Personal Coaching als Bestandteil der Mitarbeiterkultur

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Die psychische Gesundheit kommt im Job oft zu kurz. Moritz Mann von Protofy erklärt, warum sein Unternehmen allen im Team kostenloses Personal Coaching anbietet.

Die Motivation, die Ideen und das Wissen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser größtes Kapital. Ohne ein starkes und engagiertes Team wird kein Unternehmen funktionieren. Deswegen ist es wichtig, eine nachhaltige und positive Mitarbeiterkultur zu etablieren. Das ist der Grundstein, um Menschen langfristig an ein Unternehmen zu binden und es zu einem Ort zu machen, an dem sie gerne arbeiten.

In der Zeit, in der wir uns als Startup etabliert hatten, war wenig Raum für Unternehmenskultur. Das wollten wir ändern. Ich beobachtete, dass es sowohl bei Startups als auch bei Agenturen eine sehr hohe Personalfluktuation gibt. Durch die Etablierung einer positiven Mitarbeiterkultur wollte ich das vermeiden. Hauptansatzpunkt für die Entwicklung eines guten Arbeitsklimas ist eine durchdachte soziale und organisatorische Struktur. Diese muss auf Freiräumen, Vertrauen und Fürsorge basieren.

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Der „mentale Teil“ einer positiven Mitarbeiterkultur kommt oft zu kurz

Freiräume können für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch flexible Arbeitszeiten, das Ermöglichen von Auszeiten, ein gutes Ideenmanagement und Weiterbildungsmöglichkeiten entstehen. Durch eine offene Kommunikationskultur und das Übertragen von Verantwortung kann Vertrauen geschaffen werden. Das ist der organisatorische Teil. Den boten viele Unternehmen in meinem Umfeld. Doch der mentale Teil fiel bei jungen Unternehmen leider oft unter den Tisch oder war noch nicht nachhaltig genug gedacht.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten ein Umfeld bekommen, in dem jede(r) die Möglichkeit hat, sich sowohl fachlich als auch persönlich weiterzuentwickeln, und Raum für die individuellen Karrierewege hat. Wir wollten dafür sorgen, dass sich die Menschen bei uns langfristig wohlfühlen und gesund sind.

Gesundheitsmanagement weiter denken

Unser Ziel war es, die Ressourcen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu nutzen, ohne sie auszubeuten. Als weiteres Ziel setzten wir uns, gesundheitsgefährdende Belastungen abzubauen. Zuerst befassten wir uns in diesem Rahmen mit dem Thema Gesundheitsmanagement, um den mentalen Teil abzudecken. Dazu gibt es im betrieblichen Gesundheitsmanagement eine Vielzahl von Maßnahmen: Angefangen bei der Unterstützung der gesunden Ernährung durch frisches Obst im Büro, über ergonomische Arbeitsplatzgestaltung bis hin zu Bewegungsangeboten. Das Thema Gesundheit gewinnt immer mehr an Bedeutung in der Arbeitswelt. Nur ein Punkt spielt immer noch eine untergeordnete Rolle: die mentale Gesundheit.

Dabei führt laut Bundesgesundheitsministerium die steigende Komplexität des Berufslebens zu einer stetigen Erhöhung des Stress-Levels. Ohne präventive Maßnahmen wird die Zahl seelischer Erkrankungen weiter steigen und Unternehmen durch die entstehenden Kosten gefährden. Lange Ausfallzeiten und eine geringere Belastbarkeit sind die Folgen. Genau da setzen wir an.

Freiwilliges Angebot mit messbaren Effekten

Bei Präventionsmaßnahmen im Rahmen seelischer Gesundheit liegt der Fokus normalerweise auf Risikogruppen wie zum Beispiel Kindern von psychisch kranken Eltern, Heimkindern und Kindern aus Kriegsgebieten. Das wollten wir ändern.

Wir hatten als Gründerteam bereits Erfahrungen mit Personal Coaching gemacht. Das war etwas, das uns alle persönlich weitergebracht hatte. Auf Grund dessen beschlossen wir, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig ein kostenloses Coaching anzubieten. Trotz anfänglicher Skepsis ließen sich schnell die Ersten aus dem Team auf eine Kennenlern-Session ein.

Wir deklarierten die Teilnahme als freiwillig, und das muss sie auch sein. Sonst funktioniert die Idee nicht. Wir bieten durch die Coaches einen geschützten und vertraulichen Raum, in dem intensiv 1:1 gearbeitet wird. Die Inhalte bestimmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Coaches frei und ohne unser Wissen. Die Themen können sowohl die persönliche Weiterentwicklung als auch Konflikte im Job oder Privates sein. Alles, was kurzfristig anliegt oder langfristige Bedeutung hat, kann besprochen werden.

Psychische Gesundheit darf kein Tabuthema sein

Die nachhaltige Ausrichtung unserer Personalführung ging auf. Es zeigen sich deutlich messbare Effekte. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen 4,6 Arbeitstage weniger pro Jahr. Die Anzahl der Fehltage liegt damit 42 Prozent unter dem deutschen Durchschnitt, wenn man sie mit den Daten des statistischen Bundesamtes vergleicht.

Besonders in Zeiten von anhaltendem Lockdown, Homeoffice und stark reduzierten sozialen Kontakten rückt das Thema seelische Gesundheit endlich weiter in den Fokus. Trotzdem werden psychische Erkrankungen in der Gesellschaft noch immer stigmatisiert. In einer repräsentativen Umfrage gaben 37 Prozent der Befragten an, psychisch Kranke stellten eine Gefahr für andere dar, fast zwei Drittel waren der Überzeugung, die Erkrankten seien unberechenbar. Die Zahlen haben sich seither kaum geändert („Bayerisches Ärzteblatt, 2018“).

Diese Einstellung muss sich ändern. Psychische Gesundheit darf nicht mehr Tabuthema sein und kein Grund für Stigmatisierung. Sie muss zu einem festen Bestandteil werden, wenn es um Inklusion geht, denn sie ist besonders wichtig, um widerstandsfähig und leistungsfähig sein zu können.
Klar ist der Einsatz von persönlichen Coachings nur eine von vielen Ansätzen, um eine nachhaltige Mitarbeiterkultur zu etablieren. Aber es ist einer, der (für uns) funktioniert und auch auf andere Unternehmen übertragbar ist.

Foto Moritz Mann

Moritz Mann ist Gründer der beiden Hamburger Unternehmen Stadtsalat und Protofy, bei dem er Geschäftsführer ist. Um dem Mittelstand zu digitalisieren, macht der Digital-Enthusiast mit Protofy die Essenz aus der Arbeitsweise erfolgreicher Start-ups nutzbar.

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