People Enablement: Produktiver arbeiten, Kräfte binden

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Was Unternehmen tun können, damit ihre Kräfte produktiver und erfüllter arbeiten, erläutern Jenny von Podewils und Kajetan von Armansperg, CEOs von Leapsome. Sie definieren vier Faktoren, auf denen People Enablement beruht.

Gerade Millennials sind schneller dazu bereit, ihren Arbeitsplatz zu wechseln als vorherige Generationen. Die zunehmende Herausforderung, die besten Talente zu halten, geht einher mit einem ohnehin verschärften Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt angesichts des Fachkräftemangels. Der Ausweg für Unternehmen aus dieser Zwickmühle? People Enablement.

Der Fachkräftemangel hat in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht: Im März 2022 fehlten in Deutschland rund 558.000 Fachkräfte, die Zahl der offenen Stellen stieg laut einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) auf über 1,5 Millionen. Doch damit nicht genug: Nachdem die Kündigungswelle Länder wie die Vereinigten Staaten, Indien oder auch China erreicht hatte, kommt die sogenannte „Great Resignation“ nun auch nach Deutschland. Das verkündete unlängst das Portal für Arbeitgeberbewertungen Kununu.

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So plante im vergangenen Jahr ein Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, den Job aufzugeben – freiwillig aus eigenem Antrieb. Gerade unter den Millennials – inzwischen die größte Gruppe auf dem Arbeitsmarkt – ist die Wechselbereitschaft besonders hoch. Als Kündigungsgrund nennen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer der weltweit größten Umfragen zu dem Thema auffällig oft das Gefühl, am Arbeitsplatz nicht “man selbst” sein zu können, von Vorgesetzten “nicht gehört” sowie vom Team “nicht ausreichend wertgeschätzt” zu werden. 32.500 Personen hatte pwc befragen lassen.

Millennials und GenZ erhöhen Anforderungen

In Amerika liegt das Phänomen schon etwas zurück: 2020 beklagten Unternehmen über 4,5 Millionen Kündigungen. Schnell machte der Begriff “Great Resignation” die Runde. Ein Terminus, der die zugrunde liegende Problematik angemessen auf den Punkt bringt: Ein Blick auf die Ursache der großen Kündigungswelle zeigt einen Generationenkonflikt, wie er im Buche steht.

Die Millennials (häufig definiert als die Gruppe der 25-34 Jährigen) und die Gen Z (18-24 Jährige) haben andere Anforderungen an ihre Arbeitgeber als vorherige Generationen. Anders als noch bei den “Baby Boomern” priorisieren sie ein erfüllendes Arbeitsleben. Viele Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer streben zugleich danach, ihre Karriere weiterzuentwickeln.

Das Gefühl, in der beruflichen und persönlichen Entwicklung zu stagnieren, ist frustrierend und darf nicht ignoriert werden: Schließlich verbringt ein/e Arbeitnehmer/in rund 80.000 Lebensstunden mit Arbeit.

Zugleich können qualifizierte Arbeitskräfte angesichts des Fachkräftemangels frei wählen, für welche Unternehmen mit welcher Vision sie ihre Zeit investieren. Unternehmen stehen daher vor der Frage, wie sie den Wünschen und Vorstellungen der Gen Z und der Millennials – der größten und stark umworbenen Gruppe am Arbeitsmarkt – gerecht werden können. Die gute Nachricht: Diese Anpassung kann zu beiderseitigem Vorteil ablaufen.

Mit Mitarbeiter/-innenbindung dem Fachkräftemangel entgegen wirken

Denn sinnvoller, als permanent nach neuen Talenten Ausschau zu halten, ist es, Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter durch People Enablement langfristig an das Unternehmen zu binden und ihnen dabei zu helfen, das nächste Level ihrer Karriere zu erreichen. Eine direkte Übersetzung von “People Enablement” in die deutsche Sprache dürfte dabei schwierig werden. Grundsätzlich geht es darum, die einzelnen Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu befähigen, produktiver und zufriedener am Arbeitsplatz zu werden und sich permanent weiterzuentwickeln.

Der Bedarf ist umso größer: Laut Gallup sind aktuell weltweit nur 15 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer motiviert. Wo können Unternehmen ansetzen, um ihre Arbeit umzugestalten?

Mit People Enablement Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer unterstützen

Vier zentrale Faktoren lassen sich definieren, auf denen People Enablement beruht:

1) Dazu gehört es, eine klare strategische Orientierung für Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu ermöglichen, beispielsweise durch die die Objectives & Key Results Methode, kurz OKRs, damit Mitarbeitende wissen, was das Unternehmen und Team erreichen soll – und wofür sie schlussendlich auch einen individuellen Beitrag leisten. OKRs sind daher die Grundlage für eine transparente Zusammenarbeit zwischen Managerinnen / Managern sowie Teammitgliedern, für Agilität und zudem ein wichtiger Motivator.

2) Die Basis für den Erfolg von OKRs ist wiederum eine konstruktive Feedback-Kultur. Feedback ermöglicht es Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Der Teammanager wird durch konstruktives Feedback nicht mehr nur als Vorgesetzter angesehen, seine Rolle wandelt sich zu der des Coaches und Sparringpartners.

Wie wichtig Feedback ist, wird ersichtlich, wenn wir uns an die Kündigungsgründe erinnern: Millennials und Gen Z wollen sich weiterentwickeln. Feedback unterstützt sie dabei – wenn es als inhaltliche Hilfe betrachtet wird, nicht als negative Kritik.

Lernen als Grundlage der Ziele

3) Um neue Ziele zu erreichen, müssen wir permanent Neues lernen. Dafür benötigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in erster Linie Neugierde und Kreativität. Die meisten von uns werden im Laufe ihres Arbeitslebens, anders als in vergangenen Jahrzehnten, mehrmals ihre Position und Branche wechseln. Erfolgreiche Führungskräfte unterstützen Angestellte dabei, sich selbst zu entwickeln, und entwickeln sich gleichzeitig auch selber weiter. Tutorials, Mentoring-Sessions, Workshops und digitale Lernmaterialien sind dafür hilfreich. Wichtig: Diese sollten nicht nur in der Theorie existieren, Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden sich auf ihren individuellen Lernpfaden weiterentwickeln – ganz oft abhängig vom konkreten Feedback und von den zu erreichenden OKR.

4) Bleibt als letzter Faktor noch das organisationale Umfeld, und die Frage, ob dieses die Leistung, die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden fördert oder hemmt. Für Führungskräfte ist es hilfreich, das Engagement-Level ihrer Mitarbeitenden zu verstehen. Damit können Faktoren identifiziert werden, die sich auf das Leistungsniveau und die Mitarbeiterfluktuation auswirken. Um den Puls der Unternehmenskultur zu messen und Engagement zu fördern, eignen sich beispielsweise regelmäßige Umfragen unter Mitarbeitenden. Die Erkenntnisse und Empfehlungen auf Basis der Daten aus diesen Umfragen bilden einen weiteren Grundstein, um Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten.

Die große Kunst an “People Enablement”: Alle skizzierten Prozesse laufen nicht parallel zueinander ab. Ein Rädchen greift in ein anderes. Feedback beruht beispielsweise auf gesetzten OKRs und Empfehlungen, sich weiterzuentwickeln, auf verfügbaren Lerninhalten. Engagement bedeutet wiederum, dass ein Unternehmen seine Mitarbeitenden versteht und OKRs und Lernpfade entsprechend anpasst. Erst ein holistischer Prozess garantiert, dass Mitarbeitende produktiver und zufriedener sind.

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Foto Jenny von Podewils

Jenny von Podewils ist Co-Gründerin und Co-CEO der People Enablement Plattform Leapsome. Sie ist eine Alumna der Universitäten St. Gallen und Oxford sowie der Singularity University, und arbeitete zuvor bei dem Technologie-Unternehmen Younicos AG in dem Bereich Business Development & Sales sowie war bei dem Zeitverlag Gerd Bucerius als Referentin der Geschäftsführung tätig. Foto: ©Linus Petit

Foto Kajetan von Armansperg

Kajetan von Armansperg ist Mitgründer und Co-CEO von Leapsome. Vor der Leapsome-Gründung agierte er bei dem Scale Up Zencap als Co-Funding CPO und verantwortete den Bereich VP Product. Außerdem entwickelte und launchte er die App Alive zur Verfolgung persönlicher langfristiger Ziele. Foto: ©Linus Petit

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