In einer von Wettbewerb geprägten Gesellschaft streben wir alle nach Erfolg. Harald Smolak, Leiter People Management bei Atreus, beschreibt, wie Sie Ihre Karriere erfolgreich gestalten und gleichzeitig Stress reduzieren können.
Bereits in jungen Jahren werden Kinder in einen Wettbewerb mit Geschwistern und Schulkameraden verwickelt. Dieser Wettbewerb setzt sich fort während des Studiums und sogar bis hin zu Führungspositionen im Berufsleben, wo jeder von uns mit Kollegen konkurriert. Der ständige Vergleich mit anderen führt oft zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit und kann zu erheblichem Stress führen, der sich negativ auf unser Verhalten und unsere Gesundheit auswirken kann.
In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie wir erfolgreich mit Stress am Arbeitsplatz umgehen können und welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden können, um diesem Stress entgegenzuwirken? Es ist wichtig, die spezifischen Ursachen für Stress im Arbeitskontext zu identifizieren und zu verstehen, wie Führungskräfte dazu beitragen können, einen gesunden Arbeitsplatz zu fördern. Zudem ist es entscheidend, dass Unternehmen eine ausgewogene Balance zwischen Förderung und Anforderungen für ihre Mitarbeiter schaffen.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen, negative Stressfaktoren zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern. Im Rahmen dieses Diskurses werden einige Überlegungen präsentiert, um erfolgreich den eigenen beruflichen Weg zu gestalten und dabei einen gesunden Umgang mit Stress zu fördern.
Darüber hinaus wird auf die Bedeutung der Leistungsgesellschaft und die Motivation zur kontinuierlichen Leistungssteigerung eingegangen. Es wird untersucht, warum einige Persönlichkeiten besser mit Stress umgehen können als andere und wie Regeneration ein entscheidender Faktor für eine langfristige Leistungssteigerung ist.
Gesund mit Belastungen umzugehen hat viele Facetten
Grundsätzlich muss jeder für sich selbst definieren, was Karriere für ihn bedeutet. Eine sehr gute Übung dafür wäre beispielsweise aufzuschreiben und zu reflektieren, wofür man Karriere machen möchte, welche Motivation hinter diesem Bedürfnis steckt und welche Sehnsucht sichtbar wird. Häufig geht es um Anerkennung von anderen aus dem Familienkreis, von Kollegen, Freunden oder dem Lebenspartner.
Sich selbst zu hinterfragen, wofür man steht, was einen ausmacht und welchen Titel man seinem Bild, seiner Persönlichkeit und seinem Ich gibt, ist wichtig. Wenn man diese Fragen in einem Interview stellt, wird es oft still, da Bewerber ins Nachdenken und Suchen geraten. Warum dies so schwer zu beantworten ist, liegt oft daran, dass man darüber zu wenig nachgedacht hat. Ähnlich verhält es sich mit der Frage, wofür man Karriere macht und wann Stress ungesund für den Körper wird, und wie man sich davor besser schützen kann.
Stress reduzieren – einige Ideen
Wenn Stress als Belastung für Körper und Geist empfunden wird, muss man sich dieser Erscheinung bewusst werden. Werden die Signale des Körpers ignoriert oder verdrängt, verändert sich die Gesundheit und Persönlichkeit. Zu hohe Belastungen ohne Regeneration führen zu körperlichen Verletzungen für Körper und Geist. Achtsamkeit gegenüber anderen ist wichtig in der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Kollegen und wird ebenso gegenüber sich selbst, besonders in dauerhaften Stresssituationen, erforderlich.
So erklärte kürzlich der erfolgsverwöhnte Fußballtrainer des FC Liverpool, Jürgen Klopp, dass er sich nach vielen Jahren des starken Leistungsdrucks eine längere Auszeit gegen Ende der Fußballsaison verordnet hat. Er begründete seine Entscheidung mit seinen körperlichen Empfindungen, die er als Trainer auf Champions-League-Niveau schon länger spürt. Dazu gehört Mut, Selbstreflexion und Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und dieser offenen Kommunikation nach außen.
Gerade im Spitzensport werden Sportler durch Coaches und Mentaltrainer unterstützt, damit sie trotz höchster Trainingsbelastung und Wettkämpfen erfolgreich bleiben. Manager haben nicht immer jemanden als Sparringspartner, der ihnen hilft, sich wahrzunehmen, zu reflektieren und sie für eine Ausgewogenheit in Spannung und Entspannung zu unterstützen. Hier fehlt meist der Mut, sich einer Person zu stellen.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, mit Stress umzugehen, jedoch soll die Methodik zur Persönlichkeit passen. Alle Ideen dazu aufzuzeigen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Persönlichkeiten sind unterschiedlich, was die Empfindung von Stress und die Resilienz gegenüber dauerhaftem Leistungsdruck betrifft. Es gibt daher keinen goldenen Standard, wie Sie Stress reduzieren können. Man muss die Möglichkeiten entdecken, die zu einem passen.
Achtsamkeit kommt eine hohe Bedeutung zu
Das Schlüsselwort für Stressbewältigung im Kontext Karriere ist Achtsamkeit. Denn wir entscheiden selbst über unser Wohlbefinden. Es ist die Art und Weise, wie jeder einzelne mit stressempfundenen Geschehnissen im Arbeitskontext umgeht. So erfordern Stress und seine Folgen einen individuellen, bewussten und aktiven Umgang mit Belastungssituationen. Es geht um die innere Haltung und individuell passende Techniken, die Menschen in der Konfrontation zwischen Wohlbefinden und der Erfüllung von Erwartungshaltungen in einer gesunden Balance unterstützen.
Wer dauerhaft in der Arbeitswelt erfolgreich bestehen möchte, braucht die Fähigkeiten im Umgang mit sich selbst mehr denn je. Je weiter man auf der Karriereleiter aufsteigt, umso größer werden die Erwartungen. Das bedeutet den Aufbau von Kompetenzen wie Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Lernfähigkeit, Eigenständigkeit, Führung sowie den Umgang mit Zeitdruck. Nicht alle diese Attribute sind gegeben und sie müssen sich entwickeln.
Gutes Selbstmanagement hilft, sich auf die immer schnelleren Veränderungen von Prozessen, Marktentwicklungen, Projektkomplexitäten und Teams einzulassen. Seminare wie Selbstorganisation, Zeitmanagement und Stressmanagement können helfen, verändern jedoch nicht eine steigende Arbeitsbelastung. Die Verführung ist groß, im Flow der erweiterten Aufgaben mit steigenden Anforderungen das Limit der persönlichen Ressourcen nicht ausreichend wahrzunehmen.
Kompensationsmittel durch die Einnahme diverser Substanzen zur Leistungs- und Konzentrationssteigerung erzeugen langfristig zusätzliche gesundheitliche Probleme. Belastungsgrenzen sind durch Achtsamkeit nur selbst zu erkennen, da keiner das Maß kennt, bei dem das Fass voll ist. Das Modewort Burnout, eine extreme Schwächung des gesamten Organismus, ist eine klassische Folge mit unterschiedlichen Regenerationserfolgen. Meist finden Geschädigte erst in dieser Phase den Zugang zu Therapeuten, die mit den Klienten Themen wie Sinnhaftigkeit, Selbsterfahrung, Lebensziele und Schwerpunkte im Leben herausarbeiten.
Hier sollte man jedes Thema einander gegenüberstellen und sich dabei die Frage stellen, welchen Preis man zu zahlen bereit ist. Was gibt man auf und was gewinnt man stattdessen? Also die Suche der Schnittmenge aus expliziten Zielen, Kopfentscheidungen mit impliziten Motiven sowie den Bauchentscheidungen.
Unvorhersehbare Ereignisse akzeptieren
In der Bewusstseinsschärfung der eigenen Persönlichkeit zwischen Zielen und Bedürfnissen entsteht Selbstführung. Dabei ist es entscheidend, die eigenen Ressourcen nach selbst gewählten Kriterien, Werten und Zielen bewusst einzusetzen. Sich selbst als die eigene Instanz für das, was man tut, wahrzunehmen, ist leicht gesagt, aber dazu braucht es Kompetenz. Ein Training in Achtsamkeit ist der erste Schritt, der von der Erkenntnis und Sinnhaftigkeit durch regelmäßiges Üben zu einer Kompetenz reifen muss. Sich selbst zu führen und positiv mit Stress umzugehen, erfordert den Glauben an sich und die eigenen Fähigkeiten.
Darüber hinaus erfordert es die Akzeptanz von unvorhersehbaren Ereignissen, die nicht kalkulierbar und planbar sind, und die Fähigkeit, Dinge zu akzeptieren, die nicht zu ändern sind. Eine gesunde, ruhige Atmung durch die Nase über das Zwerchfell vermeidet dabei eine sogenannte Überatmung oder Hyperventilation. Distanzierung im Beteiligtsein, also Dinge nicht immer persönlich zu nehmen, sind die Basis einer resilienten Persönlichkeit. Damit wären wir bei der Selbstfürsorge, der Wahrnehmung der momentanen Stimmung und dem Versuch, sich immer wieder in Balance zu bringen. Prioritäten richtig zu setzen, damit die Workload nachhaltig geleistet werden kann, ist wichtig. Stress zu managen, erfordert Beziehungen, zu sich selbst und zu anderen, und zahlt auf die seelische Gesundheit und das Gelingen im Arbeitskontext ein.
Balance zwischen Wohlbefinden und Anforderungen
Wer als erfolgsverwöhnter Angestellter ohne große Schwierigkeiten die Karriereleiter bisher gemeistert hat und bei zukünftigen Verantwortungen Niederlagen erlebt, kann nur schwer mit dieser neuen Situation umgehen. Frustrationstoleranz ist nicht automatisch gegeben und muss erlernt werden. Diese Kompetenz ist gerade in Zeiten großer Unsicherheiten wichtiger denn je, um sicher im Umgang mit Unsicherheit zu werden, sie auszuhalten und dabei ruhig, konzentriert und gelassen zu bleiben. Eine Persönlichkeit, die positive und negative Aspekte gleichermaßen als Koexistenz akzeptieren kann, braucht diese Ambiguitätstoleranz.
Die effektive Bewältigung von Stress am Arbeitsplatz erfordert ein hohes Maß an Achtsamkeit und Selbstführung. Indem man sein Bewusstsein schärft, wie man mit stressempfundenen Situationen umgeht und entsprechende Techniken zur Stressbewältigung entwickelt, kann man eine gesunde Balance zwischen persönlichem Wohlbefinden und beruflichen Anforderungen erreichen. Diese Fähigkeiten sind unerlässlich, um langfristig in der Arbeitswelt erfolgreich zu sein und gleichzeitig die eigene Gesundheit und Zufriedenheit zu erhalten.
Lesen Sie auch die folgenden Beiträge:
- Achtsam gegen die Erschöpfung in Zeiten permanenter Veränderung
- Druck lass nach: Wie Sie Stress im Team verringern
- Wohlbefinden am Arbeitsplatz fördern – Mitarbeiterbindung stärken
Harald Smolak arbeitet als Partner & Leiter der Solution Group Human Capital Management bei der Interim Management Beratung Atreus aus München. Sein Fokus liegt auf den Bereichen Mindful Leadership, Coaching von Top-Führungskräften, Konfliktmanagement, Organisations- und Teamentwicklung sowie Unternehmenstransformationen. Foto: Caroline Floritz