Hohe Wechselbereitschaft, unterschiedliche Ansprüche: Babyboomer erwarten bessere Führung, Gen Y und Z mehr Gehalt. Das spricht für maßgeschneiderte Recruiting-Strategien.
Die Wechselbereitschaft in Deutschland ist so hoch wie nie: Fast vier von zehn Deutschen (37 Prozent) sind derzeit offen für einen neuen Job oder haben bereits konkrete Schritte in die Wege geleitet, um eine neue Tätigkeit zu finden. Das zeigt eine repräsentative Studie, die das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag von XING E-Recruiting durchgeführt hat. Gleichzeitig hat jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) ein Recruiting-Problem und Schwierigkeiten, passende Bewerberinnen und Bewerber zu finden.
Für Unternehmen ist das Risiko, aber auch Chance – vor allem dann, wenn sie ihre Recruiting-Strategien auf ihre Zielgruppen maßschneidern. Was aber wünschen sich unterschiedliche Generationen von ihren Arbeitgebern? Und was sind die ausschlaggebenden Faktoren für die Wechselbereitschaft?
Geld allein macht nicht glücklich – zu wenig Geld aber auch nicht
Das überraschende Ergebnis: Je älter die Befragten waren, desto wichtiger waren ihnen Wohlbefinden (Wellbeing) und Führungsstil. Obwohl die jungen Generationen Y und Z (18 bis 29 Jahre) in der Tendenz bei der Wahl ihres Arbeitgebers großen Wert auf individuelle Arbeitsbedingungen, gutes Führungsverhalten und Sinnhaftigkeit legen, gibt letzten Endes das Gehalt den entscheidenden Ausschlag für den Jobwechsel.
„Bei jungen Beschäftigten muss heute das Gesamtpaket stimmen. Die meisten achten bei ihrem zukünftigen Arbeitgeber auf ein höheres Gehalt und eine gute Unternehmenskultur. Sie wollen eine Aufgabe, die zu ihnen passt und die sie in ihrer Entwicklung weiterbringt“, so Frank Hassler, Vorstand der NEW WORK SE und verantwortlich für die Geschäftsfelder Recruiting und Employer Branding.
Babyboomer erwarten gute Führung
Im Gegensatz dazu spielen finanzielle Anreize bei den – altersbedingt besserverdienenden – Babyboomern und der Generation X eine untergeordnete Rolle für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Der Wunsch nach gutem Führungsverhalten ist bei dieser Generation am ausgeprägtesten (61 Prozent), gefolgt von flexibler Arbeitszeiteinteilung (54 Prozent) und persönlicher Sinnerfüllung im Job (53 Prozent). Ein höheres Gehalt spielt für die Generation der Babyboomer ein weniger wichtige Rolle beim Jobwechsel (47 Prozent).
Dafür sind bei den Älteren andere Aspekte wichtig wie die Gesundheitsvorsorge für Mitarbeiter (43 Prozent) oder das Engagement für das psychische Wohlergehen der Mitarbeiter (46 Prozent). Bei den Altersklassen zwischen 30 und 49 und 18 und 29 spielen diese Themen eine eher untergeordnete Rolle.
„Elterngeneration“ braucht Flexibilität
Die Generation dazwischen, nämlich die 30- bis 49-Jährigen, die sich klassischerweise als Generation um Kinder und eigene Eltern kümmert, setzen dagegen eher Schwerpunkte bei der Möglichkeit, ortsunabhängig arbeiten zu können: Der Wunsch nach flexibler Arbeitszeit (61 Prozent) und Homeoffice (51 Prozent) ist hier am stärksten ausgeprägt. Geld spielt beim Jobwechsel eine Rolle, wird aber weniger wichtig. 59 Prozent der „Sandwich-Generation“ würde dabei auf ein zusätzliches Monatsgehalt verzichten, wenn sie selbstständig über ihren Arbeitsort entscheiden könnten. Das ist der höchste Wert der drei Vergleichsgruppen. Bei den jungen Beschäftigten (18-29jährige) sieht dies nur knapp jeder Zweite der Befragung so (47 Prozent).
Individuelle Recruiting-Strategien gefragt
„Unternehmen dürfen beim Recruiting nicht länger auf das Gießkannen-Prinzip setzen“, sagt Frank Hassler. „Die Gründe, aus denen man bei einem Arbeitgeber anfängt, sind oft nicht die Gründe, weshalb man bei ihm bleibt. Gefragt sind intelligente New Hiring-Strategien, mit denen man Recruiting individualisieren und an die unterschiedlichen und im Laufe der Zeit wechselnden Bedürfnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern anpassen kann – nur so wird es zum strategischen Erfolgsfaktor.“
Einfluss der Pandemie ist vor allem bei Gen Y und Z zu spüren
Die Ergebnisse der Befragung geben Hinweise darauf, dass sich auch die Pandemie unterschiedlich auf die einzelnen Generationen ausgewirkt hat. Vor allem bei jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist dies spürbar. So sagen eher Befragte der Generation Z, dass die Corona-Zeit ausschlaggebend für die Entscheidung war, sich einen neuen Job zu suchen. Auch bei den 30- bis 49-Jährigen haben die Auswirkungen der Pandemie den Wunsch nach einem Wechsel beeinflusst.
Die Generation 50+ zeigt sich tendenziell weniger beeindruckt. Bei ihnen hatte die Corona-Krise eine eher geringere Wirkung auf die Wechselbereitschaft. Obwohl sie von allen Altersgruppen pandemiebedingt am unzufriedensten mit dem derzeitigen Arbeitgeber sind, entschieden sich nur wenige für einen neuen Arbeitgeber.
Mit intelligenten Tools Recruiting-Strategien umsetzen
„Wir erleben gerade einen historischen Umbruch auf dem Arbeitsmarkt“, so Frank Hassler. „Die Wechselbereitschaft hat ein neues Level erreicht. Den Unternehmen, die das erkennen und sich entsprechend aufstellen, eröffnen sich riesige Chancen. Diejenigen, die hier den Anschluss verpassen, werden im Wettbewerb um Talente abgehängt.“
Mit intelligenten Tools können Unternehmen ihr Recruiting ganz gezielt zuspitzen oder über Active Sourcing passende Talente ansprechen. Gefragt ist der Einsatz moderner Methoden und Lösungen für die Arbeitswelt, die eine proaktive und zunehmend personalisierte Ansprache ermöglichen, die auch das Monitoring von Potenzialen einschließt.
Wirkungsvolle Unterstützung leisten hier digitale Datenanalyse-Tools, indem sie die unterschiedlichen Präferenzen der Beschäftigten erfassen und mit dem Anforderungsprofil abgleichen. Personalabteilungen können so zeitintensive, administrative Tätigkeiten automatisieren und sich auf ihre Kernkompetenz – den Menschen und seine Bedürfnisse – fokussieren.
Über die Studie
forsa befragte im Auftrag von XING E-Recruiting im Januar 2022 insgesamt 2.523 volljährige Erwerbstätige (Arbeitende und Angestellte) in Deutschland (N = 1.004), Österreich (N = 510) und der deutschsprachigen Schweiz (N = 1.009) sowie darüber hinaus 200 Personalentscheiderinnen und Personalentscheider in Unternehmen ab 50 Beschäftigten mit Firmensitz in Deutschland.
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