Überwachungssoftware im Homeoffice? Keine gute Lösung.

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Überwachungssoftware soll die Produktivität sichern. Frank Weishaupt, CEO Owl Labs, und Arbeitsrechtlerin Barbara Geck, Bird & Bird, beschreiben vier bessere Alternativen.

Viele Firmen greifen seit der Verbreitung von ortsunabhängigem Arbeiten zu spezieller Überwachungssoftware. Das kann dem Verhältnis zu den Mitarbeitenden jedoch enorm schaden – und zudem rechtliche Folgen haben. Es gibt bessere Wege, um die Produktivität im Homeoffice zu sichern.

Kontrollzwang in deutschen Unternehmen

Arbeiten fernab vom Büro – das bleibt für viele Deutsche auch weiterhin Realität. Die breite Mehrheit der deutschen Unternehmen wollen hybride Arbeitsmodelle auch nach der Pandemie beibehalten (1). Einige sehen sich im Zuge dieser Entwicklung jedoch gezwungen, stärkere Kontrollmaßnahmen für die Produktivitätssicherung im Homeoffice vorzunehmen. So hat sich laut einer Studie die Nutzung von Überwachungssoftware im Homeoffice in Deutschland seit 2020 von 11 auf 21 Prozent nahezu verdoppelt (2). Der Kontrollzwang ist eine unschöne Nebenwirkung der Umstellung auf hybride Arbeitsmodelle. Dabei fördert Überwachung nicht automatisch die Produktivität. Im Gegenteil, unverhältnismäßige Überwachung kann Ihrem Unternehmen und dem Verhältnis zu Ihren Mitarbeitenden schaden.

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Owl Labs führte hierzu bereits 2020 eine Studie durch, die zeigte, dass mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Arbeitnehmenden kündigen würden, wenn ihr Unternehmen damit beginnen würde, Aktivitäten und Produktivität aus der Ferne zu überwachen (3). Über die Hälfte äußerten zudem ihre Bedenken bei der Verwendung von Video-Tracking, Aufmerksamkeits- oder Tastatur-Tracking-Apps. Die Hauptbeschwerde im Zusammenhang mit der Aktivitätsüberwachung im Homeoffice ist, dass es ein Vertrauensbruch ist.

Haben Sie das Recht zu erfahren, was Ihre Mitarbeitende im Homeoffice treiben? Jein!

Rechtlich betrachtet können Sie Ihre Mitarbeitenden im Homeoffice genauso oder vielmehr genauso wenig überwachen, wie Sie es im Büro tun würden: „Eine gesetzliche Unterscheidung zwischen Heim- oder Büroarbeit in Bezug auf (elektronische) Überwachungsmaßnahmen gibt es bisher nicht“, bestätigt die Rechtsexpertin Barbara Geck von der Anwaltskanzlei Bird & Bird. „Einer anlasslosen, uneingeschränkten und dauerhaften Überwachung, zum Beispiel durch sogenannte Keylogger-Software, haben sowohl das Bundesarbeitsgericht als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Absage erteilt, weil hierin ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden zu sehen ist.“

Eine Ausnahme stellt die reine Erfassung der Arbeitszeit dar: Hierzu wäre im Homeoffice auch die Auswertung von Login-Daten zulässig, wenn elektronische Zeiterfassungssysteme verwendet werden, so die Expertin. Kritisch sei zudem die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die bei Überwachungssystemen unweigerlich zum Einsatz kommen. Die Vorschriften des Datenschutzes müssten hierbei zwingend beachtet werden.

Alternativen zur Produktivitätssicherung

Grund für den Einsatz von Überwachungssoftware ist meist, dass Unternehmen das Gefühl haben, den Kontakt zu den Heimarbeitenden zu verlieren, und damit auch den Überblick über deren Aktivitäten. Aufkeimendes Misstrauen führt dann zu dem Bedürfnis, die Arbeitsleistung zu kontrollieren. Es liegt aber an Arbeitgebenden und Personalverantwortlichen, diese Vertrauensverhältnisse zu stärken und die Kommunikation zu optimieren. Wenn Sie die nachfolgenden wirksamen Schritte beherzigen, werden Sie spezielle Software gar nicht mehr benötigen:

1. Kommunikative Grundlagen schaffen

Gespräche von „Tür zu Tür“ finden im Homeoffice vielleicht nicht mehr statt, auch können Sie Ihrem Team nicht mehr im Vorbeigehen über die Schulter schauen oder Telefonate mithören. Umso wichtiger ist jedoch, dass Sie eine reibungslos funktionierende mobile Infrastruktur herstellen, mit denen das Team in Echtzeit kommunizieren kann, sodass niemand durch Heimarbeit abgeschottet wird. Spezielle Chattools und hybride Videokonferenzlösungen beispielsweise erleichtern die Kommunikationswege und tragen dazu bei, dass Heimarbeitende sich immer noch als Teil des Teams verstehen.

2. Aufgaben klar kommunizieren

Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeitenden – egal ob im Büro oder zu Hause – immer genau wissen, was zu tun ist, und rechtzeitig Hilfestellungen erhalten. Hierbei hilft es enorm, sich regelmäßig zu festgelegten Zeiten mit den Mitarbeitenden in Verbindung zu setzen, zum Beispiel zehn Minuten am Morgen.

3. Messung der Produktivität durch Leistungen, weniger durch abgeleistete Zeit

Was nützt es Ihnen zu sehen, dass Mitarbeitende den ganzen Tag am Laptop verbringen und die Tastatur bedienen, wenn am Ende des Tages wichtige Aufgaben trotzdem liegen geblieben sind? Ein regelmäßiger gesunder Kontakt, bei dem Schwierigkeiten oder Probleme sofort erkannt und gelöst werden können, hilft viel eher dabei, die Arbeitsziele zu erfüllen. Projektmanagement-Software wie Asana oder Trello sorgen dafür, dass alle Teammitglieder gleichzeitig auf dem aktuellen Stand sind und Sie die Fortschritte über abgeleistete Arbeit live mitverfolgen können. Zudem werden Ihre Mitarbeitenden lieber in einer Atmosphäre arbeiten, die von Vertrauen und Teamgeist gezeichnet ist, und dort ihre Probleme eher kommunizieren.

4. Akzeptieren Sie, dass Arbeit im Büro nicht automatisch die Produktivität erhöht

Wie effektiv jemand arbeitet, hängt von vielen individuellen Faktoren ab, und viele haben die Ruhe und Ungestörtheit im Homeoffice während der letzten 18 Monate zu schätzen gelernt. Gehen Sie also stärker auf die individuellen Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden ein und bringen Sie in Erfahrung, in welchem Umfang jeweils Homeoffice oder Büroarbeit Sinn macht. Anschließend sollten Sie entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, die die Produktivität fördern, sei es ein Stillarbeitsraum im Büro oder bessere technische Ausrüstung im Homeoffice.

Überwachung nur als letztes Mittel

Natürlich kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass Mitarbeitende Ihr Vertrauen ausnutzen – dies passiert aber bei Büroarbeit genauso. Eine elektronische Überwachung benötigt aber in jedem Fall einen hinreichend dokumentierten Anfangsverdacht und sollte daher immer das letzte Mittel sein, wie die Rechtsexpertin Barbara Geck erklärt:

„Sollte der begründete und dokumentierte Verdacht bestehen, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin nicht produktiv im Homeoffice arbeitet, so sind diese Verdachtsmomente möglichst detailliert zu dokumentieren, erst im Anschluss daran kann dann […] der Einsatz einer Überwachungssoftware geboten sein. In jedem Fall ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Nachdem eine entsprechende Auswertung durchgeführt wurde, sollte die oder der Betroffene […] eine Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Anschließend kann die Möglichkeit bestehen, Disziplinarmaßnahmen wie etwa eine Abmahnung oder eine Kündigung einzuleiten. Grundlage sollte immer eine möglichst genaue Dokumentation sein.“ Ist ein Betriebsrat vorhanden, hat dieser außerdem ein Mitbestimmungsrecht darüber, ob technische Mittel zur Überwachung der Mitarbeitenden eingeführt werden, so Geck.

Veränderung benötigt Vertrauen

Während wir uns auf eine Post-COVID-Welt zubewegen, werden sicherlich viele weitere Aspekte unseres Berufslebens neu definiert und neu konfiguriert werden. Es liegt nun gleichermaßen an Arbeitgebern wie Mitarbeitern zu entscheiden, ob Sie diesen Veränderungen mit Skepsis begegnen oder sie mit offenen (virtuellen) Armen begrüßen.

(1) Studie State of Hybrid Work – Europe edition, Owl Labs 2021
(2) Studie zur Mitarbeiterüberwachung in Deutschland, Get App 2021
(3) Studie State of Remote WorkUK Edition, Owl Labs 2020

Foto Frank Weishaupt

Frank Weishaupt ist CEO von Owl Labs, dem Entwickler der intelligenten Konferenzkamera Meeting Owl. Weishaupt war zuvor als SVP of Sales bei CarGurus tätig und spielte eine entscheidende Rolle beim Wachstum des Unternehmens, was zu einem erfolgreichen Börsengang im Oktober 2017 führte. Bevor er zu CarGurus kam, war Weishaupt Chief Operating Officer bei Jumptap, was zu einer Übernahme durch Millennial Media führte. Außerdem war er in leitenden Positionen bei Yahoo! und Criteo tätig, das 2013 einen erfolgreichen Börsengang hatte.

Foto Barbara Geck

Dr. Barbara Geck ist Partnerin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Frankfurt. Sie leitet bei Bird & Bird die deutsche Praxisgruppe Arbeitsrecht und ist Teil der International HR Services Practice Group. Dr. Geck hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in allen Bereichen des kollektiven und individuellen Arbeitsrechts. Zu ihren Spezialgebieten gehören transaktionsbegleitendes Arbeitsrecht, Restrukturierung und Umorganisation von Unternehmen sowie Mitbestimmungsrecht.

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