Workations sind ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um Talente, sagt Lara Knebel, Mitglied der Geschäftsleitung von publicplan. Mit einer klaren Workation-Strategie stärkt ihr Unternehmen nicht nur die Arbeitgebermarke, sondern fördert auch das Recruiting sowie die Zufriedenheit, Motivation und Produktivität der Mitarbeitenden. Erfahren Sie hier, wie diese Strategie erfolgreich umgesetzt wird und welche Erkenntnisse dabei gewonnen wurden.
Sommer, Sonne, Sprint-Meeting? Urlaub und Arbeit zu verbinden, liegt unbestritten im Trend. In der Praxis gehört dazu jedoch mehr als nur den Laptop einzupacken und in den Flieger zu springen. Und dem/der einen oder anderen HR-Verantwortlichen gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist angesichts von Stichworten wie Sozialversicherungspflicht, Begründung einer Betriebsstätte oder Füße-Hoch-Mentalität gar nicht so sommerlich zu Mute.
Wie wir als mittelständisches IT-Unternehmen unser Workation-Angebot so gestalten, dass unsere Mitarbeitenden es als wertvollen Benefit wahrnehmen und gleichzeitig das Unternehmen davon profitiert, darüber möchte ich in diesem Artikel aus der Praxis berichten. Seit 2022 ermöglicht publicplan allen Mitarbeitenden nach bestandener Probezeit flexible Workations – bis zu 182 Tage in der gesamten EU, komplett selbst organisiert oder in unserem eigenen Office in Málaga.
Workation: Kein Buzzword, sondern gefragter Benefit
Laut einer PwC-Umfrage sind 64 Prozent derjenigen, die grundsätzlich remote arbeiten können, am Konzept Workation interessiert. Bei den 18- bis 29-jährigen sind es sogar 80 Prozent. Das kann einen beachtlichen Effekt auf den Erfolg der Recruiting-Arbeit haben: 57 Prozent der Befragten gaben an, dass die Möglichkeit zur Workation ein wichtiges Kriterium für ihre Arbeitgeberwahl ist. Grund genug also, das Thema als Unternehmen strukturiert anzugehen und strategisch zur Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber zu nutzen!
Und im echten Leben, abseits von Befragungen? Wir bei publicplan merken: Workations sind relevant für Recruiting und Retention. Ja, Gehalt, Arbeitszeit, Verantwortlichkeiten und eine spannende Tätigkeit sind weiterhin entscheidend. Aber moderne Arbeitsmodelle, Flexibilität und das Vertrauen in Mitarbeitende sind große „soft factors“. Im Jahr 2023 haben unsere Mitarbeitenden insgesamt 391,5 Tage im EU-Ausland gearbeitet, im ersten Halbjahr 2024 bisher sogar schon 327,5 Tage – die Tendenz ist also steigend.
Bei Job-Interviews stellt unser Recruiting-Team fest: Dass wir Workations ermöglichen, wird wahrgenommen und erzeugt Neugierde. Wir werden im Bewerbungsprozess proaktiv darauf angesprochen. Und bestehende Mitarbeitende nehmen die Möglichkeit sehr positiv wahr: Wir erleben eine spürbar gestiegene Zufriedenheit und Motivation.
Das Workation-Konzept trägt – gemeinsam in einem ganzen Bündel weiterer Benefits – dazu bei, unsere Arbeitgebermarke zu stärken. Für uns ist das ein klarer strategischer Vorteil: Laut dem Branchenverband Bitkom sind aktuell 149.000 Stellen für IT-Fachkräfte unbesetzt, im Durchschnitt dauert eine Neueinstellung 7,7 Monate. In diesem umkämpften Markt herauszustechen, ist eine Herausforderung, die mit den richtigen Benefits einfacher zu stemmen ist.
Wir betrachten Workations allerdings nicht rein wirtschaftlich und personalstrategisch. Wir möchten das Thema langfristig zum Teil unserer Unternehmenskultur machen, die Vertrauen und Flexibilität weit nach vorne stellt. Wir wollen zeigen, dass wir uns aktiv Gedanken machen zur Vereinbarkeit von Arbeit, Freizeit und Familie, modernen Arbeitsformen gegenüber offen sind und uns kontinuierlich weiterentwickeln, um unseren Mitarbeitenden das bestmögliche Arbeitsumfeld zu bieten.
Gute Vorbereitung ist alles – das gilt für Mitarbeitende und Unternehmen
Wie eingangs erwähnt: Mit Kofferpacken und einem „Ciao, Chef(in)“ ist es nicht getan. Als wichtiges Element einer erfolgreichen Workation-Strategie hat sich bei uns ein klarer Prozess bewährt: Alle Mitarbeitenden wissen, wie viele Tage Workation möglich sind, was davor zu klären ist und wo und wann eine Workation angemeldet werden muss. Das ist für alle Mitarbeitenden transparent im Unternehmens-Wiki hinterlegt.
Jede Workation hat klare Parameter, die mit Team und Teamleitung im Vorfeld abgestimmt werden: Wo geht es hin? Wie lange dauert die Workation? Wie ist die Erreichbarkeit? Und ganz wichtig: Wann ist ggf. der „Work“-Teil der Workation vorbei und beginnt ein anschließender Urlaub, in dem selbstverständlich Diensthandy und Laptop ausgeschaltet bleiben?
Von Unternehmensseite kümmern wir uns darum, dass rechtlich alles klar ist: Für die gesamte EU haben wir Rahmenbedingungen erarbeitet, die sicherstellen, dass Fragen der Steuer und Sozialversicherung, aber auch des Datenschutzes und der Sicherheit von Kundendaten zweifelsfrei geklärt sind.
Von unseren Mitarbeitenden erwarten wir, dass sie sich vor Abreise Gedanken gemacht haben und sicherstellen, dass die Workation auch für sie funktioniert sowie dass das daheimgebliebene Team und die Kundenprojekte keine Nachteile haben: Habe ich ausreichend schnelles und stabiles Internet? Ist ein Arbeitsplatz verfügbar, an dem ich acht Stunden konzentriert sein kann? Habe ich bedacht, wie ich die Balance aus Arbeit und Freizeit gestalte, damit kein Frust aufkommt? Ein Leitfaden hilft dabei, diese Faktoren systematisch vorab zu durchdenken.
Fallstricke vermeiden – das haben wir in unserer Workation-Strategie verbessert
Natürlich lief auch bei uns nicht von Anfang alles glatt mit Workations – doch in zwei Jahren konnten wir schon eine Menge dazulernen und wissen, was wir heute von Anfang an anders machen würden:
- Bloß nicht zu leise sein: Zuerst haben wir Workations als Testballon betrachtet und nur am Rande mal kommuniziert. Heute würde ich sagen: offensive Kommunikation ist wichtig, damit Mitarbeitende das Angebot auch wirklich annehmen. Die oben erwähnten klaren Prozesse helfen enorm dabei.
- Mehr Urlaubsgeschichten erzählen: Nicht nur wichtig für den Schnack in der Kaffeeküche, sondern auch, um voneinander zu lernen – was hat für die Mitarbeitenden gut funktioniert? Wo gab’s Schwierigkeiten, zum Beispiel in der Abgrenzung von Arbeits- zu Urlaubszeit? Wir ermutigen alle, ihre Erfahrungen mit Workations im Team zu teilen und bringen die Erfahrungsberichte auch auf unsere Social Media Kanäle. Das hilft nebenbei natürlich auch in Richtung Recruiting!
- Erfolgsmodell Auslands-Office: Sicher nicht für alle Unternehmen möglich – aber uns hat die Einrichtung eines festen Office in Málaga, Spanien, enorm geholfen. Seit 2022 arbeiten hier 10 Kolleg*innen und alle Mitarbeitenden aus Deutschland können das Office bis zu 5 Tage im Jahr als „Workation Homebase“ nutzen. Auch hierzu gibt’s Infos und Fotos im internen Wiki und man bucht sich wie im „Heimat-Büro“ einen Platz über das gewohnte Desksharing-Tool. Das verringert den Planungsaufwand für alle, steigert die Rechtssicherheit und gibt uns zusätzlich Zugang zum Fachkräftepool vor Ort.
Mein Fazit: Workations bieten Vorteile für alle Beteiligten – wenn man sie richtig angeht
Aus Sicht von publicplan ist unsere Workation-Strategie ein voller Erfolg: Bei Kandidatinnen / Kandidaten im umkämpften IT-Markt stechen wir heraus, bei bestehenden Mitarbeitenden findet die Möglichkeit Zuspruch und steigert spürbar die Zufriedenheit, Motivation und Produktivität. Das heißt nicht, dass wir uns darauf ausruhen: In regelmäßigen Mitarbeitendenbefragungen evaluieren wir unsere Unternehmenskultur und nehmen auch Vorschläge für Verbesserungen zum Beispiel des Workation-Konzepts auf. Auch mit HR-Verantwortlichen aus unserem Mutterkonzern Allgeier SE und Schwesterunternehmen sind wir im Austausch und erhalten positives Feedback auf unser Konzept.
Im Selbsttest kann ich nach meiner Rückkehr aus Málaga sagen: Gerade als Familie kann man Workations super nutzen – während beide Eltern oder ein Elternteil arbeitet, kann die Familie tagsüber den Urlaub genießen und mittags oder abends kann gemeinsam entspannt in den Feierabend gestartet werden. Der Tapetenwechsel steigert die Kreativität, neben Sonne tankt man jede Menge Motivation und klare Strukturen machen den Übergang von Arbeit zu Urlaub frustfrei.
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- Workation im Ausland: Was HR rechtlich beachten sollte
- „Work your World“: Arbeiten von überall
Lara Knebel ist Mitglied der Geschäftsleitung von publicplan und unter anderem verantwortlich für den Bereich People & Culture. Bei publicplan arbeiten rund 350 Expertinnen / Experten in Düsseldorf, Berlin und Málaga an IT-Lösungen auf Open Source Basis für die öffentliche Verwaltung. Foto: publicplan