Wissenstransfer in Unternehmen wird immer relevanter. Doch welche Methoden funktionieren in der digitalen Welt? Was sind die notwendigen Rahmenbedingungen?
Als Experte für HR-Digitalisierung und Transformation weiß Matthias Höfer, wie wichtig es ist, im Unternehmen „Wissensschätze“ weiterzugeben und hat Tipps, wie Wissenstransfer zu einem festen Bestandteil des virtuellen Alltags wird.
Die digitale Welt verändert das Lernen. In vielen Unternehmen findet Aus- und Weiterbildung zunehmend virtuell statt. Bedingt durch die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung weiter an Fahrt aufgenommen. Präsenzseminare mussten quasi von heute auf morgen in eine digitale Form gebracht werden. Dabei wurde viel improvisiert. Langfristig führt für effiziente Lernorganisationen aber kein Weg an einer durchdachten Strategie vorbei.
Kernfrage: Welche Lerninhalte sollen vermittelt werden?
Der Weg zur passenden (E-)Learning-Strategie führt über die Klarheit darüber, welche Inhalte mittel- und langfristig für wen, wie verfügbar sein sollten. Hier reicht die Spannbreite von einfachen Pflichtunterweisungen über digitales Kurswissen bis hin zur Digitalisierung von jobbezogenem Expertenwissen mit entsprechend großem Hebel für die Beschleunigung der Geschäftsentwicklung.
Woher kann man Lerninhalte beziehen?
Je nach Content-Kategorien und damit einhergehendem Abstraktionsgrad können Inhalte frei am Markt erworben werden. Unternehmensspezifischer Content wird in der Regel zentral im Unternehmen eingekauft und/oder direkt selber erstellt und verfügbar gemacht. Stellenspezifischer Content sollte nochmal gesondert betrachtet werden. Hier liegt zwar der größte Hebel im Sinne Wirksamkeitstransfer für das Unternehmen, aber oftmals betreten Unternehmen gerade hier Neuland und sind sich über die Potentiale nicht bewusst.
- Pflichtunterweisungen wie beispielsweise zum Datenschutz oder zur Compliance sind ein fester Bestandteil der innerbetrieblichen Weiterbildung. Sie eignen sich ideal für digitale Schulungsformen. Inhalte können am Markt von spezialisierten Anbietern gekauft werden oder von Agenturen erstellt werden.
- Für klassisches Kurswissen wie zum Beispiel Methodenwissen, Anwendungs- oder Führungstrainings bietet der Weiterbildungsmarkt eine Vielzahl an externen Anbietern. Teilweise bieten die Hersteller der Lernsoftware selber umfangreiche Bibliotheken mit entsprechenden Inhalten an beziehungsweise verfügen teilweise über Standardschnittstellen zu gängigen Anbietern wie LinkedIn.
- Spezifisches, jobbezogenes Wissen, wie es im zum Beispiel im Rahmen eines Onboardings eines neuen Mitarbeiters gefragt ist oder auch einfach bei einem Job Enrichment gebraucht wird, erfordert spezifische, Inhalte. Über Learning Content Management Systeme kann ein Unternehmen eigene Inhalte erstellen und verfügbar machen. Meistens werden diese von speziellen Abteilungen oder HR erstellt. Einen Boost in der Erstellung von wertvollem, jobbezogenen Content bieten Konzepte und Tools rund um die Idee vom Peer-to-Peer Learnings. Dabei werden Inhalte von den Wissensträgern der Workforce erstellt und geteilt. Peer-to-Peer Learning gilt als effizientes Mittel der Personalentwicklung. Es eröffnet den Zugang zum Wissen und der Expertise von Kollegen und Mitarbeitern, ist kostengünstig und fördert zugleich soziale Kompetenzen, Kommunikation sowie die interne Vernetzung.
Anforderungen an die digitale Architektur
Je nach Reifegrad beziehungsweise Lernbedarf des Unternehmens verändern sich die Anforderungen an die digitale Architektur. Für ein einfaches Pflichtunterweisen in kleineren Unternehmen bieten die Anbieter in der Regel Ende-zu-Ende alle Funktionen im Sinne Zugang zum Inhalt, Erfolgskontrolle und Dokumentation für die HR Abteilung.
Für größere Unternehmen mit eigenen Inhalten empfehlen sich LMS (Lernmanagement Systeme) einzuführen. Der Fokus liegt hier in der Vereinfachung der Administration der innerbetrieblichen Weiterbildung mit all seinen Aufgaben. Sofern eigene Kurse erstellt werden sollen, benötigt man die Erweiterung zu einem LCMS (Learning Content Management System), um entsprechende Inhalte und Kursformate erstellen zu können. Für sehr große Unternehmen mit umfangreichen Zugängen und Bibliotheken empfiehlt es sich, mit sogenannten Learning Experience Plattformen auseinanderzusetzen. Diese helfen den Mitarbeitern dabei, auch bei sehr umfangreichen Kursangeboten den Überblick zu behalten und bieten ein in der Regel AI-gestütztes Vorschlagswesen. Das führt zu einer breiten Nutzung der Inhalte im Sinne einer wirklichen Lernkultur.
Für Unternehmen, die das Thema Lernen als Aufgabe des ganzen Unternehmens sehen, und dazu auf das breite Wissen der Workforce setzen wollen, ist die Erweiterung um sogenannte Third Party Anwendungen notwendig. Hier gibt es verschiedene – in der Regel junge Unternehmen – die sehr spezifische Apps im Kontext Peer-to-Peer anbieten. Wichtig ist hier auf die Integrationsfähigkeit der Lösungen mit den bestehenden LMS und LCMS zu beachten.
Matthias Höfer ist Geschäftsführer der CLEVIS GmbH. Seit mehr als 10 Jahren berät er Unternehmen bei Fragen der Digitalisierung von HR, der HR Strategie und Transformation. Mit der Erfahrung von über 400 Projekten in dem Kontext zählen Matthias Höfer und sein Team zu den zu den Top Spezialisten im DACH Raum im HR.