Punktuelle Umfragen: Ehrliche Antworten statt Kreuzchen

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Agile Befragungstools (3): Angeklickte Kästchen schaffen kaum Erkenntnisse, sagt Anne M. Schüller. Besser wäre es, durch punktuelle Umfragen ehrliche Antworten zu fördern.

Wenn Menschen – statt vorformulierte Fragebögen anzukreuzen – ihre eigenen Worte wählen, kommen sehr viel wertvollere Ergebnisse dabei heraus. Versuchen Sie es doch mal mit der punktuellen oder der seriellen Umfragemethode. Dieser Beitrag ist Teil einer Serie von Anne M. Schüller über schnelle, öffnende, agile Befragungstools.

Wie Exzellenz im Unternehmen entsteht? Der Managementdenker Tom Peters hat das in einem Vortrag einmal sehr enthusiastisch so ausgedrückt: „Organisationen sind nichts weniger als Kathedralen, in denen die unterschiedlichsten Menschen mit der entfesselten Macht ihrer Fantasie, ihres Geistes und ihres angeborenen unternehmerischen Gespürs leidenschaftlich nach Spitzenleistungen streben.“

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Um dieses Ziel zu erreichen, sind Mitarbeiterumfragen wie geschaffen. Anonymität halte ich in den meisten Fällen für wichtig, denn die Befragten werden auch ins Kalkül ziehen, was der Chef gern hören will. Sie werden ihm sogar dann gefallen wollen, wenn es für das Unternehmen kontraproduktiv ist. Kein Mitarbeitender wird seinem Chef die ganze Wahrheit erzählen, denn letztlich entscheidet dieser über dessen Wohl und Wehe.

Mündlich, schriftlich oder online?

In aller Regel präferiere ich die schriftliche Form. Auf (virtuellem) Papier neigen die Menschen dazu, ehrlicher zu antworten und sich überlegter auszudrücken. Hingegen ist im persönlichen Gespräch der Interviewer-Einfluss oft erheblich. Mit seinen Antworten möchte man sympathisch erscheinen und sich in ein gutes Licht rücken. Sind weitere Personen dabei, kommt die Gruppendynamik hinzu. Meinungsführerinnen / Meinungsführer geben den Grundtenor vor und viele folgen dem unbesehen. Andersartige Meinungen werden vielfach erst gar nicht geäußert oder sogar revidiert, um nicht als Außenseiter zu gelten.

Und reine Online-Befragungen? Diese lassen sich zwar kostengünstig, einfach und schnell durchführen, weshalb sie auch immer populärer werden, doch für unsere Zwecke sind sie nur bedingt geeignet. Meist geht es um das Anklicken vorgegebener Kästchen. Der Erkenntnisgewinn ist deshalb gering – es sei denn, die Befragten können individuelle Antworten eingeben. Das allerdings benötigt einen erheblichen Mehraufwand bei der Auswertung, der meist lieber umgangen wird.

Nicht selten kommt es auch vor, dass die Befragten immer nur das oberste Kästchen abhaken, um schnell mit dem Fragebogen fertig zu sein. Wird das Ausfüllen mit einer Belohnung verbunden, wird eh nur Positives angetickt, um sicher zu sein, an die Goodies zu kommen. Die Resultate sind in beiden Fällen nicht nur unbrauchbar, sondern auch gefährlich, weil falsche Antworten falsche Reaktionen zur Folge haben.

Tempo machen durch punktuelle Umfragen

Punktuelle Umfragen kann man zu den unterschiedlichsten Themen machen. Weil man dabei nur einige wenige Fragen stellt, braucht es zunächst eine gute Vorbereitung. Überlegen Sie also genau: Was sind die wichtigsten bzw. wertvollsten Fragen, die Sie stellen sollten?

Danach legen Sie den Mitarbeitenden einen kleinen Fragebogen vor, der schriftlich und – je nach Unternehmenskultur – anonym beantwortet wird. Hier ein paar Textbeispiele:

  • Was mir in unserem Unternehmen am meisten fehlt: …
  • Was mich an meinem Job besonders fasziniert: …
  • Was sich an meinem Arbeitsplatz konkret verbessern ließe: …
  • Mein größter Wunsch an meine Führungskraft ist: …
  • Was wir für die Kunden besser machen könnten: …
  • Warum mir unser Unternehmen so wichtig ist: …
  • Was ich Außenstehenden über uns sagen würde: …
  • Woran ich bei mir selbst arbeiten möchte: …
  • Wo ich mir mehr Unterstützung wünsche: …
  • Was mich bewegen könnte, lange im Unternehmen zu bleiben: …
  • Was ich immer schon einmal sagen wollte: …
  • Was man beim nächsten Mal an dieser Stelle fragen könnte: …

Schließlich gibt es eine ultimative Frage, die jederzeit auch solo gestellt werden kann. Dabei muss Anonymität gewährleistet sein, damit man ehrliche Antworten erhält:

Würden Sie sich heute wieder für unser Unternehmen entscheiden? Und wenn ja, aus welchen Gründen? Und wenn nein, weshalb nicht?

Falls hierbei negative Antworten herauskommen sollten, darf niemals auch nur der leiseste Versuch unternommen werden, herauszufinden, wer das war. Ein solcher Vertrauensbruch wäre, auch mit Blick auf die anderen Mitarbeitenden, nicht reparabel.

Alternativ kann man den Befragten folgende Sätze zur Vervollständigung geben:

  • Die Zukunft unseres Unternehmens liegt mir sehr am Herzen, weil …
  • Ich kann mir gut vorstellen, noch länger hier zu arbeiten, weil …
  • Ich spreche mit Dritten positiv und voller Stolz über uns. Und dies, weil …
  • Ich ermutige Interessenten, bei uns Kunde zu werden. Und zwar, weil …
  • Ich ermutige potenzielle Mitarbeiter:innen, sich bei uns zu bewerben, weil …
  • Ich tue all dies nicht, weil …

Solche offenen Fragen zwingen die Leute nicht in ein vorgegebenes Antwortschema. Und sie degradieren niemanden zum Kreuzchenmacher. Sie geben vielmehr jedem die Möglichkeit, sich frei auszudrücken. So wird sich der einzelne Mitarbeitende intensiver mit den genannten Themen auseinanderzusetzen – und sich stärker eingebunden fühlen, weil seine Kreativität gefragt ist. Vor allem aber: Das Unternehmen erhält brauchbarere Antworten als die, die bei klassischen Mitarbeiterfragebögen herauskommen würden.

Sehr intensiv: die serielle Ereignismethode

Die serielle Ereignismethode ist besonders dann gut geeignet, wenn es um „Candidate Experiences“ und „Employee Experiences“ geht. Dabei wird die „Reise“ eines Bewerbers durch den Recruitingprozess oder die „Reise“ des Mitarbeitenden durch das Unternehmen betrachtet. Hierzu schildert ein jeweils Befragter die Erlebnisse, die er/sie im Kontakt mit dem Unternehmen hatte. Über ein schrittweises Rekapitulieren können alle angesteuerten Interaktionspunkte (Touchpoints) identifiziert und analysiert werden.

Zu diesem Zweck wird zum Beispiel der/die befragte Neueingestellte gebeten, sich an die Abfolge der Interaktionspunkte im Verlauf des Rekrutierungsprozesses vom ersten Gewahrwerden über die Informations-, Gesprächs-, Entscheidungs- und Einarbeitungsphase zu erinnern. Per Storytelling soll das, was ihm/ihr hierbei widerfahren ist (das faktische), und wie er/sie sich dabei fühlte (das emotionale), episodenartig in allen Einzelheiten beschrieben werden.

Hiernach werden die ausgewählten Touchpoints chronologisch auf einer Skala von null bis zehn im Begeisterungs- bzw. Enttäuschungsbereich bewertet und in eine Grafik eingetragen. Auf diese Weise kann der Gesamtverlauf einer Candidate- bzw. Employee-Journey sehr gut sichtbar gemacht werden, ohne dass er lang und breit erklärt werden muss. Auf einen Blick lässt sich zum Beispiel erkennen, ob diese Reise vornehmlich im positiven oder im negativen Bereich verlief. Auch die Highlights und die Tiefpunkte (Painpoints) werden sofort offenkundig. Schnelle Maßnahmenpläne schließen sich an.

Grafik Ereignismethode

 


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Lesen Sie auch die weiteren Beiträge von Anne M. Schüller zur Serie „Agile Mitarbeiterumfragemethoden“:

Mitarbeiterbefragungen nach Schema F? Nein, danke

Wenn die Belegschaft die Gewissensfrage stellt

„Kill a stupid Rule!“: Internen Ballast abwerfen

Kommender Beitrag der Serie:

28.02. Agile Mitarbeiterumfragemethoden: fokussierende Fragen

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

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