Kontinuierliches Zuhören und schnelles Handeln erhöhen das Employee Engagement. Gerhard Raffling von Medallia erklärt, wie Unternehmen vorgehen können.
Mitarbeiter-Umfragen gleichen einem jährlichen Check-up beim Arzt. Um Employee Engagement zu messen und zeitnah Strategien zu entwickeln, sollten Unternehmen Mitarbeitern aber fortlaufend ihre Aufmerksamkeit schenken.
Wer von seinen Mitarbeitern kontinuierliches Feedback und Engagement haben will, der muss sich auf kontinuierliches Zuhören einlassen – und zeitnah Taten folgen lassen. Der effektivste Weg, das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhöhen, besteht darin, ständig auf die von ihnen ausgesendeten Signale zu hören, daraus Erkenntnisse und Maßnahmen abzuleiten und mit dem Team das Ergebnis zu teilen.
Durch Mikroimpulse prüfen, wie sich Mitarbeiter fühlen
Statt regelmäßiger und wiederholter Befragungen sollten Unternehmen eine Umfrage als Ausgangspunkt nehmen und dann mit Hilfe von Mikroimpulsen überprüfen, wie sich die Mitarbeiter fühlen. Mikroimpulse werden gesetzt, wenn sich die Befragungen auf wenige Fragen zu einem bestimmten Thema konzentrieren. Auf diese Weise können Unternehmen Erkenntnisse maximieren und gleichzeitig den Zeitaufwand für Mitarbeiter minimieren.
Es hat sich herausgestellt, dass es eher die offenen Fragen als die Multiple-Choice-Fragen sind, die den reichhaltigsten Einblick in die Förderung und Verbesserung des Mitarbeiterengagements bieten. Die Verwendung von KI als Teil dieses Prozesses ermöglicht es Personalverantwortlichen, zu verstehen, inwiefern Kommentare und Emotionen für welche Art von Mitarbeiterverhalten kennzeichnend sind.
Kurz nach dem Anrollen der zweiten Corona-Welle, mit dem „Lock-down Light“ sind in Deutschland wieder viele Arbeitnehmer ins Homeoffice zurückgekehrt oder befinden sich aufgrund langfristiger Regelungen bereits seit Monaten am Heimarbeitsplatz. Was vorher vielen Vorgesetzten schier nicht möglich schien, nämlich althergebrachte Präsenzmodelle anzutasten und Kontrolle abzugeben, das hat die Pandemie im Sinne des Gesundheitsschutzes durchgesetzt. Einer Studie von PwC (Oktober 2020) zufolge, rechnen Arbeitgeber damit, dass mittelfristig das Homeoffice-Niveau 65 Prozent über dem vor der Krise liegen werde. Immerhin 72 Prozent der befragten Arbeitgeber und Arbeitnehmer beurteilten den Wechsel ins Homeoffice als erfolgreich.
Mitarbeiterengagement aus der Ferne aufbauen
Dass die heimische Umgebung sich positiv auf die Produktivität der Mitarbeiter ausübt, darin stimmen unterschiedlichste Erhebungen überein. Die Herausforderungen – von technischer Ausstattung über fehlenden persönlichen Austausch unter Kollegen bis hin zur freien Zeiteinteilung – bleiben zu einem großen Teil bestehen. Gerade deshalb sind die Mitarbeiterbindung und das Mitarbeiter-Engagement wichtig, um als Unternehmen langfristig erfolgreich zu bleiben – aus physischer Distanz soll keine Distanzierung im eigentlichen Sinn werden. Wer bereits Umfragen unter seinen Mitarbeitern zu Herausforderungen, Ideen und Stimmung durchführt, ist in einer Zeit der Ungewissheit auf jeden Fall schon auf dem richtigen Weg.
Die zahlreichen Erkenntnisse, die aus diesen Befragungen gewonnen werden, waren und sind für unternehmerische Entscheidungen essenziell. Führt eine wiederholte Befragung von Mitarbeitern dann zu einer gewissen Umfragemüdigkeit, sinkt die Bereitschaft, sich mit Feedback einzubringen? HR-Führungskräfte wollen genau dies vermeiden und suchen daher nach Mechanismen, die effizienter und aufschlussreicher sind.
Mythos „Umfragemüdigkeit“
Personalverantwortliche, die die Möglichkeit haben, einen direkten Austausch mit Mitarbeitern zu pflegen, kennen darauf die Antwort: Gerade jetzt ist es wichtig, die Stimmung der Mitarbeiter auf einer konsistenten Basis zu bewerten.
Mitarbeiter sind bereit, Fragen zu beantworten, und zwar regelmäßig. Der springende Punkt: Sie erwarten, dass im Gegenzug auf ihr Feedback Veränderungen bei den Prozessen, in der Kommunikation oder bei anderen Optimierungsmaßnahmen folgen. Es gibt zwei mögliche Probleme: Entweder, es findet eine Mitarbeiterbefragung statt, die dann lange Zeit in der Auswertung benötigt und in keinen weitreichenden Aktivitäten mündet. Oder Geschäftsentscheidungen werden tatsächlich vom Mitarbeiterfeedback beeinflusst – und die weiteren Entwicklungen aber nicht transparent den Befragten kommuniziert. Infolgedessen baut sich eine gewisse Frustration auf, da sie sich nicht wertgeschätzt fühlen. Für beide Probleme gibt es Lösungen. Den Mitarbeitern muss gezeigt werden, dass Maßnahmen als direkte Folge ihres Feedbacks ergriffen werden. So zeigen Arbeitgeber Wertschätzung für die Meinung ihrer Arbeitnehmer und fördern die Motivation ihrer Mitarbeiter.
Laufendes Feedback erfordert stetiges Zuhören
Unternehmen sollten eine Umfrage als Ausgangspunkt nehmen und dann Mikroimpulse (ein paar Fragen, um ein bestimmtes Thema abzudecken) und wichtige Berührungspunkte nutzen, um zu erfahren, wie es den Mitarbeitern in diesem Bereich geht. Auf diese Weise können Unternehmen ihren Einblick maximieren, effizienter Analysen fahren und den Zeitaufwand für Mitarbeiter reduzieren.
Es ist wichtig, zu beachten, dass kontinuierliches Feedback kontinuierliches Zuhören voraussetzt und zu kontinuierlichem Handeln führen sollte. Der effektivste Weg, das Engagement der Mitarbeiter zu erhöhen, besteht darin, ständig auf die Signale der Mitarbeiter zu hören, daraus Erkenntnisse und Maßnahmen abzuleiten und Ergebnisse mit dem Team zu teilen.
Mithilfe von KI den richtigen Zeitpunkt und neue Ideen finden
Geschlossene Fragestellungen und Skalen lassen sich schnell in Zahlen und Graphen fassen, sie bieten aber nur Antworten auf bereits bekannte Fragestellungen und schränken die Befragten ein. Offene Fragen geben dem individuellen Mitarbeiterengagement sowie der Kreativität und Innovationsfreude mehr Raum.
Mittlerweile lässt sich die Expertise und das Gespür von HR-Verantwortlichen durch selbst lernende Algorithmen unterstützen, sodass sich zum Beispiel Kommentare nach Kernbegriffen und Sentiment clustern lassen. Textanalysen decken Themen und Muster aus umfangreichen Datensätzen auf, die zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung, der Unternehmenskultur und des Mitarbeiterverhaltens beitragen. So lassen sich Ursachen für ein bestimmtes Mitarbeiterverhalten identifizieren, Strategien entwickeln und vor allem schnell Ergebnisse teilen.
Auch außerhalb eines gemeinsamen Konferenzraums und fernab des Treffpunkts „Kaffeemaschine“ lassen sich Ideen einsammeln, wie das Team das Unternehmen voranbringen kann, durch Crowdsourcing-Plattformen.
Ein vollständiges Bild über das Engagement und die Zufriedenheit der Belegschaft ergibt sich, indem Erkenntnisse aus der Mitarbeiterumfrage mit Datenpunkten etwa aus HR-Systemen kombiniert werden. Weiterhin können Personaler den optimalen Zeitpunkt wählen, um Kontakt aufzubauen, zu pflegen oder rechtzeitig einzugreifen, oder auch innerhalb des Unternehmens Gruppen identifizieren, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Dies erhöht nicht nur das Engagement und verhindert Fluktuation, sondern wirkt Umfragemüdigkeit entgegen, indem zum richtigen Zeitpunkt auf den Mitarbeiter eingegangen wird.
Rückmeldung erstatten
Wenn Unternehmen die Kommunikation mit ihren Mitarbeitern offen gestalten wollen, müssen sie über herkömmliche Umfragen zum Mitarbeiterengagement hinausgehen, in die Tiefe gehen und durch das Vorantreiben konkreter Veränderungen kommunizieren, dass Meinungen und Gefühle der Mitarbeiter nicht auf taube Ohren stoßen.
Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass es hier nicht nur um die Vorbereitung auf eine weitere, vorübergehende Phase der Führung von einer physisch getrennten Belegschaft geht. Es geht darum, diese Methoden zur Aufrechterhaltung des Mitarbeiterengagements zukunftssicher zu machen, wenn flexiblere Arbeitsweisen oder das Homeoffice zur neuen Normalität werden.
Gerhard Raffling ist VP und Country Manager beim Experience Management Technologie-Anbieter Medallia. Mit Medallia möchte er Customer Experience und Employee Experience in deutschen Unternehmen zum Thema machen und zeigen: Wenn sich Entscheidungsträger fortschrittliche Technologien zu Nutze machen, können sie die Rahmenbedingungen ihrer Organisation noch besser verstehen – und nachhaltig den Geschäftserfolg optimieren. Foto: ©Felix Hohagen