Die Rekrutierung von Personal im Ausland kann eine wirksame Maßnahme sein, um offene Stellen zu besetzen. Doch der Aufbau und die Führung globaler Teams stellen neue Anforderungen an Führungskräfte, Personalverantwortliche und Mitarbeitende. Martin Tillert, Partner Director DACH bei G-P, gibt Tipps, welche Veränderungen im Unternehmen notwendig sind, um den Besonderheiten des grenzüberschreitenden Arbeitens gerecht zu werden.
In Deutschland fehlen rund zwei Millionen Fachkräfte – über alle Branchen hinweg. Waren vor der Pandemie noch vor allem Spezialisierungen in den Bereichen Pflege und Erziehung betroffen, ist der Mangel nun auch im Handwerk und dem Verkehrssektor massiv gewachsen. Aber auch in der Gastronomie, der IT oder dem Maschinenbau können viele Unternehmen offene Stellen nicht besetzen. Gehen die Babyboomer in Rente, wird sich die Situation weiter verschärfen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Personalsuche im Ausland für deutsche Unternehmen als wirksames Mittel, um die Fachkräftelücke zu schließen.
Expansion erfordert Anpassungen der Unternehmenskultur
Angesichts der Flexibilität neuer Modelle wie Remote Work ist es für internationale Fachkräfte oft nicht mehr notwendig, für einen Arbeitsplatz nach Deutschland zu ziehen. Technologie ermöglicht es, dass Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer von ihrem Heimatland aus für deutsche Unternehmen tätig sein können. Damit ein solches globales Wachstum nachhaltig ist, muss sich die Unternehmenskultur jedoch an die Besonderheiten des grenzüberschreitenden Arbeitens anpassen.
Vor diesem Hintergrund zeigt der Global Growth Report 2023 von G-P einige Aspekte auf, die Unternehmen bei der Gestaltung einer globalen Unternehmenskultur, die allen Beteiligten gerecht wird, helfen können. Für die Studie wurden weltweit 5.500 Beschäftigte, davon 500 aus Deutschland, und 2.500 Führungskräfte zu ihren Vorstellungen bezüglich der Arbeit in globalen Teams befragt. Sprachliche oder kulturelle Barrieren lassen 42 Prozent der deutschen Befragten demnach am stärksten zweifeln, ob sie in einem solchen Kontext arbeiten möchten. 29 Prozent geben zudem an, zu zögern, weil sie es sich schwierig vorstellen, über Grenzen hinweg Beziehungen zu Kolleginnen / Kollegen aufzubauen. 28 Prozent haben aufgrund des Arbeitens in verschiedenen Zeitzonen Bedenken.
Strukturen inklusiv gestalten – global und regional
Diese Ergebnisse legen nahe, dass das Management internationaler Teams noch einmal mehr darauf setzen muss, sich in Beschäftigte hineinzuversetzen und verschiedene Perspektiven einzunehmen. Dialogorientierte Kommunikation und eine Entscheidungsfindung, die die Mitarbeitenden einbezieht, helfen, unterschiedliche Weltanschauungen, Wertvorstellungen und ethische Hintergründe zu berücksichtigen. So kann die Vielfalt eines Teams auch zu seiner Stärke werden.
Verschiedene Praktiken helfen, sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden unabhängig von Standort oder kulturellem Hintergrund die gleichen Teilhabemöglichkeiten haben. Beispielsweise sollten Teammeetings zeitlich so gelegt werden, dass alle Mitarbeitenden die Chance haben, daran teilzunehmen. Betriebsversammlungen können über das Jahr verteilt in unterschiedlichen Zeitzonen stattfinden. Sprachlich sollten alle den Inhalt verstehen können.
Was Urlaubsregelungen angeht, können Unternehmen Betriebsferien mit regionalen Feiertagen und flexibler Urlaubsgestaltung kombinieren, was ebenfalls zu einer globalen Kultur beiträgt, ohne die kulturelle Identität einzelner Länder zu gefährden. Auch Trainings zur kulturellen Sensibilisierung und zur interkulturellen Kommunikation sind sinnvoll, um die Belegschaft für das Arbeiten in einem globalen Team vorzubereiten.
Kreativ und flexibel: Neue Top-Anforderungen an Führungskräfte
Es liegt auf der Hand, dass Personalführung in remote aufgestellten Teams spezifische Anforderungen an Führungskräfte mit sich bringt. Auch in einem solchen Kontext gilt es, ein Zugehörigkeitsgefühl zu vermitteln, damit Teams offen und ehrlich zusammenarbeiten. Dies scheint den befragten Managerinnen / Managern bewusst zu sein: 36 Prozent geben an, Bedenken zur Aufrechterhaltung einer unternehmensweiten Kultur über alle Regionen hinweg haben sie schon einmal davon abgehalten, Fachkräfte in einem anderen Land anzustellen.
Führungskräfte sollten sich daher ein neues Skillset zulegen, um in globalen Teams arbeiten und diese führen zu können. Der Studie zufolge glauben die befragten Entscheiderinnen / Entscheider, dass es dabei vor allem auf Kreativität (44 Prozent), Flexibilität (41 Prozent) und die Fähigkeit zur Mediation (37 Prozent) ankommt. Analog dazu sind die Angestellten der Auffassung, Führungskräfte in länderübergreifenden Teams müssen vor allem flexibel sein, wie 52 Prozent der deutschen Befragten angeben. Den internationalen Befragten sind darüber hinaus Kreativität bei der Problemlösung (53 Prozent) und interkulturelle Kommunikationsfähigkeit (51 Prozent) besonders wichtig. Jeder zweite deutsche Befragte betont zudem die Bedeutung von Empathie (50 Prozent) als Führungsqualität.
Administrative Hürden überwinden und Expert:innen hinzuziehen
Darüber hinaus müssen Führungskräfte beim Management globaler Teams auch administrative Belange meistern. Dem Global Growth Report zufolge sehen 39 Prozent der befragten Entscheiderinnen / Entscheider die größten Herausforderungen darin, ihre Angestellten über Ländergrenzen hinweg angemessen zu unterstützen und international verschiedene Urlaubs- und Kündigungsregelungen im Blick zu behalten. Die Auswahl passender Kollaborationstools und finanzielle Aspekte wie die Berücksichtigung von Wechselkursen oder Steuern empfinden 38 Prozent als herausfordernd.
Diese administrativen Prozesse lassen sich durch die Zusammenarbeit mit den richtigen Partnern leichter managen. So bieten beispielsweise KI-gestützte Plattformen für globales Wachstum eine Lösung für Compliance- und Verwaltungshürden, indem sie Employer-of-Record-Modelle (EOR) und Expertenberatung vor Ort verbinden. Solche Lösungen bieten Entscheiderinnen / Entscheidern Zugriff auf fachliche Expertise und ermöglichen es ihnen, steuer- und arbeitsrechtliche Angelegenheiten rechtskonform zu adressieren. Dadurch sparen sie Zeit, die ihnen für Maßnahmen zur Förderung einer länderübergreifenden Unternehmenskultur bleibt.
Auf diese Weise hilft Technologie Unternehmen, Herausforderungen bei der internationalen Personalbeschaffung zu meistern – einer Maßnahme, die sich angesichts weltweiter Entwicklungen im HR-Bereich zunehmend als adäquate Lösung für den Fachkräftemangel etabliert.
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Martin Tillert ist New-Work-Experte und Partner Director DACH bei G-P/Globalization Partners, dem Pionier und Marktführer der globalen Beschäftigungsbranche. G-P liefert seit 2012 Produkte für die Compliance und Belegschaft in der globalen Arbeitswelt, die auf die Bedürfnisse wachsender Unternehmen zugeschnitten sind.