Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt sollten mit aller Kraft umgesetzt werden. Janet Haupka, Managing Partnerin bei der Personalberatung DONE!Berlin, erklärt, warum Firmen sonst Mitarbeitende und Nachwuchskräfte der Generation Z verlieren.
Gerade wird ein neuer HR-Trend diskutiert: Conscious Quitting. Denn eine KPMG-Studie aus dem Januar und das 2023 Net Positive Employee Barometer haben herausgefunden, dass so manche britische und amerikanische Talente sich entweder gar nicht erst bewerben oder Mitarbeitende sogar kündigen, wenn ihre Werte nicht mit denen des Unternehmens übereinstimmen. Dabei geht es ihnen vor allem um Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt.
Unternehmen sollten die neuen Bedürfnisse ernst nehmen
Dass bei den Umfragen die Generation Z prozentual hervorsticht, scheint nicht verwunderlich. Denn diesen jungen Menschen liegen Umwelt- und Klimaschutz, sexuelle und ethnische Diversität und die damit verbundene Gleichstellung besonders am Herzen. Darüber hinaus setzen sie sich aktiv für ihre Werte ein. Das bekannteste Beispiel hierfür ist sicherlich Greta Thunberg. Daher ist es nur konsequent, dass sie ihren Werten entsprechend ein ähnliches Engagement von ihren Arbeitgebenden erwarten.
Unternehmen können es sich nicht leisten, diese Erwartungshaltung der Generation Z zu ignorieren. Schließlich stellen diese Mitarbeitenden, die zwischen 1997 und 2012 geboren sind, schon bald die größte Generation auf dem Arbeitsmarkt dar. Sie sitzen zukünftig in jedem Team. Personaler müssen sie für das Unternehmen gewinnen und an sich binden. Aus diesem Grund kommen Firmen nicht drumherum, sich aktiv mit den Themen „Nachhaltigkeit“ und „DEI“ (Diversity, Equity and Inclusion) auseinanderzusetzen. Sie werden dazu ihre Haltung, ihre Werte und passende Aktivitäten entwickeln, diese nach innen und außen kommunizieren und in die Unternehmenskultur, ins Recruiting und Employer Branding aufnehmen.
Green- oder Pink-Washing sind No-Gos
Generation Z wird es Arbeitgebenden übelnehmen, wenn ihr Engagement nicht ehrlich gemeint ist und sich als Marketing-Stunt entpuppt. Es ist wahrscheinlich, dass sich diese Mitarbeitenden dadurch mit Kündigung beschäftigen. Ein Green- oder Pink-Washing-Skandal wird aber auch das Employer Branding ruinieren; Bewerbende aus der Generation Z bleiben aus. Damit das nicht passiert, sollte das Top-Management die Initiativen tiefgreifend unterstützen, in die Firmenpolitik, -strategie, -ausrichtung, -richtlinien und -kultur aufnehmen und dafür ausreichend Ressourcen bereitstellen.
Dabei wird es zuerst um eine Bestandsaufnahme gehen, um Handlungsfelder zu identifizieren und Ziele bezüglich Klima- und Umweltschutz, Diversität und Inklusion zu definieren. Was DEI-Themen angeht, so sollte die HR-Abteilung aus den Analyseergebnissen eine Strategie entwickeln und entsprechende Maßnahmen ableiten. Nicht zu vergessen ist, dass es sich um eine Transformation handelt, die nur gelingen kann, wenn sie langfristig angelegt ist.
Darüber hinaus ist Partizipation ein ganz entscheidender Faktor. Nur wenn Mitarbeitende in diesen Change-Prozess mitgenommen, gehört und wertgeschätzt werden und sich einbringen können, ist es wahrscheinlich, dass Nachhaltigkeit und DEI angenommen, umgesetzt und wahrhaftig gelebt werden. Workshops und Fortbildungen sind hierfür unerlässlich. Denn sie vermitteln Führungskräften und Mitarbeitenden relevantes Wissen. So verstehen sie beispielsweise komplexe Sachverhalte rund um Umwelt- und Klimaschutz und sind in der Lage, bei der Planung um Umsetzung adäquat mitreden und gestalten zu können.
Oder Trainings und Coaching helfen ihnen, ihr Verhalten gegenüber anderen Mitarbeitenden kritisch zu betrachten, bewusste und unbewusste Vorurteile gegenüber Minderheiten abzubauen. Aus diesem Transformationsprozess sollte automatisch eine Kultur entstehen, die authentisch auf Klima- und Umweltschutz, Gleichberechtigung, Wertschätzung von Vielfalt, Respekt, Toleranz und Offenheit beruht.
Generation Z-Werte im Recruiting und Employer Branding umsetzen
Da Kultur auch durch Sprache geprägt ist, sollte die Abteilung People & Culture dafür sorgen, dass zusätzlich eine geschlechterneutrale und inklusive Bürosprache entwickelt und etabliert und diese auch auf der Karriereseite, in Jobanzeigen und in Interviews genutzt wird. Auch schätzt die Generation Z eine „blind recruitment“-Strategie. Denn bei der Blindbewerbung werden alle Identifikationsmerkmale aus den Lebensläufen entfernt. Es hilft dem Unternehmen, Personen allein aufgrund ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen zu beurteilen und nicht aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft. Die Recruiting-Strategie sollte insgesamt darauf fokussieren, diverse Teams aufzubauen.
Darüber hinaus sollten bei allen Berührungspunkten mit Bewerbenden die DEI-, Umwelt- und Klimaschutz-Initiativen des Unternehmens, deren positiver Einfluss auf die Arbeitsatmosphäre und die Gesellschaft hervorgehoben werden. Dabei ist es wichtig, die Maßnahmen transparent und nachvollziehbar darzustellen. Am glaubwürdigsten sind sie, wenn sie durch valide Zahlen belegt werden.
Zusätzlich sollten Unternehmen Leistungen entwickeln, die attraktiv für diese jungen Menschen sind. Das können ein Zuschuss für öffentliche Verkehrsmittel, das Angebot eines Job-Fahrrads oder vegane und vegetarische Gerichte in der Kantine sein. Auch werden flexible Arbeitszeiten von dieser Generation geschätzt.
In diesem Zusammenhang können Unternehmen noch einmal betonen, dass Mitarbeitende Freiraum erhalten, um ihrem sozialen und ökologischen Engagement nachzugehen. Das kann auch CSR-Tage einschließen – beispielsweise für Ukraine-Hilfsaktionen, Klimaschutzdemonstrationen oder für Cleanup-Days, die in vielen Städten durchgeführt werden.
Unternehmen werden ihre Kultur an Werte der Mitarbeitenden anpassen
Ob der Trend nun „Conscious Quitting“ heißt oder das Phänomen anders benannt wird, ist letztlich irrelevant. Wichtig ist nur, dass Unternehmen Werte und Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden und Bewerbenden wertschätzen, bestmöglich und authentisch im Tagesgeschäft und Arbeitsalltag umsetzen – und sich besonders mit den Wünschen der Generation Z auseinandersetzen.
Darüber hinaus werden sich Unternehmen so oder so mit einem stärkeren Klima- und Umweltschutz-Engagement auseinandersetzen müssen. Denn die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), verpflichtet viele Unternehmen schon ab 2024 zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts. Spätestens 2026 werden auch KMUs in die Pflicht genommen. Das setzt voraus, dass sich betroffene Firmen nachweisbar um nachhaltige Initiativen kümmern.
Auch ist erwiesen, dass diverse Teams mehr Kreativität und Innovationen hervorbringen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden Unternehmen zwangsläufig wirksame DEI-Aktivitäten einführen. Auch ist davon auszugehen, dass Mitarbeitende, die nach Generation Z auf den Arbeitsmarkt kommen, ähnliche Werte haben. Denn Klima- und Umweltschutz gehören langfristig zu den größten Herausforderungen unserer Gesellschaft.
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Janet Haupka ist HR-Expertin und eine von zwei Geschäftsführerinnen bei DONE!Berlin - einer Personalberatung für Startups und Mittelständler. Sie baut in Unternehmen Teams und Prozesse auf und berät das Management. Foto: ©Cherie Birkner