Positive Leadership: Die Stärken des Teams fördern

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Positive Leadership setzt den Fokus auf Stärken, Kompetenzen und Erfolge. Harald Smolak, Partner & HR-Experte bei Atreus, erläutert die Vorteile dieses Führungsprinzips.

Eine Frage, die wohl jede Führungskraft oder jede(n) Personalerin / Personaler beschäftigt: Wie kann ich dazu beitragen, dass Menschen unter meiner Führung ihre Leistung nachhaltig steigern? Ganz im Gegensatz zu klassischen Ansätzen wie “Schwächen beseitigen” und “Defizite ausbessern”, setzt Positive Leadership den Fokus auf die Stärken, die Kompetenzen und die Erfolge der zu führenden Personen. Dieser Ansatz ist nachweislich erfolgreicher als ein auf Mängel ausgerichtetes Führungsprinzip. Doch wie lässt sich Positive Leadership umsetzen und was muss in Zeiten von Remote Work dabei beachtet werden?

Unter positivem Führen versteht man einen Ansatz, der auf wissenschaftlichem Fundament Lust an und Leistung in der Arbeit zusammenbringen will. Positive Leadership bedient sich positiver Psychologie, indem sich die innere Haltung und das Vorgehen einer Führungskraft an den Stärken eines Mitarbeiters orientieren. Das bedeutet, dass vorhandene Stärken eines Mitarbeiters / einer Mitarbeiterin erkannt und genutzt werden, anstatt Schwächen oder Fehler in den Vordergrund zu stellen.

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Dieser Ansatz will verstehen, wann und wie Zielvorgaben überschritten werden, was Exzellenz ermöglicht und wo respektive warum jemand freiwillig die Extrameile geht. Die Führungskraft arbeitet also sehr transformal mit seinen Teammitgliedern, um die Weiterentwicklung der Stärken zu unterstützen, woraus im Idealfall eine langfristige Leistungssteigerung resultiert. Er fungiert wie eine Art Trainer im Sport, der seinen Schützling bei der Verbesserung seiner Leistung maßgeblich unterstützt.

Wie ist Positive Leadership konkret umsetzbar?

Positive Leadership substituiert keinesfalls das Leistungsprinzip. Alle Verbesserungen werden durch klare Messgrößen dokumentiert. Eine Steigerung der individuellen Performance ist dafür notwendig, weshalb Positive Leadership nicht mit einem „Loben um jeden Preis“ zu verwechseln ist. Eine gute Führungskraft oder besser gesagt ein “Positive Leader” weiß, wie er Schwächen und Stärken einer Mitarbeiterin / eines Mitarbeiters adressieren kann, damit diese / dieser mit hoher Selbstmotivation daran arbeitet, seine Talente weiter auszubauen. Als Führungskraft ist es dabei grundsätzlich notwendig, authentisch und wertschätzend mit den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern in den Dialog zu gehen. Ähnlich einem Feedback, ist auf konkrete Verhaltensweisen des Mitarbeiters einzugehen.

Darüber hinaus ist die Wirkung oder die “Wahrgebung“, nicht zu verwechseln mit Wahrnehmung, von entscheidender Bedeutung. Denn auch eine Führungskraft sieht seine eigene individuelle Wahrheit, die keinen Anspruch auf die „für alle gültige Wahrheit“ hat. Bei rücksichtsvollem Vorgehen ist die Wahrscheinlichkeit der Akzeptanz von gewünschten Verhaltensänderungen deutlich höher, als wenn man aufgrund von subjektiver Wahrnehmung Befehle gibt und Änderungen vorschreibt. Am Ende entscheidet die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter immer selbst, ob eine gewünschte Verhaltensänderung für sie / ihn stimmig ist.

Darüber hinaus muss man seinen Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern eine gewisse Freiheit zugestehen und immer offen für Neues sein. Aktives Zuhören erfordert Akzeptanz anderer Ideen und Vorschläge, auch dann, wenn diese von den Teammitgliedern kommen und nicht aus der Chefetage. „Good leadership is less talking – more listening“, so ein Aspekt des Positive Leadership-Ansatzes.

Leadership und Remote Work

In den vergangenen zwei Jahren haben sich die Arbeitsbedingungen in vielen Branchen und Unternehmen deutlich verändert. Gerade in der Zusammenarbeit unter Remote-Bedingungen ist Führung eine besondere Herausforderung. Der Kontakt findet weniger persönlich statt, sondern digital in Form von Video-Calls. Hier fokussiert sich der Kontakt auf die Stimme und ein kleines Videofenster der Person im eigenen Laptop. Die Time-Slots der verschiedenen Meetings sind meist eng getaktet und es fehlt häufig die notwendige Zeit, um auf individuelle Themen und Persönliches einzugehen.

Der zwischenmenschliche Kontakt wird durch Team-Gespräche, die sich primär auf reine Fachthemen fokussieren, verdrängt. Obwohl die Fahrt zum Büro, zu Kunden und wieder nach Hause wegfallen, werden diese Zeiten nicht ausreichend zu individuellen Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern genutzt. Doch gerade diese persönlichen Gespräche sollten von den Führungskräften verstärkt etabliert werden, um den Kontakt und die positiven Leadership-Aspekte intensiver zu leben.

Die Vorteile von positiver Führung

Positive Leadership bietet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, die eigenen Talente weiterzuentwickeln. Man bestärkt die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter in ihrer Selbstmotivation, wodurch sie dazu bereit sind, freiwillig über ihre Grenzen hinauszugehen. Durch ein stärkeres Selbstbewusstsein werden neue Wege eingeschlagen und Fehler führen zu geringerer Verunsicherung. Für ein Unternehmen bietet sich die Chance, dass Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter ihren eigenen Beitrag für das Unternehmen deutlicher erkennen und stolz darauf sind, für das Unternehmen zu arbeiten. Der Sinn der eigenen Wertschöpfung wird geweckt und der Unternehmenserfolg wird zum Teil auch ein persönlicher.

Ein gutes Beispiel für den Erfolg von Positive Leadership ist die Hotelkette Upstalsboom von Bodo Janssen. Mit seinen 70 Hotels und Ferienwohnanlagen ist Janssen über Jahre die Transformation vom traditionellen Leader hin zum Positive Leader gelungen. Damit hat er eine Steigerung der Zufriedenheit von 80 Prozent bei über 600 Mitarbeitern erreicht. Die Krankheitsquote konnte von acht Prozent auf drei Prozent gesenkt und eine Weiterempfehlungsrate von 300.000 Gästen bis auf 98 Prozent gesteigert werden. Die Unternehmensumsätze haben sich innerhalb von drei Jahren verdoppelt und die Produktivität konnte jährlich zeitweise um 40 Prozent gesteigert werden.

An diesem Beispiel sollten sich auch andere Unternehmen orientieren. Die Corona-Pandemie hat die Unsicherheit und die Sorgen der Menschen verstärkt, weswegen ein bewusster und positiver Umgang mit seinen Mitarbeitern nochmals an Bedeutung hinzugewonnen hat. Mitgefühl, Verständnis und ein Fokus auf positive Verstärkung führen zu zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, einer höheren Produktivität, besseren Leistungen und damit einhergehend – zu einem erfolgreichen Unternehmen.

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Foto Harald Smolak

Harald Smolak arbeitet als Partner & Leiter der Solution Group Human Capital Management bei der Interim Management Beratung Atreus aus München. Sein Fokus liegt auf den Bereichen Mindful Leadership, Coaching von Top-Führungskräften, Konfliktmanagement, Organisations- und Teamentwicklung sowie Unternehmenstransformationen. Foto: Caroline Floritz

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