Wie Führungskräfte psychologische Sicherheit schaffen

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Kreativer, mutiger, innovativer: Ein Gefühl der psychologischen Sicherheit hat viele positive Effekte auf die Teams. Uwe Göthert, CEO von Dale Carnegie Deutschland, erläutert, was Führungskräfte tun können.

Ein neuartiges Projekt, plötzlich rein oder raus aus dem Homeoffice, wankelmütige Chefs, unzufriedene Kundschaft, kichernde Kolleginnen und Kollegen – all das können Gründe sein, warum sogar Topfachkräfte vor ihrem eigenen Schatten erschrecken. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb ihres Teams Angst haben, unangenehme Neuigkeiten zu überbringen, konträre Meinungen oder wilde Ideen zu äußern, wenn sie sich scheuen, Probleme zuzugeben oder andere um Hilfe zu bitten, dann bremst dieses Zögern das gesamte Unternehmen aus – manchmal bis zum Stillstand. Ressourcen und Potenziale liegen brach – und die Betroffenen fühlen sich schlecht.

Diese Zurückhaltung repräsentiert ein verbreitetes Problem: Laut einer Umfrage von Dale Carnegie Training, bei der 2021 mehr als 6.500 Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer aus 21 Ländern ihre Stimme abgaben, fühlt sich nur eine(r) von fünf wohl dabei, konstruktive Kritik am Arbeitsplatz zu äußern. Was den Betroffenen in diesen Situationen fehlt, ist das Gefühl der psychologischen Sicherheit.

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Das Phänomen bezieht sich darauf, wie jemand die Reaktionen und Konsequenzen einschätzt, wenn er / sie ein zwischenmenschliches Risiko eingeht. Ohne psychologische Sicherheit fürchten viele, dass sie in negatives Licht rücken, dass Kolleginnen und Kollegen auf sie herabsehen und Chefinnen / Chefs sie als Sonderling abstempeln. Die Angst, als unwissend, inkompetent, negativ oder störend dazustehen, lässt sie verstummen.

Psychologische Sicherheit: Stellenwert erhöht sich

Wer hingegen innerhalb seines Bereichs, der Organisation und allgemein am Arbeitsplatz Sicherheit empfindet, denkt deutlich kreativer, mutiger, innovativer, ist leistungsfähiger, entspannter und mental gesünder. Kolleginnen und Kollegen geben zügiger und klarer Feedback, arbeiten sich schneller ein, mutige Ideen kommen zur Sprache und Teams tragen Konflikte produktiv aus. Organisationen, die unabhängiges Denken fördern, schneiden regelmäßig besser ab als ihre Konkurrenten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entmutigen oder abstrafen, wenn sie ihre Meinung sagen.

In Zeiten von Homeoffice, hybriden Teams, wechselnden Projektgruppen und dezentralen Systemen erhöht sich der Stellenwert von psychologischer Sicherheit noch. Mobile Arbeitsplätze halten einzelne vermehrt davon ab, ihre Meinung zu äußern. Besonders Voll-Remote-Settings untergraben Vertrauen und Zugehörigkeit.

Laut einer PwC-Umfrage zum Thema Remote Work aus dem Jahr 2021 verlieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Verbindung zueinander. Ortsunabhängiges Arbeiten gibt weniger Möglichkeiten, Fehler zuzugeben, aus ihnen zu lernen sowie Feedback zu geben und zu bekommen. All das erklärt, warum die Führungsaufgabe, eine stabile, sichere Atmosphäre zu schaffen, auf der Prioritätenliste immer weiter nach oben rutscht.

Mutiges Umfeld als Voraussetzung

In einem psychologisch sicheren Raum sind Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Lage, offen und ohne Angst vor Verurteilung oder Bestrafung zu interagieren. Das gelingt nur, wenn das Unternehmen die individuelle Umgebung zu einem Ort des Mutes ausruft. Ohne Selbstbewusstsein nehmen Menschen konstruktive Kritik trotz empathischstem Umfeld schnell persönlich. Im Daily Business zeigen sich mutige Handlungen bereits in den kleinsten Zwischentönen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die persönliche Erfahrungen teilen, Managerinnen / Manager, die Gespräche über schwierige Themen anstoßen, oder Führungskräfte, die Risiken eingehen und Veränderungen willkommen heißen. All diese Aktionen stärken die emotionalen und psychologischen Muskeln der gesamten Gruppe. So führen mutige Handlungen zu einem Umfeld, das wiederum Mut hervorruft.

Das zu erschaffen, erfordert Absicht, harte Arbeit und basiert auf mehreren Säulen. Unter anderem geht es darum, Vielfalt und Diversität (vor-) zu leben. Wer bewusst anerkennt, dass jeder mit anderen Erfahrungen und Standpunkten an den Tisch kommt, diszipliniert sich zu Offenheit, Verständnis und Wertschätzung. Außerdem geht es um Erwartungen und Grundregeln. Die Gruppe kann zum Beispiel Timer für Kommentare und Antworten stellen, damit jeder die gleiche Chance erhält, die eigenen Gedanken mitzuteilen.

Was ebenfalls Mut fördert und psychologische Sicherheit stärkt, ist Empathie: Einfühlungsvermögen ist vielleicht die wichtigste Fähigkeit, die Führungskräfte und Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter aufbauen können. Sie erfordert radikale Akzeptanz und aufrichtiges Zuhören. Es bedeutet, die Erfahrungen oder Ideen anderer nicht herunterzuspielen, aktiv an Lösungen zu arbeiten und jedem ein positives Gefühl zu vermitteln.

Fortschritt durch Zusammenspiel aus Mut und Sicherheit

In Summe gilt: Nur wer seine Komfortzone verlässt, kann in neue Innovationsräume vorstoßen. Damit Menschen dafür bereit sind, braucht es ein Umfeld des Mutes. Optimale Voraussetzungen für psychologische Sicherheit schaffen Führungskräfte, indem sie durch eigene mutige Handlungen dem Ungeheuer „Angst“ seinen Schrecken nehmen. Klare Regeln, empathische Führung sowie Kontakte auf persönlicher Ebene helfen beim respektvollen Umgang. Wenn Chefs Heterogenität als etwas Wertzuschätzendes proklamieren, erkennen auch Teams Vielfalt als Vorteil an.

Der Grad der psychologischen Sicherheit beeinflusst die individuelle Leistung, Resilienzfähigkeit, das Engagement und die mentale Gesundheit des Einzelnen. In einem psychologisch sicheren Raum sind die Akteure in der Lage, ohne Angst zu interagieren. Das fördert deren Effektivität. Ein angenehmes, stabiles Umfeld sorgt dafür, dass Gruppen auch bei Konflikten ihre Arbeit so erledigen können, dass vertrauensvolle Beziehungen intakt bleiben. Ein hohes Level an psychologischer Sicherheit erhöht die Risikobereitschaft, auch mutige Ideen zu teilen sowie ehrliches Feedback zu fordern und zu geben.

Tipps für Führungskräfte im Business-Alltag

  • Beobachten Sie, wie Teams Ideen oder abweichende Meinungen unterdrücken und versehentlich oder absichtlich Diskussionen verhindern.
  • Versichern Sie den Mitgliedern, dass ehrliches Feedback erwünscht ist und nicht bestraft oder falsch eingeschätzt wird. Bedanken Sie sich für einzigartige Beiträge und Ideen. Nehmen Sie diese gegebenenfalls auf und ermutigen Sie die Gruppe zu weiterem Feedback, auch wenn Ideen Theorie bleiben.
  • Behandeln Sie Fehler als leicht zu korrigieren. Es gibt es keinen Grund, singuläre Fehlentscheidungen als nachteilig oder unüberwindbar auszubreiten. Nur selten führen einzelne Irrtümer zum Untergang des ganzen Systems. Begleiten Sie Betroffene durch ihre Fehler als Lernchance.
  • Respektieren Sie die Meinung anderer. Reibung ist erlaubt, vor allem wenn jeder seinen Standpunkt mit zuverlässigen Daten untermauert. Nehmen Sie abweichende Ideen, konstruktive Kritik oder Fehler immer ernst und heißen Sie sie willkommen.
  • Danken Sie Engagierten für ihre Bemühungen und ermutigen Sie sie zum Weitermachen. Betonen Sie, dass in der Vielfalt der Gedanken Stärke liegt.

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Foto Uwe Göthert

Uwe Göthert ist seit 2004 Geschäftsführer von Dale Carnegie Deutschland. Im internationalen Führungszirkel von Dale Carnegie forciert der erfahrene Unternehmensentwickler disruptive Innovationen und zukunftsweisende Strategien. Göthert steuert komplexe Weiterbildungsprojekte von Marktführern unterschiedlicher Branchen, die sich in Anzahl der Teilnehmer, beteiligten Länder und angewandten Sprachen individuell skalieren lassen. Als Berater für international tätige Unternehmen liegt sein Fokus auf Verkauf, Führung, Kommunikation, Präsentation sowie Innovations- und Changemanagement. Foto: ©Dale Carnegie Deutschland

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