Die neue Arbeitswelt: Was Arbeitnehmende heute wirklich wollen

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Fachkräfte sind nach wie vor Mangelware, trotz einer schwächelnden Wirtschaft. In einem umkämpften Arbeitsmarkt werden Unternehmen nur dann erfolgreich sein, wenn sie verstehen, was Arbeitnehmende heute wirklich wollen. Randstad-Expertin Verena Menne erklärt, wie Arbeitgeber gezielt auf die Bedürfnisse ihrer Belegschaft und Bewerbenden eingehen können, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Personalisierung, Gemeinschaft und Weiterentwicklung spielen dabei eine wichtige Rolle – doch entscheidend ist etwas anderes.

Die konjunkturelle Lage führt aktuell in zahlreichen Unternehmen zu Einsparungen und leider auch zum Abbau von Stellen. Laut Prognosen der führenden Wirtschaftsinstitute und des aktuellen Jahreswirtschaftsberichts der Bundesregierung können wir in Deutschland erst wieder ab 2026 mit einem wirtschaftlichen Aufschwung rechnen. Eine Herausforderung bleibt allerdings in diesem Umfeld bestehen – der Arbeitskräftemangel, der immer chronischer wird.

Im Klartext: Unternehmen befinden sich in Zukunft in einer noch stärkeren Konkurrenz um Arbeitskräfte. Arbeitgeber, die weitsichtig handeln und dieses Szenario in ihrer Personalplanung schon heute berücksichtigen, werden am Arbeitsmarkt langfristig einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil haben. Aber wie genau? Worauf kommt es bei der Gewinnung und Bindung von Arbeitskräften wirklich an? Und wie lässt sich eine nachhaltig erfolgreiche Personalstrategie aufsetzen?

Eine umfassende und repräsentative Studie von Randstad unter Arbeitnehmenden – das Randstad Arbeitsbarometer 2025 – zeigt, was Arbeitnehmende heute wirklich wollen und welche Handlungsfelder für Betriebe in Deutschland besonders relevant sind.

Personalisierung: Werte und Flexibilität

Die neue Arbeitswelt: Was Arbeitnehmende heute wirklich wollen
Envato/davidpereiras

Arbeitnehmende suchen Jobs, die sich mit ihren persönlichen Umständen vereinbaren lassen – und Arbeitgeber, die ihre Werte vertreten. Flexible Arbeitsbedingungen sind beispielsweise die zweithöchste Priorität für deutsche Arbeitnehmende im aktuellen Job, nach Gehaltserhöhungen. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) haben schon eine Stelle gekündigt, weil sie mit dem Privatleben nicht vereinbar war, und fast jede:r dritte Befragte (31 Prozent) würde kein Jobangebot annehmen, wenn die Werte des Unternehmens im Hinblick auf soziale und umweltbezogene Themen nicht mit den eigenen im Einklang stehen.

Gemeinschaft: Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit

Bei der Arbeit wird das Gemeinschaftsgefühl immer wichtiger. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (81 Prozent) wünscht sich dies am Arbeitsplatz – und ist auch bereit, dafür ins Büro zu gehen. Fast zwei Drittel (63 Prozent) wollen drei Tage oder mehr in Präsenz arbeiten, während 69 Prozent Beziehungen mit Kolleg:innen auch außerhalb der Arbeit pflegen. Doch Gemeinschaft ist kein Selbstzweck und hat konkrete Auswirkungen auf den Erfolg im Berufsalltag: 82 Prozent der Arbeitnehmenden geben an, dass sie bessere Leistungen erbringen, wenn sie sich als Teil einer Gemeinschaft mit ihren Kolleg:innen fühlen.

Foto Teammeeting im Job
Arbeitnehmende wollen am Arbeitsplatz dazugehören und sich als Teil einer Gemeinschaft verstehen (© Valery Kloubert / Randstad)

Weiterentwicklung: Ambition im Fokus

Eine Mehrheit der Arbeitnehmenden stuft jeweils Karriereentwicklung (57 Prozent) und Weiterbildung (58 Prozent) als wichtig oder sehr wichtig im Berufsleben ein. Über alle Altersgruppen hinweg würden 37 Prozent ihre Stelle kündigen, wenn der Arbeitgeber die eigenen Karriereambitionen nicht unterstützt. Überdies wäre fehlende Weiterqualifizierung für 34 Prozent aller Arbeitnehmenden ein Kündigungsgrund. Und vor dem Hintergrund politischer Debatten um Leistungsbereitschaft besonders interessant: Nur 39 Prozent der Angehörigen der Gen Z in Deutschland würden nicht arbeiten, wenn sie anderweitig finanziell abgesichert wären – global sind es durchschnittlich 51 Prozent.

Das bindende Element: Chancengerechtigkeit

Personalisierung, Gemeinschaft, Weiterentwicklung: Diese klaren Handlungsfelder für Arbeitgeber ergeben sich aus unserer Studie. Doch ohne gleichen Zugang zu Ressourcen und Möglichkeiten für alle Arbeitnehmenden – also Chancengerechtigkeit – werden die bestgemeinten Maßnahmen keine Früchte tragen.

Der vierte Randstad Trendreport „Chancengerechtigkeit / Equity“ hat gezeigt: Von echter Chancengleichheit sind viele Unternehmen noch weit entfernt. Zum Beispiel sind 49 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland, die sich zu einer Minderheit zählen, nach eigenen Angaben aufgrund ihrer Identität bereits auf Hindernisse beim beruflichen Fortkommen gestoßen. Auf Unternehmensseite haben zwar 68 Prozent den Handlungsbedarf erkannt und betrachten es als ihre Aufgabe, die Chancengerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern – aber nur 47 Prozent ergreifen Maßnahmen, um die Teilhabe und Chancen von allen (potenziellen) Mitarbeitenden zu fördern.

Grafik Randstad Trendreport 2024

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit in Unternehmen besteht also eine große Lücke. Arbeitgeber, die langfristig wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen jetzt handeln und Rahmenbedingungen schaffen, die Arbeitnehmer anziehen und überzeugen – indem sie verstehen, was Arbeitnehmende heute wirklich wollen. Die gute Nachricht: Führungskräfte und Personalverantwortliche können sinnvolle Veränderungen bereits heute ohne großen Aufwand anstoßen.

Wirkungsvoll handeln

Foto Teamarbeit
Envato/AboutImages

Der erste Schritt hin zu einem Arbeitsumfeld, das den heutigen Erwartungen der Arbeitnehmenden gerecht wird, ist der aktive Austausch. In jedem Unternehmen sind etwa die Anforderungen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort unterschiedlich. Wichtig ist, bedarfsgerechte Maßnahmen zu entwickeln, die sowohl auf die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeitenden als auch auf die betrieblichen Anforderungen zugeschnitten sind.

Einige Schritte, durch die jeder Arbeitgeber die eigene Attraktivität erhöhen kann, sind:

  1. Arbeitgebermarke entwickeln: Werte und Authentizität schaffen Sichtbarkeit am Arbeitsmarkt. Und Unternehmen, die auf die Lebensumstände ihrer Beschäftigten Rücksicht nehmen, erhöhen ihre Attraktivität für Bewerbende.
  2. Gemeinschaft fördern: Flexibilität im Job ist wichtig, aber der persönliche Austausch und die soziale Zugehörigkeit genauso. Veranstaltungen für Mitarbeitende, gut ausgestattete Büros und Zuschüsse für gemeinsame Projekte schaffen einen Anreiz, vor Ort zu arbeiten – und stärken den Teamgeist.
  3. Weiterentwicklung anbieten: In jedem Unternehmen vollzieht sich früher oder später ein Generationswechsel. Die eigenen Mitarbeitenden zu fördern und weiterzuentwickeln, erhöht die Bindung der Belegschaft und damit die Erfolgswahrscheinlichkeit der Übergabe. Außerdem verringert sich der Rekrutierungsaufwand, da Stellen besetzt bleiben.
  4. Gleicher Zugang für alle: Fairer Zugang zu allen Ressourcen und Chancen ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg der ersten drei Punkte. Wenn Arbeitnehmende das Gefühl haben, ungleich oder unfair behandelt zu werden, ist das Gift für die eigene Glaubwürdigkeit – und damit für den langfristigen Erfolg.

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Foto Verena Menne

Verena Menne leitet seit Dezember 2022 als Director Group HR den Personalbereich der Randstad Gruppe Deutschland. In ihrer Funktion trägt sie die Gesamtverantwortung für die operative und strategische Ausrichtung des Personalbereichs der Gruppe. Seit 2011 ist die diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin in unterschiedlichen Rollen bei Randstad aktiv. Zuletzt war sie als Human Resources Manager Operations tätig für Randstad Enterprise Group, Randstad Outsourcing, Randstad Sourceright GmbH und Tempo-Team Deutschland.

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