Traditionelle Schulungskonzepte stoßen an ihre Grenzen – sie sind teuer, unflexibel und ineffizient. Künstliche Intelligenz bietet einen zukunftsweisenden Ansatz für personalisiertes Lernen und flexibles Upskilling. Jelena Chizhik, Senior Manager & Tribe Lead Change and Transformation bei rpc, zeigt unter anderem anhand konkreter Beispiele, wie KI-gestütztes Lernen HR-Abteilungen zu Treibern einer dynamischen Lernkultur macht und erläutert, wie Unternehmen diese Technologie erfolgreich in ihre Lernstrategien integrieren können.
Die Arbeitswelt verändert sich schneller, als viele Unternehmen darauf reagieren können. Während sich Märkte, Technologien und Geschäftsmodelle im Rekordtempo wandeln, bleiben viele Weiterbildungsstrategien statisch und damit ineffizient. Standardisierte Schulungen sind oft wirkungslos, universelle E-Learning-Kurse werden selten abgeschlossen und mittendrin stehen Mitarbeitende, die dringend neue Fähigkeiten benötigen, aber keine Zeit haben, sich in starre Programme zu zwängen.
Was, wenn Weiterbildung genauso dynamisch wäre wie der Markt selbst? KI-gestütztes Lernen macht genau das möglich: Es eröffnet neue Wege für flexibles Upskilling, nachhaltige Kompetenzentwicklung und eine messbare Leistungssteigerung auf allen Ebenen.
HR als Enabler: Warum klassische Weiterbildung nicht mehr ausreicht

Unternehmen stehen unter Druck, ihre Weiterbildungsstrategien zu modernisieren: Laut einer McKinsey Studie erwarten 87 Prozent der Firmen in den kommenden Jahren erhebliche Qualifikationslücken. Gleichzeitig geben 60 Prozent der Mitarbeitenden an, keine Zeit für Weiterbildung zu haben, so der LinkedIn Workplace Learning Report 2023. Und das mit gravierenden Folgen, denn Skill Gaps können für Organisationen zu einem verdeckten Produktivitätsverlust von bis zu 25 Prozent und einer Reduzierung der Innovationskraft um 52 Prozent führen.
Doch klassische Schulungskonzepte sind teuer, schwer skalierbar und häufig ineffektiv. Unternehmen brauchen neue Strategien und genau hier setzt KI an, denn sie birgt großes Potenzial, indem sie individuelle Lernprozesse adaptiv gestaltet. Statt statischer Kursinhalte analysiert sie in Echtzeit das Wissen, die Fortschritte und die Lernpräferenzen der NutzerInnen. Basierend auf diesen Daten passen sie den Schwierigkeitsgrad, die Inhalte und sogar die Lehrmethoden dynamisch an.
So ermöglicht die Technologie nicht nur eine höhere Lernmotivation, sondern auch nachhaltigere Wissensvermittlung – genau abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen. Durch KI-gestütztes Lernen wird die HR-Abteilung zum Enabler einer datengetriebenen, zukunftsfähigen Lernkultur.
Wie funktioniert KI-gestütztes Lernen?

Ähnlich einem Flugsimulator ermöglicht KI-gestütztes Lernen realitätsnahe Kommunikationsszenarien, von Mitarbeitergesprächen über Verhandlungen bis hin zum Onboarding. Interaktive Avatare mit verschiedenen Persönlichkeiten, Akzenten und Dialekten helfen, Kommunikationsfähigkeiten gezielt zu trainieren.
Doch es geht um mehr als Körpersprache und Tonfall: Der KI-Coach analysiert nicht nur Mimik, Gestik und Sprachmuster, sondern auch den inhaltlichen Aufbau der Kommunikation. Er gibt gezieltes Feedback zur Argumentation, schlägt alternative Formulierungen vor und hilft dabei, komplexe Sachverhalte wie etwa Zahlen, Daten und andere kritische Inhalte klar und überzeugend zu vermitteln.
So können Führungskräfte etwa trainieren, wie sie Geschäftskennzahlen verständlich präsentieren oder schwierige Feedbackgespräche strukturieren. Die Trainingseinheiten dauern meist 10 bis 15 Minuten, sind flexibel wiederholbar und dank vollständiger Anonymisierung DSGVO-konform.
Warum personalisierte Lernpfade so wirkungsvoll sind

Nicht alle Mitarbeitenden lernen gleich: Personalisierte Lernpfade passen Inhalte dynamisch an Wissensstand, Tempo und Entwicklungsziele an. So lernt jeder genau das, was wirklich gebraucht wird zum richtigen Zeitpunkt, in der passenden Tiefe und im individuell optimalen Format.
Der Effekt ist messbar: Eine Studie der UniDistance Suisse zeigte, dass Studierende, die aktiv mit einem interaktiven KI-Tutor arbeiteten, ihre Leistungen um bis zu 15 Prozentpunkte verbessern konnten, verglichen mit einer Kontrollgruppe ohne KI-Unterstützung. Besonders wirksam erwies sich die Kombination aus personalisiertem Lernen, gezielten Wiederholungen und dynamischer Anpassung an das individuelle Wissen der Teilnehmenden.
Was im akademischen Umfeld funktioniert, lässt sich auch in Unternehmen mit großem Erfolg anwenden. Gerade in dynamischen, wachstumsstarken Bereichen, in denen Wissen schnell vermittelt und angewendet werden muss, zeigt sich das Potenzial KI-gestützter Lernmethoden besonders deutlich.
Ein praktisches Beispiel: Ein Unternehmen muss 1.000 Vertriebsmitarbeitende für einen globalen Produktlaunch in kürzester Zeit schulen. Statt schwer skalierbarer Präsenztrainings simuliert ein KI-Coach realistische Verkaufsgespräche, passt die Schwierigkeit individuell an das Lernniveau an und gibt sofortiges, personalisiertes Feedback. Das Ergebnis: Schnellere Einarbeitung, praxisnahe Anwendung und eine höhere Abschlussquoten.
Personalisierte Lernpfade machen Weiterbildung effizienter, relevanter und direkt anwendbar und schaffen eine direkte Verbindung zwischen Theorie und Praxis.
Die Rolle von KI für lebenslanges Lernen und gezieltes Upskilling

Lernen ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein kontinuierlicher Prozess. KI-gestütztes Lernen kann diesen unterstützen, indem es die Lernenden begleitet und Lerninhalte dynamisch an Karriereziele, Entwicklungsschritte und aktuelle Herausforderungen anpasst.
Das zeigt sich unter anderem auch in der Führungskräfteentwicklung: Statt punktuelle Seminare zu besuchen, trainieren ManagerInnen in KI-gestützten Simulationen herausfordernde Gesprächssituationen – etwa Konfliktgespräche oder Feedbackgespräche mit Mitarbeitenden. Virtuelle Avatare mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Reaktionsmustern reagieren in Echtzeit auf verbale und nonverbale Signale, wodurch Führungskräfte ihre Kommunikationsstrategien praxisnah testen und verfeinern können.
Der KI-Trainer analysiert Sprache, Tonfall und Körpersprache, gibt sofortiges, personalisiertes Feedback und schlägt alternative Gesprächsstrategien vor. So lernen Führungskräfte nicht nur theoretische Konzepte, sondern wenden diese direkt an – mit messbaren Verbesserungen in ihrer Kommunikations- und Entscheidungskompetenz. Dieser adaptive Ansatz macht Lernen nicht nur praxisnah und messbar, sondern integriert es als kontinuierlichen Bestandteil des Berufsalltags.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
KI-gestütztes Lernen entfaltet seinen Nutzen nur, wenn HR gezielt KI-gestützte Lernstrategien steuert und in die Unternehmenskultur integriert. Vier konkrete Schritte helfen dabei:
1. Lernkultur verankern:
Weiterbildung muss strategisch priorisiert werden. Unternehmen mit einer starken Lernkultur sind innovativer, deshalb sollten Führungskräfte Lernen aktiv fördern, nicht nur verwalten.
2. Führungskräfte als LernbotschafterInnen:
Mitarbeitende folgen Vorbildern, nicht Prozessen. Wenn Führungskräfte Weiterbildung ernst nehmen und selbst daran teilnehmen, steigt die Akzeptanz im gesamten Unternehmen.
3. Akzeptanz durch klare Kommunikation:
Skepsis gegenüber KI-Training entsteht oft durch fehlende Transparenz. HR muss aufzeigen, wie personalisiertes Lernen individuelle Karrierewege unterstützt – als Chance, nicht als Pflicht.
4. Mit Pilotprojekten starten:
Nicht abwarten, sondern testen: Kleine, gezielte KI-Trainingsprogramme helfen, Akzeptanz aufzubauen und Formate iterativ zu optimieren.
KI als Schlüssel für eine zukunftsorientierte Lernstrategie
Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden gezielt weiterentwickeln wollen, müssen das Thema Lernen genauso flexibel gestalten wie die Märkte, in denen sie agieren. KI-gestütztes Lernen macht Upskilling effizienter, individueller und nahtlos in den Arbeitsalltag integrierbar.
Für HR bedeutet das einen Paradigmenwechsel: Weg von der reinen Verwaltung, hin zur strategischen Gestaltung einer modernen Lernkultur. Wer KI-gestützte Weiterbildung als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie etabliert, steigert nicht nur die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch die Performance der gesamten Organisation – mit messbaren Erfolgen auf allen Ebenen.
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Jelena Chizhik ist Senior Manager & Tribe Lead Change and Transformation bei rpc – The Retail Performance Company. Sie verfügt über mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung im Change Management und bringt umfassende Expertise im Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Personalauswahl, im Coaching und Training mit.