Der Trend zeigt deutschlandweit einen deutlichen Rückgang an Studentenjobs, der weit über die allgemeine Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hinausgeht.
Im Wintersemester 2020 stehen viele Studierende vor großen Herausforderungen. Nicht genug damit, dass der normale Hochschulbetrieb durch Corona-Maßnahmen nur eingeschränkt stattfinden kann, auch die Finanzierung des eigenen Studiums ist durch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt schwierig geworden. Zu allem Überfluss ist auch noch der Corona-Nothilfefonds für Studierende ausgelaufen.
Eine Analyse des Indeed Hiring Labs, in der die 14 bevölkerungsreichsten deutschen Städte betrachtet wurden, zeigt nun: In einigen wenigen Städten können Studierende guter Hoffnung sein, einen Nebenjob zu finden. Der allgemeine Trend hingegen zeigt deutschlandweit einen deutlichen Rückgang an Studentenjobs, der weit über die allgemeine Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hinausgeht.
Verhältnismäßig gute Aussichten in Nürnberg, Leipzig und Köln
In welchen Städten haben Studierende gute Chancen auf einen Nebenjob? In Nürnberg (-24 Prozent) und Leipzig (-26 Prozent) ist nur ein vergleichsweiser kleiner Teil der Stellenausschreibungen der Corona-Krise zum Opfer gefallen. In der sächsischen Metropole bewegt sich die Studentenjob-Entwicklung damit in etwa auf dem Niveau aller Stellenausschreibungen (-26 Prozent). Damit stellt die Stadt eine Ausnahme dar.
Köln auf dem dritten Platz liegt bereits 37 Prozent hinter der Entwicklung von 2019 zurück. Im rheinischen Konkurrenzkampf kann sich die Domstadt allerdings noch vor Düsseldorf platzieren, das auf dem vierten Platz ein Minus von 39 Prozent zu verzeichnen hat. Die großen Wirtschaftsmetropolen Hamburg (-56 Prozent) und Frankfurt am Main (-57 Prozent) liefern sich ein enges Rennen um den letzten Platz in dieser Rangliste. In beiden Städten liegt der Trend mehr als 50 Prozent unter dem des Vorjahres.
Das ist das Ranking der 14 bevölkerungsreichsten Städte:
- Nürnberg (Studentenjobs: -24 Prozent, Alle Jobs: -13 Prozent)
- Leipzig (-26, -19 Prozent)
- Köln (-37, -26 Prozent)
- Düsseldorf (-39, -31 Prozent)
- Hannover (-41, -23 Prozent)
- Essen (-46, -29 Prozent)
- Dortmund (-46, -28 Prozent)
- Berlin (-48, -29 Prozent)
- München (-50, -29 Prozent)
- Dresden (-51, -23 Prozent)
- Stuttgart (-52, -22 Prozent)
- Bremen (-53, -17 Prozent)
- Hamburg (-56, -34 Prozent)
- Frankfurt/Main (-57, -35 Prozent)
Quelle/Methodik: Prozentuale Veränderung der Stellenausschreibungen auf Indeed 2020 vs. 2019, gleitender Durchschnitt (7 Tage), indexiert zum 1. Februar 2020, Daten bis 30. September 2020
Angebot an Studentenjobs deutschlandweit halbiert
Wie prekär die Lage für Studierende auf Jobsuche ist, zeigt der deutschlandweite Vergleich mit der Entwicklung von sämtlichen Stellenanzeigen. Während bei allen Jobs eine Lücke von 21 Prozent zum Vergleichswert aus dem Vorjahr zu verzeichnen ist, ging die Entwicklung bei Stellenanzeigen, die sich speziell an Studierende richten, Anfang September um satte 51 Prozent zurück, wenn man den Vergleich zu 2019 zieht.
Dieser Tiefpunkt fiel ausgerechnet in den Zeitraum vor Semesterbeginn, in dem in der Regel ein Großteil der Studierenden nach einem neuen Nebenjob zur Finanzierung des Studiums sucht. Dies wird auch dadurch belegt, dass zu diesem Zeitpunkt besonders viele Suchanfragen nach Studentenjobs bei Indeed getätigt wurden. Die Suchanfragen sind über die letzten Monate stetig angestiegen und erreichen aktuell Spitzenwerte. Die Suche nach Studentenjobs liegt aktuell deutlich (+47 Prozent) über der Entwicklung des Vorjahres. Damit stehen Angebot, in Form von neuen Stellenausschreibungen für Studierende, und Nachfrage, in Form von Suchanfragen, derzeit in einem besonders ungünstigen Verhältnis.
“Auf Studierende wird in Krisenzeiten als erstes verzichtet, um zunächst die Stammbelegschaft sichern zu können. Wenn die Corona-Krise überwunden wird, kann das aber auch eine große Chance für Studierende bieten: Sie werden als günstige und flexible Arbeitskräfte gesehen und können Positionen besetzen, die Unternehmen (noch) nicht als befristete oder gar unbefristete Stellen ausschreiben möchten”, ordnet Annina Hering, Ökonomin im Indeed Hiring Lab, die Zahlen ein.
Studierende suchen fast dreimal häufiger nach Homeoffice-Jobs
Studierende haben offenbar auch bereits auf die herausfordernde Situation auf dem Arbeitsmarkt reagiert. Während nur 0,6 Prozent aller Suchanfragen auf Indeed in den letzten zwölf Monaten in Verbindung mit dem Begriff “Homeoffice” erfolgten, beläuft sich dieser Wert bei Studentenjobs auf fast 1,9 Prozent. Damit suchen Anwärterinnen und Anwärter für Studentenjobs fast dreimal häufiger nach Tätigkeiten, die sich in Heimarbeit erledigen lassen.
Annina Hering erläutert: “ Die Arbeit im Homeoffice erschließt auch neue Möglichkeiten. Wenn sich am eigenen Wohnort kein geeigneter Nebenjob finden lässt, können Studierende immer noch überregional nach Tätigkeiten suchen, die sich in Heimarbeit erledigen lassen.”
Tipps für Studierende auf Jobsuche
- Wer flexibel bleibt und auch einmal einen Blick über den Tellerrand wagt, hat größere Chancen, einen Job zu finden.
- Das kann bedeuten, offen für andere Branchen oder Rollen als die eigentlich gewünschte zu sein. Vergleichsweise viele neue Stellenangebote werden gerade in diesen Branchen ausgeschrieben:
- Erziehung und Bildung (+84 Prozent seit Ende Mai)
- Liefer- und Paketdienste (+75 Prozent seit Ende Mai)
- Einzelhandel (+68 Prozent seit Ende Mai)
- Lagerlogistik (+56 Prozent seit Ende Mai)
- Gute Nachrichten gibt es auch aus der Gastronomie: Hier zeigte sich seit einigen Monaten wieder eine positive Entwicklung (+74 Prozent seit Ende Mai)
Es gibt also definitiv Bereiche, in denen aktuell nach Hilfskräften gesucht wird. Es lohnt sich, den Fokus auf diese Bereiche zu richten. Darüber hinaus ist eine lohnende Alternative, über die Stadtgrenzen hinaus oder sogar nach reinen Homeoffice-Studentenjobs zu suchen. Da spielt der Wohnort keine Rolle.
Methodik
Um die aktuellen Covid-19-Entwicklungen auf den Arbeitsmarkt zu untersuchen, wurden die Entwicklungen der Online-Stellenanzeigen auf Indeed seit Anfang Februar mit den Entwicklungen des letzten Jahres im gleichen Zeitraum verglichen. Für jeden Tag wird ein gleitender Durchschnitt über 7 Tage berechnet. Dabei dient der 01. Februar als Basiswert (01. Februar = 100). Hierfür berechnen wir die prozentuale Veränderung der Stellenzuwachsrate seit dem 01. Februar im Vergleich zum gleichen Datum des Vorjahres.
Das Indeed Hiring Lab hat den 01. Februar als Basiswert definiert, da zu dieser Zeit das Coronavirus in Deutschland mit wenigen Ausnahmen noch nicht angekommen war. Neue Stellenausschreibungen definieren wir als solche Stellen, die seit 7 Tagen oder kürzer auf Indeed auffindbar sind.
Ergänzung
Philipp Karl Seegers, Initiator der Studienreihe „Fachkraft 2030“, setzt den wenig erfreulichen Aussagen der Indeed-Studie andere Erkenntnisse entgegen. Diese ergeben dann ein nicht ganz so düsteres Bild. Zitat seines Posts auf LinkedIn: