So individuell wie die Kandidatinnen und Kandidaten sind, so individuell muss die Candidate Journey sein, fordert Carl Hoffmann, COO CleverConnect. The Hire Purpose: Die Persönlichkeit zählt. Er gibt drei Handlungsempfehlungen, die für HR in der nächsten Zeit wichtig werden.
Die wirtschaftliche Lage ist sehr volatil, starke Marktschwankungen und -spannungen machen die Zukunft kaum prognostizierbar. Bis 2030 werden allein in Europa rund 15 Millionen Fachkräfte fehlen, so die Prognosen. Diese Ausgangslage macht das Suchen und Finden neuer Talente für HR-Verantwortliche weiterhin zu einer Mammutaufgabe. Höchste Zeit, in die Bereiche Talent Pool, Personalisierung und Technologie zu investieren, um Recruiterinnen / Recruiter von zeitaufwändigen Routine-Prozessen zu entlasten und das Talent Management auf die nächste Stufe zu heben.
Klassische HR-Prozesse stoßen an Grenzen
Der HR-Bereich war und ist den weltweiten Entwicklungen von Finanzkrise, Covid-19-Pandemie, Krieg in der Ukraine bis hin zu Inflation und Konjunkturschwankungen unmittelbar ausgesetzt. Auf den Fachkräftemangel folgten 2022 Hiring-Stopps und in manchen Fällen sogar Massenentlassungen. Um unter diesen Bedingungen den Erfolg eines Unternehmens zu garantieren, der nun einmal von seinem größten Kapital, dem Menschen, abhängig ist, müssen HR-Verantwortliche über ein Höchstmaß an Flexibilität verfügen. Wer sich in diesem Fall auf klassische HR-Prozesse und Technologien verlassen muss, kommt schnell an seine Grenzen.
Investitionen für die Zukunft
Reibungslose Abläufe, wie sie beispielsweise beim Online-Shopping gang und gäbe sind, erwarten Talente mittlerweile auch bei einem Bewerbungsprozess. Dass die Realität noch anders aussieht, zeigt eine Umfrage von CleverConnect. Demnach ist jeder zweite Arbeitssuchende in Deutschland mit dem Recruiting-Prozess unzufrieden. Für Unternehmen bedeutet das: Eine Verbesserung der Candidate Experience ist erfolgsentscheidend.
Die Top HR-Handlungsempfehlungen
Allein aufgrund des demographischen Wandels und der Tatsache, dass bis zum Jahr 2035 in Deutschland rund sieben Millionen der sogenannten Babyboomer und damit hochqualifizierten Fachkräfte in Rente gehen, müssen sich Betriebe und Beschäftigte auf eine Zeitenwende einstellen. Für HR-Abteilungen gibt es daher drei Handlungsempfehlungen, die für das Talent Management in den kommenden Monaten wichtig werden:
1. Proaktives Recruiting: Ein Talent Pool macht’s möglich
Laut LinkedIn sind allein in Europa 2,5 Mal mehr Stellenanzeigen online verfügbar als noch vor drei Jahren. Neben den digitalen Kanälen sollte der sogenannte „unsichtbare“ Markt nicht außer Acht gelassen werden. Rund ein Drittel der Talente wird mittlerweile hierüber rekrutiert, denn eine große Mehrheit potentieller Kandidatinnen / Kandidaten ist nicht aktiv auf Stellensuche – sie müssen also gefunden werden.
Wer seine klassische Recruiting-Strategie in diesem Zuge nicht hinterfragt und von einem reaktiven zu einem proaktiven Recruiting-Ansatz wechselt, wird potentielle Kandidatinnen / Kandidaten verpassen. Was es dazu braucht, ist eine hochwertige Datenbasis. Der Aufbau eines Talent Pools ist hierbei der erste Schritt, um Kandidatendaten zentral und an einem Ort zu speichern. Kommt es zu einer offenen Vakanz, können Recruiterinnen / Recruiter schnell und proaktiv auf passende Talente aus diesem Daten Pool zugehen.
2. The Hire Purpose: Die Persönlichkeit zählt
Der Wandel vom Arbeitgeber- hin zum Arbeitnehmermarkt erfordert in Unternehmen ein Umdenken auf ganzer Linie. Um eine Vakanz zu veröffentlichen, stehen heutzutage die unterschiedlichsten Kanäle und Touchpoints zur Verfügung. Der Mangel an geeignetem Personal lässt der Kreativität dabei keine Grenzen – von LinkedIn über Twitter, bis hin zu TikTok und Co.
Die Stelle allein zählt nicht mehr, worauf es ankommt ist Persönlichkeit. So individuell wie jede(r) einzelne Kandidat(in) ist, so individuell muss auch die Candidate Journey und damit die Reise, die Talente bis zur Bewerbung und darüber hinaus zurücklegen, sein. Das Ziel ist, weg von starren Recruiting-Prozessen und hin zu einem Multi-Touchpoint-Ansatz im Talent Management. Für Unternehmen wird daher die Investition in die Vielfalt ihrer Recruiting-Kanäle unerlässlich. So können sie Bewerberinnen / Bewerber immer dort erreichen, wo sie sich gerade auf ihrer Journey befinden.
Mit einer smarten Karriereseite können Inhalte persönlich und individuell aufbereitet und ein aktiver Austausch zwischen Unternehmen und Kandidat:in angestoßen werden. Diese Plattform bietet sich auch optimal für das immer wichtiger werdende Employer Branding an. Mit einem Botschafterprogramm oder dem Recruiting über Mitarbeiterempfehlung (Employee Advocacy) kann nicht nur der akute Bedarf an Personal gedeckt, sondern auch der Talent Pool nachhaltig gefüllt werden.
3. Digital-First-Ansatz im HR
Neben Persönlichkeit macht auch ein schnelles, agiles Handeln den Unterschied, um sich am Markt durchsetzen zu können. Bei vielen Bewerberinnen / Bewerbern steigt die Frustration und damit die Absprungrate innerhalb des Bewerbungsprozesses, wenn die Reaktionszeit des Unternehmens zu lang ist. Um HR-Verantwortliche optimal bei ihrer Arbeit zu unterstützen, müssen sie von zeitraubenden Routine-Tätigkeiten, wie dem Screenen von Lebensläufen, dem Active Sourcing in Datenbanken oder dem Kandidaten-Assessment, befreit werden.
Auch Recruiterinnen / Recruiter sehen hier große Hindernisse in ihrem Arbeitsalltag: 70 Prozent würden aufgrund zeitraubender Prozesse und Probleme im Arbeitsalltag den Job wechseln. Dieses alarmierende Ergebnis sollte Unternehmen dazu veranlassen, in HR-Technologien zu investieren. Denn gerade die Automatisierung von wiederkehrenden Zeitfresser-Tätigkeiten bietet großes Potenzial, HR-Teams zu entlasten und Kapazitäten für wirklich wichtige Aufgaben wie die Kontaktpflege und Active Sourcing freizusetzen.
Fazit
Die Transformation der HR-Abteilung ist längst keine strategische Frage mehr, sondern ein Muss für alle Unternehmen, die sich in Zeiten des Fachkräftemangels auf ein reibungsloses Talent Management verlassen wollen. Proaktives Recruiting ist also das Gebot der Stunde. Durch Investitionen in Talent Pool, mehr Persönlichkeit und modernen Technologien sind HR- und Recruiting-Verantwortliche optimal für die Herausforderungen von heute und morgen ausgestattet.
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Carl Hoffmann ist Co-Founder und COO bei CleverConnect. Er hat 2013 die Talentry GmbH mitgegründet. Seit der Fusion von Talentry mit CleverConnect im Juni 2022 ist Carl als Co-Founder und COO von CleverConnect für das Business Development sowie die Internationalisierung verantwortlich. Unter Carls Führung ist Talentry mehrfach ausgezeichnet worden, z. B. mit dem HR Excellence Award, dem HR-Innovation Award und als Top 10 HR-Tech Solution Provider.