? Auch gilt es zu beachten, welche nonverbalen Signale über Blicke und Gesten gesendet werden und wie die Mitarbeitenden mit Emotionen umgehen.

In Ihrer Moderatorenrolle können Sie Gesagtes in der Videokonferenz auf einem Whiteboard oder per PowerPoint visualisieren. Teilen Sie dazu (nur phasenweise!) Ihren Bildschirm, damit alle gut sehen. Dokumentieren Sie Gesprächsergebnisse und versenden Sie diese im Anschluss als .pdf-Dokument.

Teamspirit stärken – auch im Homeoffice

Sie können als Führungskraft einiges tun, um das erneute Ausbrechen eines Konflikts im digitalen Raum zu minimieren:

  • Fördern Sie den Teamspirit, auch wenn Sie sich nicht regelmäßig persönlich sehen können. Neben regelmäßigen fachlichen Update-Meetings können Sie auch zu gemeinsamen Lunch-Sessions oder (freiwilligen) After-Work-Terminen einladen.
  • Schaffen Sie so viel Sicherheit und Vertrauen wie möglich und thematisieren Sie offen neue Herausforderungen und Entwicklungen sowie die Zusammenarbeit im Team.
  • Fragen Sie nach dem Befinden im Homeoffice, in Einzelgesprächen und als Einstiegsrunde im regelmäßigen Teamaustausch. Sie können auch am Anfang eines Meetings gemeinsam über persönliche Highlights der vergangenen Woche oder die lustigsten Erlebnisse lachen. Outen auch Sie sich dabei ruhig mal als Mensch. Das schafft Verbindung.
  • Machen Sie deutlich, dass Sie für jeden ansprechbar sind.
  • Und klopfen Sie sich gerne auch mal auf die Schulter, wenn Sie eine Konfliktlösung angegangen sind! Auch dann, wenn die Lösungen nicht komplett Ihre Erwartungen erfüllen. Die meisten Menschen scheuen sich, schwierige Themen anzusprechen. Wenn Sie alleine das tun und am Ball bleiben, sollten Sie mehr als zufrieden mit sich sein.
Reinhild Fürstenberg

Reinhild Fürstenberg ist Gründerin und Geschäftsführerin des Fürstenberg Instituts. Das systemische Beratungsunternehmen unterstützt Firmen dabei, Mitarbeiter gesund und leistungsstark zu halten, Zukunftskompetenzen in der Belegschaft aus- und aufzubauen und so psychische Belastungen in herausfordernden Veränderungs- oder Krisensituationen zu reduzieren. Die Lösungsstrategien beinhalten ein Beratungsangebot für Mitarbeiter und Führungskräfte (EAP), die gesundheitsorientierte Organisationsberatung, den Work-Life-Service sowie die Entwicklungs- und Qualifizierungsangebote der Fürstenberg Akademie.

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