Was Developerinnen und Developer glücklich macht

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Was ist es, das Developerinnen und Developer an ihrem Arbeitgeber reizt? Dustin Müller, Director People and Culture bei Turbine Kreuzberg, erklärt, wie sein Unternehmen gefragte Talente erfolgreich bindet. Sein Erfolgsrezept: Die Individualität der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter anerkennen und daraus Handlungen ableiten. Hier kommen seine Tipps.

Entwicklerinnen und Entwickler zählen zu den am meisten begehrten Talenten auf dem Markt. Mit Kickertisch und Bierkühlschrank allein gewinnt man diese Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter nicht mehr – geschweige denn, dass man sie damit hält.

Zahlreiche deutsche Unternehmen suchen händeringend nach Entwicklerinnen und Entwicklern. Es ist kein Geheimnis, dass der Markt für diese Talente ausgeschöpft ist. Laut dem MINT Herbstreport 2021 des Instituts der deutschen Wirtschaft wurden im Oktober 2021 circa 460.900 offene Jobs im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik angeboten. Jedoch gab es lediglich 186.984 geeignete Kandidatinnen / Kandidaten. Im IT-Bereich sieht es ähnlich düster aus. Der Bitkom hat ermittelt, dass 2021 rund 96.000 Stellen für IT-Expertinnen / -Experten unbesetzt geblieben sind.

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Besonders bitter ist dabei, dass jede dieser unbesetzten Stellen deutsche Unternehmen laut einer Berechnung des Karriereportals Stepstone im Durchschnitt rund 29.000 Euro kostet. Damit wird klar, dass die Arbeit von Recruiting und HR nicht nur über das Wachstum von Unternehmen entscheidet, sondern auch maßgeblich zu finanziellen Gesundheit der Firma beiträgt. Doch was ist es, das Entwicklerinnen und Entwickler an ihrem Arbeitgeber reizt? Und wie tickt diese Art von Talenten? Drei Dinge, die ich bei meiner Arbeit – auch bei Turbine Kreuzberg – gelernt habe:

1. Veraltete Muster bei der Mitarbeiterführung schrecken ab

Noch immer sieht man diverse Unternehmen, die agile Methoden einführen wollen, ihre Organisationskultur aber unverändert beibehalten. Häufig werden sowohl Ziele als auch der vermeintlich richtige Weg dorthin minutiös vorgegeben, und dann heißt es in Richtung Entwicklung: “macht!”. Doch ohne ein tiefes Verständnis für die Arbeitsweise von Entwicklerinnen und Entwicklern und der Beschäftigung mit solchen Teams scheitert jedes Vorhaben.

Agil zu arbeiten bedeutet, flexibel und iterativ vorzugehen, um eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu ermöglichen. Dabei wird vor jedem Projektabschnitt gemeinsam geplant, danach gemeinsam reflektiert und laufend justiert. Zentral ist dabei: Entwicklungsteams führen sich selbst! Statt des Prinzips “Mitarbeiterführung” steht das Team also selbst im Vordergrund. Dafür sind agile Methoden und Prozesse schließlich da. Sie befähigen Teams dazu, sich und die gemeinsame Arbeit selbst zu organisieren. Wer versucht, von außen eine rigide Mitarbeiterführung zu forcieren, riskiert es, Entwicklerinnen / Entwickler abzuschrecken – gerade auch diejenigen mit der größten Projekterfahrung.

Die Grundlage für agile Arbeit ist maximales Vertrauen in Personen und Teams sowie ihre Fähigkeiten und Expertise. Das ermöglicht eine Kultur, in der Experimentieren erwünscht ist und Fehler nicht als Misserfolg, sondern als Chance gesehen werden. Sofern es nicht bereits verankert ist, sollten HR-Verantwortliche dieses Mindset in die Organisation hineintragen. Wer Personalarbeit für Entwicklerinnen und Entwickler macht, muss zwar kein Agile Coach sein, aber die Mechanismen hinter agiler Arbeit verstanden haben. Dazu zählt es auch, nah an dem Entwicklungsteam zu bleiben und ein Auge auf ihre Arbeit zu haben. Nur so können unter Umständen Hürden aus dem Weg geräumt werden.

2. Herausforderungen statt Langeweile

Entwicklerinnen / Entwickler suchen spannende Aufgaben, daran führt kein Weg vorbei. Wer ihnen immer wieder neue Herausforderungen bietet, wird es schaffen, sie nicht nur bei Laune zu halten, sondern auch fest an die eigene Organisation zu binden. Nichts ist schlimmer, als durchgehend mit Aufgaben konfrontiert zu werden, die einen nicht genügend fordern. In aller Regel gewinnen also technologische Komplexität und Abwechslung. Das schätzen Entwicklerinnen und Entwickler auch an der Arbeit in Agenturen.

Um stets neue Herausforderungen bieten zu können, ist vor allem Flexibilität erforderlich – sowohl indem eine experimentelle Kultur erlaubt, Neues zu lernen und auszuprobieren, insbesondere aber in der Teamzusammenstellung. Manche Kolleginnen / Kollegen freuen sich, wenn sie über Jahre an einem Projekt arbeiten können. Andere wollen sich dagegen immer wieder neuen Herausforderungen und Projekten stellen. Das gilt es zu erkennen und abbilden zu können.

Unter anderem deshalb sind in der Software-Branche und besonders in der Arbeit mit agilen Teams viele HR-Aufgaben direkt in den Projektteams verankert. Product Owner sind verantwortlich für die Aufgaben des Entwicklungsteams, Agile Coaches für die Personen und Prozesse. Beide werden dabei projektübergreifend von anderen Units unterstützt, die sich beispielsweise um das Recruiting von neuen Mitarbeitenden, die Personalplanung oder Produktionssteuerung kümmern. Hier gilt wieder: Agile Arbeit bedingt, dass jegliche Personalarbeit sehr eng an der Entwicklung hängt. Nur so lassen sich Teams gut zusammenstellen und mit den jeweils für sie passenden Aufgaben versorgen.

3. Zugehörigkeitsgefühl sollte man niemals unterschätzen

Viele Recruiterinnen / Recruiter und Personalverantwortliche haben leider immer noch ein falsches Bild von Softwareentwicklung. Der introvertierte Eigenbrötler, der allein in einer dunklen Kammer sitzt und Code produziert, ist heute die Ausnahme. Moderne Software wird im Team entwickelt; Softwareentwicklung ist eine zutiefst soziale und kommunikative Aufgabe. Pair oder gar Mob Programming, bei der mehrere Entwicklerinnen und Entwickler gemeinsam in Echtzeit entwickeln, gehören zum Alltag. Hinzu kommen regelmäßige Abstimmungen, die in der agilen Methodik fest verankert sind, wie etwa tägliche “Dailies”, gemeinsame Planning-Sessions oder Retrospektiven am Ende von Entwicklungsphasen. Eine großartige Entwicklerin, die nicht im Team arbeiten kann, bringt einem Projekt rein gar nichts.

Zudem wird Software-Entwicklung als Berufsfeld immer diverser, insbesondere wenn es um neuere Technologien geht, die noch nicht so lange am Markt sind. Software zu schreiben ist seit Jahren immer interessanter für die unterschiedlichsten Typen von Menschen geworden (sei es nun wegen der Herausforderungen oder der Bezahlung). Hier braucht es bei aller Produktivität also genauso den persönlichen Austausch – etwas, das HR stets vor Augen haben sollte. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie gut Remote Arbeit funktioniert.

Der persönliche Austausch von Angesicht zu Angesicht bleibt essentiell. Personen müssen sich kennen(lernen), um gemeinsam entwickeln zu können. Dafür braucht es feste Formate, wie regelmäßige Team-Events, die Kolleginnen und Kollegen zusammenbringen. Bei Turbine Kreuzberg haben wir etwa die Breakout Week etabliert – eine Woche im Sommer, in der sich alle vor Ort treffen und gemeinsam an eigenen Ideen arbeiten.

Das Thema Reisen ist gerade für international aufgestellte Unternehmen ein Thema. Als wir unser zweites Büro in Faro, Portugal, eröffnet haben, hat das einen regen Austausch angestoßen: Mehrere Kolleginnen und Kollegen sind teils für Wochen und Monate nach Portugal geflogen, um zu surfen und die Kolleginnen / Kollegen vor Ort besser kennenzulernen. Nach den ersten Erfahrungen haben wir das Potenzial schnell erkannt und sowohl in Berlin als auch in Faro eine Wohnung angemietet, in denen unsere Kolleginnen / Kollegen während ihres Aufenthalts unterkommen können. Zudem haben wir dediziert Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter, die sich um die Reise und etwaige Bürokratie kümmern, sodass die Hürden für den Austausch minimiert werden. So lässt sich Kultur nicht nur erlebbar machen, sondern auch festigen.

Developerinnen und Developer: Individualität anerkennen

Wir leben in einer Ära der “Arbeitnehmerlosigkeit” – zumindest, was den IT-Markt angeht. Statt Entwicklerinnen und Entwickler als Ressource zu sehen, die Software produziert, muss modernes HR die Individualität der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter anerkennen und daraus Handlungen ableiten. Sei es nun durch agiles Coaching, die Förderung des persönlichen Austausches oder der Begegnung auf Augenhöhe. Wenn Entwicklerinnen und Entwickler Spaß daran haben, miteinander fokussiert an anspruchsvollen Projekten zu arbeiten, fördert das die Anziehungskraft des Arbeitgebers.

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Foto Dustin Müller

Dustin Müller ist Director People & Culture bei Turbine Kreuzberg. Er ist hauptverantwortlich dafür, die passenden Personen in die Organisation zu bringen, sie zu entwickeln und ihre Zufriedenheit zu sichern. Der Erfolg seiner Arbeit zeigt sich nicht nur im Wachstum bei Turbine Kreuzberg (allein im letzten Jahr ist das Unternehmen um über 50 Prozent gewachsen), sondern auch an der durchschnittlichen Verweildauer der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter: Mit rund fünfeinhalb Jahren ist diese bei Turbine Kreuzberg vergleichsweise lang für die Branche.

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