Upskilling in der Industrie: Was HR tun kann

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Weiterbildung scheint im produzierenden Gewerbe noch kein Thema zu sein, meint René Janssen, CEO von Lepaya. Datenbasiertes Upskilling würde die Belegschaft auf die Zukunft vorbereiten. Was Führungskräfte und HR tun können.

Keine Überraschung: Für eine produktive und sinnstiftende Arbeitsumgebung bedarf es regelmäßiger beruflicher Weiterbildung. Nur ist diese Notwendigkeit je nach Branche unterschiedlich stark ausgeprägt. So ermittelte das Statistische Bundesamt 2022, dass die Teilnahmequoten an Lehrveranstaltungen zur beruflichen Weiterbildung zwar seit Jahren schon steigen. Während aber Branchen wie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie Kommunikation ein Wachstum von 20 Prozent und mehr verzeichnen, bilden das verarbeitende Gewerbe sowie der Handel mit je fünf und vier Prozentpunkten das Schlusslicht der Untersuchung.

Durch Weiterbildung mit dem Wandel Schritt halten

Gründe dafür gibt es einige, beispielsweise das erst erwachende Bewusstsein dafür, dass kontinuierliche Bildung der Schlüssel zu mehr Leistungs- und damit auch Wettbewerbsfähigkeit ist. Gerade mit Blick auf die Automatisierung zahlreicher Arbeitsprozesse gilt es, die eigenen Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu passender Kompetenzentwicklung und -förderung zu befähigen. Dies ist auch eine Frage des Mindsets:

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So sollte Automatisierung in erster Linie als Chance verstanden werden, den Innovations-Hebel umzulegen und die Branche samt Arbeitsbedingungen zu verändern. Furcht ist dabei fehl am Platz, denn wie Studien belegen, lassen technologische Neuerungen bis 2035 mehr Arbeitsplätze entstehen, als wegfallen.

Gleichzeitig bedeuten Prognosen wie diese, dass Unternehmen und vor allem deren Personalverantwortliche rasch einen Weg finden müssen, mit dem Wandel Schritt zu halten – und das nicht nur am Fließband oder in der Montage, sondern auch in den Köpfen von Mitarbeitern. Diese Entscheidung können Unternehmen schon heute treffen und den internen Fortschritt maßgeblich vorantreiben.

Upskilling als Innovationstreiber

Um Innovationen mit gut ausgebildeten Mitarbeitern auf den Weg zu bringen, müssen Unternehmen den potenziellen Nutzen des technologischen Wandels voll ausschöpfen. Unerlässlich dafür ist kompetenzbasiertes Weiterbildungsmanagement, also Upskilling. So können Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass Mitarbeiter sich nachhaltig weiterentwickeln. In Zeiten der Rezession, in denen Unternehmen jeden Cent zweimal umdrehen und dafür die skill-basierte Förderung streichen wollen, ist diese Erkenntnis wichtiger denn je.

Nachhaltig planen: Upskilling ist ein Prozess

Upskilling in der Industrie
Envato/Iakobchuk

Gerade Nachhaltigkeit und Weitsicht sind elementar für die Umsetzung von Qualifizierungsstrategien. Diese erfordern Investitionen in neue Lernmodelle und eine von Offenheit geprägte Arbeitskultur. Insgesamt geht es darum, Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern den Übergang zu erleichtern und Qualifikationsprogramme zu entwickeln, die eine intrinsische Lernkultur fördern. Diese Umstellung muss erfolgen, ohne Menschen zu verletzen oder bestehende Systeme zu stören. Es erfordert Führungskräfte, die schrittweise und nachhaltige Veränderungen schaffen – in größeren Unternehmensstrukturen auch beim Management global verteilter Talente.

Wichtig ist hierbei auch, umfassende Aufklärungsarbeit zu leisten und dabei insbesondere die persönlichen Vorteile für die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu benennen. Upskilling darf nicht als Reaktion auf mögliche Defizite verstanden werden. Stattdessen geht es darum, als Arbeitgeber in das Wissen und damit auch das Selbstbewusstsein der Belegschaft zu investieren. Ein Umstand, der sich wiederum positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirken kann – und den typischerweise hohen Aufwand für die externe Talentgewinnung relativ gering hält. Gerade in einer vom Fachkräftemangel so bedrohten Branche wie der Industrie sollte diese Wirkung nicht unterschätzt werden.

Realistische Lehrpläne entwickeln

Auf der Grundlage der Erkenntnisse über die Auswirkungen der Automatisierung sollten Führungskräfte und Personalverantwortliche in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zunächst kontextbezogene Lernpläne und Weiterbildungspläne erstellen. Wäre beispielsweise ein Grundkurs im Programmieren ratsam? Oder eine Weiterbildung zu bestimmten Regularien für das Bedienen einer neuartigen Maschine? So lässt sich gemeinsam eruieren, wo sich Qualifikationslücken und Talente technologischer Natur überschneiden. In einem nächsten Schritt können entsprechende Lernmaßnahmen, Schulungen und Entwicklungsmöglichkeiten aufgesetzt werden.

Monitoring und Analyse sind essenziell

Foto Fachkräfte
Envato/ckstockphoto

Im Idealfall folgt der Upskilling-Prozess einem strategisch klugen Ansatz. Hierzu zählt auch das fortwährende Monitoring von Lernresultaten, da nur so die individuelle Lernkurve wirklich nachvollziehbar wird. So kann das Monitoring etwa in Form von monatlichen, bei kleineren Unternehmen mit geringeren personellen HR-Ressourcen auch vierteljährlichen Check-ins stattfinden. Vorab sollten KPIs festgelegt werden, da nur Daten messbaren Erfolg belegen können. Auch die Form kann variieren: Je nach Arbeitsorganisation und persönlichen Vorlieben sollten Unternehmen zwischen dem schriftlichen und mündlichen Austausch abwägen. In jedem Fall unerlässlich ist eine lückenlose Dokumentation, die den Weiterbildungsweg der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zweifelsfrei nachzeichnet und etwaige Wissenslücken sowie -wünsche aufzeigt.

Fazit: Weiterbildung muss wichtiger werden

Weiterbildung darf kein Privileg sein, das nur der Dienstleistungsbranche vorbehalten bleibt. Denn zufriedene Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter, die Wertschätzung in der persönlichen Kompetenzentfaltung erfahren, sind auf Dauer betrachtet die besten Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter, die dem Automatisierungswandel mit Optimismus und Selbstbewusstsein begegnen. Höhere Produktivität und mehr Wertschöpfung werden dann über kurz oder lang zum Selbstläufer – und nehmen der Automatisierung ihren Schrecken.

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Foto René Janssen

René Janssen ist CEO und Gründer von Lepaya, einem Anbieter von L&D-Technologien und Power-Skill-Trainings. Vor Lepaya war René als Executive Vice President bei Lazada tätig, dem E-Commerce-Marktführer in Südostasien. Seine Karriere begann bei der Boston Consulting Group. Er hat einen Abschluss in Mathematik/Physik vom University College Utrecht und einen Abschluss in Wissenschaftstheorie von der Universität Utrecht.

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