9 Tipps für mehr psychologische Sicherheit im Team

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Roland Abel, Director Employee Experience (EX) Strategy EMEA bei Qualtrics, erklärt, wie sich Mitarbeitende bei der Arbeit sicherer fühlen und bessere Leistungen erbringen können. Und er gibt neun Tipps für mehr psychologische Sicherheit im Team.

Viele Mitarbeitende erleben in ihren Unternehmen Situationen, in denen sie ihre Meinung, Ideen und Bedenken besser nicht artikulieren, etwa weil sie Angst haben, nicht smart genug zu klingen oder weil sie eine unangenehme Konfrontation befürchten. Sie ertappen sich beispielsweise in Meetings dabei zu nicken, obwohl sie das Gesagte innerlich in Frage stellen. Sie verschweigen eigene oder die Fehler anderer, weil sie Angst vor negativen Konsequenzen für sich oder Kolleginnen / Kollegen fürchten, oder sie probieren neue Dinge aus Angst vor Fehlern gar nicht erst aus.

Unsichtbare Barrieren bremsen Teamarbeit aus

9 Tipps für mehr psychologische Sicherheit im Team
Envato/stokkete

Doch solche unsichtbaren Barrieren am Arbeitsplatz stehen guter Teamarbeit, organisationalem Lernen, Innovationen und Wachstum im Weg. Dies ist keineswegs trivial, sondern gewinnt im Zuge neuer Agilitätsanforderungen in dynamischen Unternehmensumfeldern zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Beschäftigte arbeiten beispielsweise nicht mehr in festen Teams, sondern organisieren sich hauptsächlich in Projekten und haben häufig mit wechselnden ProjektleiterInnen zu tun, wodurch Vertrauen untereinander immer wieder aufgebaut werden muss.

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Zudem kommt eine „Speak-up”-Kultur in vielen Unternehmen als einer der Top-Treiber für das Engagement der Mitarbeitenden vor; speziell dann, wenn Unternehmen reorganisieren und Change an der Tagesordnung steht.

Die Sicherheit Risiken, Probleme, Fehler usw. offen ansprechen zu können, ist nicht nur in einigen Branchen essenziell, wie im Gesundheitswesen oder überall dort, wo dadurch Personen gefährdet werden können. Auch im Büro und den meisten anderen Arbeitsorten ist es wichtig, dass Beschäftigte „die Klappe aufmachen” oder die Initiative ergreifen, weil sie keine Angst vor Gegenwind oder etwaigen falschen Schritten haben müssen. Dann verbessert sich zum Beispiel die Einbringungsbereitschaft, Verantwortungsübernahme, das Teamwork und die Produktivität.

Das passende Umfeld schaffen

9 Tipps für mehr psychologische Sicherheit im Team
Envato/nenetus

Psychologische Sicherheit als Grundbedingung für Erfolg in der Unternehmenskultur zu verankern ist daher eine Herausforderung, für die es die richtige Rezeptur braucht. Wie gelingt es ein Umfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter nicht nur den Code of Conduct kennen, sondern ihn auch leben; das heißt, sich einzubringen, Feedback anzunehmen und konstruktives Feedback geben, bei Bedarf zu widersprechen und Dinge auf Verdacht hin anzusprechen, auch wenn nicht immer alles bereits „wasserdicht” ist? Wie können Unternehmen psychologische Sicherheit von einem idealistischen Konzept in eine alltägliche Realität verwandeln?

Viel hat damit zu tun, wie Führungskräfte und Projektleiter/-innen selbst und als Vorbild agieren: wie sie mit Kritik umgehen, Feedback einfordern, Fehler eingestehen, zur Zusammenarbeit ermutigen, auf Fehler anderer reagieren, Ideen und Vorschläge überprüfen bzw. Rückmeldung geben, nachfragen, verfügbar sind, usw.

Ebenso gilt es, Umgangsregeln zu definieren, gemeinsames Arbeiten zu fördern (inhaltlich, zeitlich und räumlich), und Anlässe zum Reflektieren zu schaffen, etwa in Projekt- oder Lessons Learned-Meetings. Vielfach werden solche Aktivitäten übersprungen, weil dabei nicht immer viel Neues herauskommt, doch der Eigenwert für psychologische Sicherheit und die Unternehmenskultur ist nicht zu unterschätzen.

Psychologische Sicherheit im Team messen

Foto Menschen im Büroflur
Envato/bialasiewicz

Genauso wichtig ist es, die psychologische Sicherheit im Team zu erfassen und zielgerichtet daran zu arbeiten. Welchen Einfluss hat dies auf die Mitarbeitendenmotivation? Wo im Unternehmen hakt es und wo funktioniert es besser? Diese Messung sollte nicht nur einmal pro Jahr im Rahmen der klassischen Mitarbeitendenbefragung stattfinden, sondern öfters, falls sich dieses Thema – auch im Vergleich zu Benchmarks – als Problem darstellt.

Es kann zudem in diverse andere Instrumente eingebettet werden, beispielsweise in 360°-Feedback und immer dann, wenn Beschäftigte in einer wichtigen Phase ihres Arbeitslebens auf einen offenen und risikoarmen Umgang angewiesen sind, etwa bei Rollenwechseln, im Performance Management-Prozess oder im Zuge von Reorganisation.

Ein dauerhafter Wandel tritt nicht über Nacht ein, sondern benötigt Zeit. Unternehmen sind gut beraten, hierbei Beharrlichkeit zu zeigen, aber auch die Vielfalt an Hebeln zielgerichtet einzusetzen und kontinuierlich den Fortschritt zu überprüfen.

Tipps für psychologische Sicherheit im Team und eine bessere Employee Experience

Die folgenden Tipps sind als Vorschläge zu verstehen, dank derer sich Mitarbeitende im Job sicherer fühlen und eine bessere Leistung erbringen können.

  1. Entwickeln Sie Ihre Führungskräfte und Projektleiter/-innen und zeigen Sie ihnen auf, worauf es bei der psychologischen Sicherheit im Team ankommt, welche Risiken damit verbunden sind und inwiefern ihr eigenes Handeln hierfür maßgeblich ist.
  2. Formulieren Sie das gewünschte Verhalten klar und sprechen Sie es immer wieder an – gerade auch seitens des Executive Teams – was können Mitarbeitende von ihren Vorgesetzten hierzu erwarten?
  3. Schaffen Sie Spielregeln (etwa für Meetings, Projektevaluierung, usw.), kommunizieren Sie diese und intervenieren Sie, wenn sie nicht eingehalten werden.
  4. Erzeugen Sie Durchlässigkeit in der Kommunikation zwischen unterschiedlichen Hierarchieebenen. Vermeiden Sie die „Führung als Filter“.
  5. Setzen Sie Anreize für Mitarbeitende neue Aufgaben zu übernehmen und honorieren Sie sowohl Gelingen als auch erfolgreiches Scheitern.
  6. Bieten Sie Möglichkeiten für Mitarbeitende an, sich sicher zu beschweren, wenn sie anderweitig kein Gehör finden, und offizielle Kanäle zur Einreichung von Verbesserungsideen (inkl. Rückmeldungen).
  7. Fördern Sie Vielfalt in Teams. Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie verschiedene Hintergründe und Erfahrungen werden unterschiedliche Herangehensweisen, Ansichten und Diskussionen zum Normalfall und die psychologische Sicherheit zumeist gefördert.
  8. Etablieren Sie Feedbackprozesse, sowohl im persönlichen Austausch als auch in verschiedenen Befragungs- und Evaluierungsformaten. Nutzen Sie Benchmarks und schauen Sie, wo es im Unternehmen bei diesem Thema hakt und arbeiten hieran zielgerichtet.
  9. Wenn Ihre Befragungsergebnisse zeigen, dass Sie hierbei besser werden, kommunizieren Sie den Schritt in die richtige Richtung und gewinnen so Vertrauen.

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Foto Roland Abel

Dr. Roland Abel ist Head of Employee Experience Solution Strategy bei Qualtrics. Er unterstützt Kunden bei der Konzeption ihrer Employee Experience (EX)-Programme. Abel blickt auf über 15 Jahre Erfahrung im Bereich EX zurück. Bevor er vor 4 Jahren zu Qualtrics kam, leitete er bei einer großen HR-Beratung zahlreiche multinationale Mitarbeiterbefragungen und die dortige Employee Insights-Practice in Deutschland.

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