Sachgrundlose Befristungen werden begrenzt, Kettenbefristungen erschwert. Rechtsanwältin Rebekka De Conno erklärt, was HR jetzt beachten muss.
Das „Gesetz zur Änderung des allgemeinen Befristungsrechts“ verschärft den Umgang mit Befristungen. Im Kern geht es unter anderem darum, dass sachgrundlose Befristungen nur noch 18 Monate statt zwei Jahre andauern dürfen. Auch Kettenbefristungen werden erschwert.
Mitte April hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen ersten Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Änderung des allgemeinen Befristungsrechts“ vorgelegt. Der Hintergrund: „Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Befristung von Arbeitsverträgen ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes und sogenannte Befristungsketten, die durch eine Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge entstehen, zu begrenzen. In Zeiten des strukturellen Wandels ist es ein wichtiges Anliegen, die Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt so zu gestalten, dass die Menschen mit Zuversicht in ihre Zukunft blicken können. Insbesondere jungen Menschen sollen Perspektiven und mehr Planbarkeit für ihr berufliches und privates Leben ermöglicht werden.“
Viele neue Regelungen beachten
Wird das Gesetz in dieser oder einer weitgehend ähnlichen Form verabschiedet, wird es das Befristungsrecht für die Praxis grundlegend verändern. Im Kern geht es darum, dass sachgrundlose Befristungen nur noch 18 Monate statt zwei Jahre andauern dürfen. Bis zu dieser Gesamtdauer solle die Befristung künftig nur noch einmal statt dreimal verlängert werden können. Sachgrundlose Befristungen sollen zudem auf Neueinstellungen begrenzt bleiben. Ebenso soll der Anteil solch befristeter Arbeitsverhältnisse bei Unternehmen mit in der Regel mehr als 75 Beschäftigten auf 2,5 Prozent der Belegschaft begrenzt werden. Wird die Prozentzahl überschritten, gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen. Befristete Arbeitsverträge mit Sachgrund bei demselben Arbeitgeber sollen gesetzlich auf eine Höchstdauer von fünf Jahren begrenzt werden. Dabei sollen auch vorherige Zeiten in Leiharbeit für ein Unternehmen auf diese Zeit angerechnet werden, wenn zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen beziehungsweise Überlassungen jeweils nicht mehr als drei Jahre liegen.
Weitere Beschränkungen für Kettenbefristungen
Auf diese Weise werden Kettenbefristungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) weiter beschränkt – wobei der Umgang damit bereits lange viel Fingerspitzengefühl erfordert. Schon jetzt gilt: Wenn Arbeitgeber befristete Arbeitsverträge rechtsmissbräuchlich mehrfach verlängern, wird der betroffene Arbeitnehmer trotz Vorliegen eines Sachgrundes für die Befristung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erstreiten können. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 2018 die Arbeitsgerichte ermahnt hatte, ihre Rechtsprechung anzupassen, hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2019 zeitliche Unterbrechungen zwischen zwei sachgrundlos abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträgen wegen des Vorbeschäftigungsverbots für grundsätzlich unzulässig erachtet, aber gewisse Spielräume gelassen. Ausnahmen sind seither möglich, wenn keine Gefahr einer Kettenbefristung beim selben Arbeitgeber besteht, eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt oder die Vorbeschäftigung nur von kurzer Dauer war. Nach den Neuregelungen im Gesetzesentwurf ist nach Ablauf von drei Jahren die Befristung eines Arbeitsvertrages mit Vorliegen eines sachlichen Grundes wieder zulässig.
Maximalquote kann Unternehmen vor große Schwierigkeiten stellen
Das stellt Unternehmen vor weitreichende Herausforderungen. Sie sollten sich frühzeitig auf eine verschärfte Gesetzgebung einstellen und ihre arbeitsrechtlichen Strukturen genau überprüfen. Jeder Arbeitsvertrag sollte individuell hinsichtlich der Befristungsregelungen geprüft werden. Gerade auch die Maximalquote bei Überschreiten der neuen Schwelle kann Unternehmen vor große Schwierigkeiten stellen. Beispielsweise durch saisonale Unterschiede bei den Beschäftigungszahlen müssen Schwankungen hinsichtlich der relevanten Grenzwerte dauerhaft im Blick gehalten werden.
Auch ist es wichtig, bei der Begründung der Befristung keine Fehler zu begehen. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 TzBfG („Zulässigkeit der Befristung“) insbesondere vor, wenn
- der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
- die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
- der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
- die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
- die Befristung zur Erprobung erfolgt,
- in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
- der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
- die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
Achtung: In der schriftlichen Vereinbarung der Befristung ist anzugeben, auf welchen Absatz sich diese bezieht! Mithin ist erstmals ein Zitiergebot eingeführt worden, sodass aus dem Arbeitsvertrag selbst ersichtlich wird, ob eine sachgrundlose oder eine Befristung mit Sachgrund vorliegt.
Einige Ausnahmen bei der Befristung
Erleichterungen sind weiterhin unter anderem bei Unternehmensgründern und älteren Arbeitnehmern geplant. Bei neu gegründeten Unternehmen darf in den ersten vier Jahren nach der Gründung ein Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund für die Dauer von bis zu vier Jahren befristet werden. Voraussetzung ist auch hier, dass es sich um eine Neueinstellung handelt. Mit einem älteren Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr darf für die Dauer von bis zu fünf Jahren ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund abgeschlossen werden – insoweit die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 3 TzBfG erfüllt sind.
Diese besagen: „Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.“
Daher kann für Unternehmen über alle Branchen und Größen hinweg deutlicher Beratungsbedarf entstehen. HR-Abteilungen müssen mit Befristungen zukünftig wesentlich restriktiver umgehen.
Rebekka De Conno, LL.M., Fachanwältin für Arbeitsrecht, ist angestellte Rechtsanwältin der multidisziplinären Kanzlei WWS-Gruppe mit Standorten in Mönchengladbach, Aachen und Nettetal am Niederrhein. Die WWS-Gruppe berät Unternehmer und Unternehmen bei sämtlichen relevanten Fragenstellungen aus Steuerrecht und Wirtschaftsprüfung und erbringen hochwertige Rechtsdienstleistungen für Unternehmen und Private Clients. Weitere Informationen unter www.wws-gruppe.de