Lorenz Illing, Geschäftsführer der TAM Akademie, beschreibt detailliert, wie Führungskräfte ihre Teammitglieder remote zufrieden und leistungsfähig halten können.
Seit Beginn der Covid-19-Pandemie hat sich auch die Mitarbeiterführung um 180 Grad gedreht. Aber wie schafft man es als Führungskraft, die Teammitglieder im Homeoffice zufrieden und leistungsfähig zu behalten – oder dies sogar zu steigern?
So funktioniert Performance Leadership
Dass Arbeitsleistung und Zufriedenheit direkt zusammenhängen, ist vielfach empirisch belegt. Porter & Lawler zeigen in ihrem wissenschaftlich erprobten Zirkulationsmodell auf, dass Arbeitsleistung (Performance) aus dem Zusammenspiel von drei Faktoren resultiert:
- Level an Engagement (Effort),
- Level an Fähigkeiten (Competencies) und
- klares Rollenverständnis (Role Perception).
Quelle: Porter/Lawler
Die Leistung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist somit ein Zusammenspiel von Fähigkeiten, der eigenen Rollenwahrnehmung und den Bemühungen. Werden gute Ergebnisse produziert und somit Erfolge verzeichnet, kommen die intrinsischen oder extrinsischen Belohnungen ins Spiel. Werden hier die eigenen Erwartungen an die Belohnungen getroffen oder gar übertroffen, entsteht Zufriedenheit und somit weitere Motivation, das Engagement beizubehalten oder diese zu steigern. Das Modell beschreibt somit einen (positiven) Kreislauf von Engagement, Leistung, Belohnung und Zufriedenheit.
Für die Performance-Steuerung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es also für Führungskräfte aus wissenschaftlicher Sicht drei Stellschrauben:
- Kompetenzaufbau der Teammitglieder
- Förderung der Rollenwahrnehmung
- Verbesserung der Belohnungs- und Bonus-Systeme
Der Kompetenzaufbau
Beim Kompetenzaufbau sollen die Teammitglieder Hard- und Softskills aufbauen, die dafür sorgen, dass sie ihre Arbeit effizienter, mit weniger Fehler-Frustration und mit einem häufigen Erreichen des Flow-Zustands absolvieren können.
Auch remote lassen sich Kompetenzen und Fähigkeiten auf- und ausbauen. Für Führungskräfte liegt die Herausforderung hierbei darin, herauszufinden, welche Teammitglieder wie weiterentwickelt werden müssen, um effektiver, effizienter, zufriedener und somit motivierter ihre Aufgaben erledigen und ihrer Rolle gerecht werden zu können.
Hierfür können Kompetenz-Modelle als Orientierung herangezogen werden. Extrem umfangreich ist zum Beispiel der FYI Competencies Development Guide. Etwas übersichtlicher, weniger komplex und somit einfacher anzuwenden ist das von der TAM Akademie entwickelte Competency Grid. Auf diesem können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mithilfe von sechs Feldern selbst einschätzen und Maßnahmen überlegen, die ihnen beim Weiterkommen in ihren Entwicklungsfeldern nützlich wären.
Quelle: TAM Akademie
Außerdem hilft ein regelmäßiger Selbst-/Fremdbild-Austausch über die Kompetenzentwicklung mit dem jeweiligen Teammitglied. Dies kann auch zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschehen, indem sie sich gegenseitig ihre Entwicklungsfelder aufzeigen, sich auf Maßnahmen der Entwicklung einigen und sich dann nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums über Ihre Entwicklung, ihren Fortschritt, ihre Erkenntnisse und ihre nächsten Schritte der Entwicklung austauschen.
Je mehr sich Teammitglieder damit beschäftigen, was für Fähigkeiten und Kompetenzen sie benötigen, um ein starkes Ergebnis zu produzieren oder noch besser zu werden indem, was sie tun, desto häufiger und natürlicher kommt die Frage nach der eigenen Rolle und den Sinn der eigenen Aufgaben auf. Damit sind wir bei der Klärung der eigenen Rolle.
Die Rollenwahrnehmung
Die Motivation, die beim Ausführen einer erfüllenden Aufgabe und Rolle entsteht, ist die nachhaltigste und ökonomischste Triebkraft für Leistung überhaupt.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfüllen mehrere formelle wie auch informelle Rollen auf Unternehmens-, Team- und natürlich individueller Ebene. Die Aufgabe der Führungskraft besteht hierbei darin, diese Rollen auch remote so zu “verhandeln”, dass sie als erfüllend und sinnstiftend wahrgenommen werden.
Wie funktioniert das Fördern der Rollenwahrnehmung im remote Kontext?
Hier hilft das Modell der Job Scorecard. Diese Scorecard wird federführend von dem/der Mitarbeiter/Mitarbeiterin ausgefüllt und mit der Führungskraft zusammen diskutiert, verfeinert und verhandelt bis sich beide Parteien auf den Inhalt der Scorecard geeinigt haben. Diese Diskussion auf Augenhöhe ist elementar, damit eine Identifikation mit der Haupt-Rolle stattfinden kann. Inhalt der Scorecard sind unter anderem der Zweck der Haupt-Rolle (Purpose), die Arbeitsergebnisse (KPIs), die benötigten Kompetenzen bis hin zu der expliziten Definiton der Verantwortlichkeiten (Domains) und benötigten Ressourcen zum Erfüllen der Rolle und dem Erreichen der Arbeitsergebnisse.
Erfüllend ist eine Rolle immer dann, wenn sie samt der dazugehörigen Tätigkeiten zur eigenen Persönlichkeit beziehungsweise zu den Individualmotiven passen und darüber hinaus auch einen signifikanten Wert für das Unternehmen oder das Team darstellt. Ein Gefühl der Zugehörigkeit, Kollegialität oder explizite Dankbarkeit und Anerkennung von Teammitgliedern kann somit auch eine eher als unspannend wahrgenommene Rolle aufwerten und erfüllend machen.
Eine weitere sehr wirkungsvolle Form des Aufbaus erfüllender Rollen ist das sogenannte “Jobcrafting”. Hierbei gestalten Teammitglieder die eigene Tätigkeit (nach Möglichkeit) in Einklang mit den eigenen Stärken und der individuellen Persönlichkeitsstruktur. Um sie dabei zu unterstützen, welche Haupt- und vor allem auch Nebenrollen sie bekleiden und sie diese weiterentwickeln können, ist eine IST-Analyse hilfreich. Wie zufrieden ist der/die Mitarbeiter/Mitarbeiterin mit den einzelnen Tätigkeiten im Job? Wie viel Zeit nehmen unerfüllende und einseitige Tätigkeiten und Neben-Rollen im Arbeitsalltag ein und welche Tätigkeiten würde er/sie gerne ausbauen oder ergänzen?
Um herauszufinden, wie Teammitglieder mit ihren Rollen und Tätigkeiten aufgestellt sind, hilft ein einfaches Kuchendiagramm welches die Tätigkeiten im zeitlichen Umfang darstellt wobei die Farbe für die Beliebtheit der Rolle/Tätigkeit steht. So kann für jedes Teammitglied ein Diagramm erstellt werden, welches aufzeigt, bei wem wegen zu vieler unerfüllender Tätigkeiten eine Nachjustierung sinnvoll sein könnte.
Im Remote Kontext ist wichtig zu ergänzen, dass auch die informellen Rollen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonderen Fokus und Anerkennung erhalten sollten. Wenn jemand besonders wertvoll für das Teamgefühl ist, darf dies gern auch zwischen Teammitglied und Führungskraft explizit und anerkannt werden.
Belohnungs- und Bonus-Systeme im Remote Leadership Kontext
Beim letzten Punkt ist es für Führungskräfte am wichtigsten, zu wissen, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen, was ihnen wirklich gefällt und an welche Form der Belohnung sie sich besonders positiv erinnern.
Zwar wollen die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Gehalt – dass nach einer Gehaltserhöhung ein nachhaltiger Motivationsanstieg und ein langes positives Erinnern an diese Belohnung stattfindet, wurde bereits mehrmals widerlegt. Wenngleich ein als zu niedrig empfundenes Gehalt demotivierend wirkt, ist jedoch bekannt, dass der Motivationsschub einer Gehaltserhöhung lediglich rund zwei bis drei Monate anhält.
Effektivere Belohnungen sind hoch individuell. Sie bestehen sehr häufig aus einem sehr individuellen Mix aus einem klaren Sinn in der eigenen Arbeit, Wertschätzung, das Gefühl, gefördert und gehört zu werden, erfüllende Projekte und Tätigkeiten, ein hohes Maß an Vertrauen und Selbstbestimmung sowie das Erleben der eigenen Weiterentwicklung und Verwirklichung.
Wie finden wir diesen individuellen Motivations-Cocktail unserer Team-Mitglieder raus? Durch individuelle Gespräche, Fragen und Nachfragen, aufrichtiges Interesse und auch mal Einzellösungen ermöglichen.
Lorenz Illing ist Geschäftsführer und Cheftrainer der TAM Akademie, eine der ältesten und renommiertesten Weiterbildungsakademien Deutschlands, die sich auf die Themen Modern Leadership und New Work spezialisiert hat.