Reibungspunkte verschwinden nicht im Digitalen. Reinhild Fürstenberg zeigt, wie das erfolgreiche Managen virtueller und hybrider Teams gelingt.
Corona hat uns einen Crash-Kurs in virtueller Zusammenarbeit beschert. Doch die anhaltende Verlagerung eines Großteils der Arbeit ins Homeoffice führt in vielen Fällen zu einem nach und nach schwindenden Kontakt zwischen der Führungskraft und den Teammitgliedern.
„Diese ‚beruflichen Kontaktbeschränkungen‘ sind für viele Führungskräfte eine neue Herausforderung. Das merkt man häufig an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eigentlich am intensivsten geführt werden müssten. Denn Reibungspunkte verschwinden nicht im Digitalen – und lassen sich auch nicht per E-Mail klären“, sagt Reinhild Fürstenberg, Gründerin und Geschäftsführerin des Fürstenberg Instituts.
Die Gesundheitswissenschaftlerin hat einen Sechs-Punkte-Plan für Führungskräfte aufgestellt, der zeigt, wie gute Führung beziehungsweise das erfolgreiche Managen virtueller und hybrider Teams auch im Corona-Arbeitsalltag gelingt:
1. Weniger Kontrolle, Fokus auf Ergebnisse
Es ist in Ordnung, nicht immer genau zu wissen, wer im Team was wann macht. Jetzt ist es an der Zeit, Ihr Kontrollbedürfnis durch eine gesunde, vertrauensvolle Haltung zu ersetzen: Unterstellen Sie, dass Ihre Belegschaft leistungswillig und motiviert ist, die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Allein diese Haltung verbessert schon einiges. Setzen Sie Ihren Fokus gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter auf die Ergebnisse, die erreicht werden sollen und überlassen Sie der /dem Einzelnen, wann sie oder er seine Aufgaben erledigt. Treffen Sie dazu klare Absprachen – und wertschätzen Sie die Ergebnisse.
2. Hybride Teams brauchen klare Strukturen und gute Kommunikation
Stellen Sie gemeinsam verlässliche Regeln für die Zusammenarbeit auf. Probieren Sie dabei gemeinsam aus, was gut funktioniert – und haben Sie den Mut, zu ändern, was nicht optimal läuft. Als Führungskraft können Sie die Kommunikationsstrukturen für Ihr hybrides Team gut steuern. Die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter sollten sich immer gut informiert, aber nicht überinformiert fühlen. Welche Regelkommunikation macht in Ihrem Team Sinn? Ist es vielleicht ein kurzer Wochen- oder Monatsrückblick, der allen zeigt, was gemeinsam erreicht wurde? Gut ist auch, zu verhindern, dass auf den verschiedenen Kanälen wie E-Mail, Microsoft-Teams oder in Whatsapp-Gruppen doppelt und dreifach „gespielt“ wird.
3. Eigenverantwortung fördern, Freiräume anbieten
Viele Unternehmen erleben durch das Wegfallen von Kontrolle und gleichzeitigen klaren Strukturen mehr Zufriedenheit und Potenzialentfaltung auf Mitarbeiter-Ebene. Dabei ist wesentlich, wie offen die jeweilige Führungskraft für Ideen der Mitarbeitenden ist: Kreativität und Innovationsgeist wachsen, je mehr sie Erlaubnis und Inspiration durch die Führungskraft bekommen.
Nutzen Sie die Chancen, die das sogenannte neue Normal möglich macht und bieten Sie Ihrer Belegschaft eine für sie optimale Gestaltung von Arbeitszeit, -ort und -weise. Bieten Sie vor allem den Mitarbeitern weitere Unterstützung an, die nicht geübt sind, ihre Arbeit selbständig gut zu organisieren.
4. Fokus auf Wir-Gefühl und Austausch
Durch fehlende Face-to-face-Kommunikation kann im Team ein Gefühl der Anonymität und Austauschbarkeit entstehen. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass Ihr Team in einer guten sozialen Interaktion bleibt. Und darauf, dass auch Sie als Führungskraft mit Ihren Mitarbeitenden in einem guten persönlichen Kontakt zu sein. Berufen Sie regelmäßige Meetings zum Austausch ein und regen Sie die Teammitglieder an, sich auszutauschen, damit keine Neiddebatte entsteht – zum Beispiel über veränderte Arbeitszeiten von Eltern. Machen Sie allen klar: Jeder hat die Verantwortung, zu einem guten Miteinander beizutragen. Sie bleiben ein Team. Es gibt kein „Die im Homeoffice“ und „Wir im Büro“.
5. Chancen neuer Tools und Technologien nutzen
Steuern Sie den effektiven Informationsfluss zwischen Teammitgliedern aktiv und mit verschiedenen Tools, die jedes Teammitglied beherrscht. Und lachen Sie auch mal gemeinsam über Anfangsschwierigkeiten bei neuen Tools und Methoden. Zwar macht allein das Beherrschen der Technik noch keinen guten virtuellen Führungsstil aus – die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend sachkundig zu nutzen, verschafft Ihnen und Ihren Mitarbeitenden jedoch Sicherheit und minimiert digitalen Stress.
6. Netzwerken und Wissen teilen
Sichern Sie Wissen und sorgen Sie dafür, dass es allen zugänglich ist – egal ob jemand im Büro arbeitet oder von zu Hause. Dazu gehört neben einem strukturierten Informationsfluss auch eine gute Ablagestruktur, beispielsweise in einer Wissensdatenbank oder Ihrem Social Intranet.
Denken Sie dabei besonders an die Newcomer in Ihrem Team. Oft braucht es nur einige wenige Vertrauenspersonen im Unternehmen, aber ganz ohne soziale Anbindung werden die wenigsten neuen Kolleginnen / Kollegen ihr volles Potenzial im Betrieb entfalten können.
Reinhild Fürstenberg ist Gründerin und Geschäftsführerin des Fürstenberg Instituts. Das systemische Beratungsunternehmen unterstützt Firmen dabei, Mitarbeiter gesund und leistungsstark zu halten, Zukunftskompetenzen in der Belegschaft aus- und aufzubauen und so psychische Belastungen in herausfordernden Veränderungs- oder Krisensituationen zu reduzieren. Die Lösungsstrategien beinhalten ein Beratungsangebot für Mitarbeiter und Führungskräfte (EAP), die gesundheitsorientierte Organisationsberatung, den Work-Life-Service sowie die Entwicklungs- und Qualifizierungsangebote der Fürstenberg Akademie.