Drei Tage, drei Menschen, drei persönliche Geschichten – Your WHY matters. Vera Koltermann, StepStone Deutschland, und Arndt Ahlers, Transporeon, schildern im Interview eine außergewöhnliche Employer-Branding-Kampagne.
Was ist meine Leidenschaft, was sind die Dinge, die ich gerne mache? StepStone und Transporeon haben ein Experiment gemacht, das Mut erfordert. Zusammen mit einem WHY-Coach wurden drei Menschen an drei Tagen zu ihren prägendsten Lebensereignissen und -entscheidungen gefragt. Das Ziel: Muster aufspüren und zu einer Erkenntnisessenz herunterbrechen, die das persönliche Warum des / der einzelnen Protagonisten / Protagonistin in einen Satz fasst – die Antwort darauf, warum sie im Leben sind, wo sie sind, auch beruflich betrachtet.
Aus den Gesprächen wurden über 24 Stunden Drehmaterial, das ebenfalls in verschiedene Formate überführt wurde, unter anderem jeweils 25 Minuten Filme, damit der Zuschauer die persönliche Transformation der Protagonistin / des Protagonisten zur Erkenntnis möglichst hautnah mitverfolgen kann. Warum dieser doch erhebliche Aufwand? „Transporeon ist Transformation und Transformation beginnt bei jeder / jedem Einzelnen“. Die neue Employer-Branding-Kampagne von Transporeon sollte Transformation und Purpose noch stärker erlebbar machen.
Dafür suchte Transporeon einen passenden Kreativpartner und fand ihn bei Vera Koltermann, Head of Employer Branding & Solutions bei StepStone Deutschland. In diesem Projekt haben sich im Mindset zwei Partner gefunden, die gern Neuland erkunden und den Anspruch hatten, Employer Branding wieder mehr Tiefe zu geben. Wir haben mit Vera Koltermann und mit Arndt Ahlers, Director Global Talent Acquisition bei Transporeon, über die Kampagne gesprochen.
Employer Branding ist ja schon länger in aller Munde und in vielen Unternehmen etabliert. Ihr sagt, Ihr wollt Employer Branding auf ein neues Level heben. Was können wir uns darunter vorstellen?
Vera: Employer Branding hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr selbst zum Hygienefaktor entwickelt. Auch wenn es noch Luft nach oben gibt, so sind viele Umsetzungen heute austauschbar geworden. Wir sehen Mitarbeitende vor Kulisse und der Content dahinter ist dann oft generisch. Das nutzt sich ab und da braucht es eine Rückbesinnung auf das, was Employer Branding mal auszeichnete: Tiefgang, Emotion und Echtheit. Meines Erachtens hat sich das zuletzt etwas verflüchtigt und die Zeit war reif für was Neues – ohne die allgemeinen Regeln über Bord zu werfen. Eine Evolution eben.
Arndt: Das Thema Purpose wird zunehmend wichtiger. Das gilt für Unternehmen, aber auch für Kandidatinnen / Kandidaten und Mitarbeitende. Kandidatinnen / Kandidaten stellen immer häufiger die Frage: Warum sollte ich zu Euch wechseln? Und diese Frage lässt sich nicht nur mit einem wettbewerbsfähigen Gehalt und vielen Benefits beantworten. Da bedarf es mehr. Ähnlich geht es den Mitarbeitenden: Auch sie wollen spüren, dass ihre Arbeit etwas bewirkt. Employer Branding auf ein neues Level zu heben heißt in unserem Fall, eine Kampagne zu kreieren, die Kandidaten wie Mitarbeitende adressiert, und das für beide Gruppen relevante Thema Purpose zum Gegenstand hat.
Wir leben in einer bewegten Zeit, in der Veränderung zum Standard geworden ist. Inwiefern ist das Thema dennoch relevant und differenzierend?
Arndt: Transporeon ist ein Unternehmen, das seinen Purpose „Bringing transportation in sync with the world“ mit Überzeugung lebt. Diese Aussage stellt, zusammen mit unseren Werten, unsere DNA dar – Veränderung ist ein grundlegender Teil davon. Auch unsere Employer Value Proposition „sync and flow“ greift Veränderung auf. Sie beschreibt mit zwei einfachen Worten den schwierigen Prozess gelingender Transformation.
Dazu braucht es Mitarbeitende, die nicht nur Veränderung aufgeschlossen gegenüberstehen, sondern antizipativ nach Veränderungsoptionen suchen und sich selbst reflektieren, entwickeln und damit verändern. Differenzierend ist die Tatsache, dass Transformation bei uns nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern in allen Bereichen des Unternehmens gelebt wird. Transporeon is transformation.
Vera: Gerade in Zeiten, die von Unsicherheiten, Veränderung und Komplexität geprägt sind, beobachten wir eine zunehmende Rückbesinnung auf existentielle Fragestellungen, der Blick geht wieder mehr auf den Menschen. Selbst der eigene Blick: Sinn, Purpose, Selbstverwirklichung, das sind die dominierenden Themen von Kandidatinnen / Kandidaten und Mitarbeitenden. Und doch bleibt dieser Blick häufig oberflächlich.
Wir hinterfragen nicht mehr, sondern nehmen vieles als gegeben hin. Vielleicht haben wir auch schlichtweg verlernt, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen. Aber Veränderung bedeutet eben immer genau das –Auseinandersetzung: mit mir selbst und mit meiner Umwelt. Sonst wird Veränderung nicht gelingen. Dann ändert sich nur die Fassade, der Kern aber bleibt der gleiche. Das hat für mich wenig mit Nachhaltigkeit und Anpassungsfähigkeit zu tun.
Simon Sinek, Purpose und die Frage nach dem persönlichen WHY stehen ja auch im Mittelpunkt Eurer gemeinsamen Kampagne. Wie kam es dazu und was ist das Besondere daran?
Arndt: Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Hausaufgaben gemacht und wollten etwas Neues und Innovatives ausprobieren. Dabei sollten die Aspekte Purpose und Transformation zentrale Bestandteile sein. Darüber hinaus haben wir den Anspruch, dass bei unseren Employer-Branding-Kampagnen immer unsere Mitarbeitenden im Fokus stehen und die Kampagnen so authentisch und persönlich wie möglich sind. Diese Ideen haben wir in Form eines Briefings mit StepStone geteilt.
StepStone hat uns dann eine Kreativkampagne vorschlagen, deren Basis ein Experiment war: Inspiriert von Simon Sineks Leadership-Konzept „The Golden Circles“ wollten wir die „Suche nach dem individuellen Warum“ mit einer emotionalen Videokampagne in die Praxis umsetzen – und so die für uns wichtigen Themen Purpose, Transformation und Mitarbeiterfokus kombinieren. Verschiedene Transporeon-Mitarbeitende sollten in intensiven, mehrstündigen Interviews gemeinsam mit einem WHY-Coach ihr persönliches „Warum“ herausarbeiten – vor laufender Kamera.
Das Besondere daran ist einerseits der Experiment-Charakter: Ein Experiment kann gelingen, muss aber nicht. Konkret bedeutet das, dass wir zu Beginn des Projektes nicht wussten, was am Ende herauskommen würde. Andererseits liegt die Besonderheit darin, einen real ablaufenden Prozess zum Gegenstand einer Kampagne zu machen, mit allen Herausforderungen wie zum Beispiel Sicherheit oder Unkalkulierbarkeit. Dass ein solches Vorhaben auch Auswirkungen auf das konkrete Ergebnis hat (Länge der Videos, relevante Kanäle etc.), dürfte klar sein.
Vera: Wir wollten die Suche nach dem Why in den Mittelpunkt stellen, echt und unverfälscht, ganz pur. Für eine möglichst wahrhaftige Antwort. Indem die Suche nach dem eigenen Why und die persönliche Transformation in den Fokus gerückt wird, kommt die Erkenntnis sukzessive zum Vorschein: Warum bin ich genau HIER und nicht woanders? Diesen Erkenntnisprozess erlebbar zu machen, fanden wir extrem spannend. Eben nicht nur reden, sondern machen.
Durch das Eintauchen in ganz persönliche Lebensgeschichten, in Situationen und Ereignisse, die unsere Protagonisten irgendwann geprägt haben. In der Kindheit, Jugend oder wann auch immer. Wir wollten verstehen und zeigen, was das mit Menschen macht, wie es Entscheidungen beeinflusst. Und dass so persönliche Transformation entsteht. Weil jeder Mensch dieses Why in sich trägt, meist unbewusst. Das sichtbar zu machen und hervorzukitzeln, war unser Anspruch.
Wir wussten zu Beginn nicht, ob das wirklich funktionieren würde – also dass am Ende dann der eine Satz der Erkenntnis steht, das persönliche Warum eines Menschen, den wir nicht kennen. Wir wussten nur, dass das der Weg ist. Aber für die tatsächliche Umsetzung war das schon eine gewisse Gratwanderung, weil nicht klar war, wer diesen Weg mitgeht: Finden wir die Mitarbeitenden? Was sagt HR dazu? Und was die Geschäftsleitung? Aber wir waren von Beginn an sehr von der Idee getriggert und überzeugt, dass das gut wird.
Wie habt Ihr die Geschäftsleitung überzeugt, Arndt? Und was hat es auch Euch selbst eventuell zunächst an Überwindung gekostet?
Arndt: Ganz pragmatisch würde ich sagen: Sobald wir selbst zu 100 Prozent überzeugt waren, konnten wir auch die Geschäftsleitung überzeugen. In unserem Fall waren dabei Offenheit, Vertrauen und Sicherheit die Schlüsselkomponenten – Aspekte, die oft dazu beitragen, dass Transformationsprozesse gelingen. Essenziell war hier sicher die bei Transporeon und StepStone vorhandene Offenheit, vorgefertigte Bahnen zu verlassen und gemeinsam etwas Neues entstehen zu lassen.
Über die gemeinsamen Erfahrungen und vorhandene Vorerfahrung hat sich Vertrauen herausgebildet, das es ermöglichte, Bedenken und Zweifel zu hören, ernst zu nehmen und lösungsorientiert zu bearbeiten. Insbesondere für die Protagonisten war der Aspekt Sicherheit von Bedeutung. Dem haben wir durch eine besonders intime und vertraute Atmosphäre während des Drehs Rechnung getragen.
Die Geschäftsleitung haben wir immer informiert, aber in unmittelbare Entscheidungen nicht einbezogen. Auch hier war es – neben einer überzeugenden Idee – das für Veränderungsprozesse notwendige Vertrauen, das dieses Projekt ermöglicht hat.
Wie bei vielen Veränderungsprozessen war es nicht einfach, die Kontrolle aus der Hand zu geben. So hat zum Beispiel StepStone final entschieden, welche Mitarbeitenden schlussendlich mitmachen werden. Auch Bedenken beiseitezuschieben und stattdessen Möglichkeiten zu sehen, ist mir am Anfang schwerer gefallen als gedacht.
Und wie habt Ihr Menschen bei Transporeon dafür gewonnen, mitzumachen? Für die war es ja auch erstmal ein Sprung ins Unbekannte.
Vera: Absolut. Das Projekt hat alle Beteiligten gefordert, aus ihrer Komfortzone zu kommen. Natürlich auch Mitarbeitende. Und auch hier spielten die Aspekte Offenheit und Vertrauen eine große Rolle. Nachdem zunächst HR, auf Basis einer Casting-Beschreibung von uns, eine Vorauswahl getroffen hat, haben wir Interviews geführt, eine Shortlist erstellt und dann in sehr intensiven Gesprächen eine Beziehung aufgebaut. Uns war wichtig, dass keiner bloßgestellt wird oder sich unwohl fühlt. Aber tatsächlich kamen wir hier sehr schnell zusammen. Am Ende zählten die persönliche Geschichte und das Gefühl, dass die Chemie stimmt. Dadurch war der Dreh an sich dann kein Kaltstart mehr.
Am Ende standen eine Auswahl an kurzen und längeren Filmen. Teilweise sind die Stories 25 Minuten lang. Warum, glaubt Ihr, ist dies das richtige Format?
Vera: Wenn man so tief einsteigt, wie wir das getan haben – und wir hatten ja fast 24 Stunden Material – dann müssen die Zuschauer diese Reise aktiv mitgehen, um die gleiche emotionale Intensität zu erleben wie wir. Und um den Prozess der Transformation erleben und beobachten zu können. Uns ist bewusst, dass wir mit gängigen Sehgewohnheiten brechen. Wie gesagt: Alle müssen raus aus der Komfortzone. Sonst entsteht keine Veränderung.
Und wie sind die ersten Reaktionen?
Arndt: Insbesondere nach dem Launch der Kampagne war das Interesse groß. Die ersten Teaser haben die vorhandene Neugier intern wie extern noch stärker entfacht. Oft haben wir die Frage bekommen: „Wann kann ich mir die ganze Episode anschauen?“. Von außen wurde die innovative und mutige Kampagne gewürdigt und innen hat sie, neben Interesse für die Geschichten der Kollegen, die Auseinandersetzung mit dem eigenen Purpose angeregt.
Stellvertretend für viele sagte zum Beispiel eine Kollegin: „‚Your WHY matters‘ ist eine außergewöhnliche Kampagne, ganz anders als das, was wir in der Vergangenheit gemacht haben. Als ich die Episoden angeschaut habe, habe ich angefangen, über mein eigenes Why nachzudenken. Und darüber, wie es zum Purpose von Transporeon und zu unseren Werten passt. Ich bin sicher nicht die Einzige, die das gemacht hat.
Die Kampagne inspiriert, bewusster darüber nachzudenken, warum wir die Dinge tun, die wie tun und warum wir da sind, wo wir sind. Ich bin beeindruckt von den Kollegen, die sich entschieden haben, ein aktiver Teil dieser Kampagne zu sein. Und vom Coach, der mit ihnen gearbeitet und ihnen geholfen hat, ihr Why zu formulieren. Und von allen, die geholfen haben, diese Kampagne zu realisieren. Hervorragende Arbeit!“
Vielen Dank für das Gespräch!
Your WHY matters: Hier geht’s zur Kampagne
Teaser
Daniel
Elena
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Vera Koltermann ist Head of Employer Branding & Solutions bei StepStone. Als Employer-Branding-Expertin berät Vera Koltermann seit vielen Jahren nationale und internationale Kund*innen auf ihrem Weg zu einer starken Arbeitgebermarke. Mit ihrem Team bei StepStone verbindet sie Employer Branding & Recruiting ganzheitlich und interdisziplinär.
Dr. Arndt Ahlers ist Director Global Talent Acquisition bei der Transporeon GmbH (Ulm). Er verantwortet das unternehmensweite Recruiting sowie den Aufbau und die Etablierung der Arbeitgebermarke. Erfolgreiches Recruiting und nachhaltiges Employer Branding gehören für ihn untrennbar zusammen. Zuvor trug er für den Bekleidungshersteller C&A als Head of Talent Development & Acquisition HR-Verantwortung.