„Einfach mal machen“: In der Krise sind Hunter gefragt

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Von Start-ups und Kindern inspirieren lassen, aus Unternehmen kleine Schnellboote machen, das Team dabei mitnehmen: Alexander Wilhelm von InterSearch fordert mehr Mut im Management, Hunter statt Farmer.

Wir erleben derzeit gleich mehrere Krisen, die parallel zueinander auf uns einprasseln. Zum einen die Corona-Pandemie, die Lieferketten massiv durcheinanderbringt und viele Arbeitsprozesse aus dem Ruder laufen lässt. Zum anderen der schreckliche Ukraine-Krieg, der die Welt komplett auf den Kopf stellt. Dazu kommt der allgegenwärtige Klimawandel, ein Thema, das noch gar nicht richtig angegangen wurde.

Verwalten oder verändern

Doch viele Führungskräfte schienen dies zunächst nicht realisiert zu haben. Vielleicht glaubten oder hofften sie, diese Krisen wären 2023 wieder vorbei. Ich denke jedoch, wir müssen leider davon ausgehen, dass sie und entsprechende Auswirkungen uns noch viele Jahre begleiten werden. Welche Eigenschaften sind also bei Führungskräften derzeit gefragt und notwendig?

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Aus dem Vertrieb vor allem im amerikanischen Raum bekannt ist das Prinzip des Hunters und des Farmers. Es gibt diejenigen, die eher verwalten und auf Beständigkeit setzen. Sie warten, bis Kunden sie anrufen und wollen nicht proaktiv nach draußen ins Feld. Sie pflegen Beziehungen langfristig und unterstützen das Team. Die anderen dagegen sind hungrig, sie wollen neue Geschäfte aufbauen, die Welt verändern.

Neugierig bleiben und sich trauen

Was die Wirtschaft im Moment benötigt, sind Hunter, Macher und Macherinnen, die vorangehen und umsetzen, sich etwas trauen und ausgetretene Pfade verlassen. Die Uhren drehen sich gefühlt immer schneller, sodass reine Verwaltung und ruhiges Abgrasen der Bestände fehl am Platz sind.

Das kann zum Beispiel heißen, neue Vertriebskonzepte zu testen – Stichwort Digitalisierung – die IT umzustellen und die Produktion zu modernisieren oder wieder nach Europa zurückzuholen. Natürlich ohne die Firma zu gefährden. Und selbstverständlich muss das entsprechende Budget in die Hand genommen werden, um in die Zukunft zu investieren.

Start-up Spirit

Manche Führungskräfte haben das bereits verstanden und lassen sich von Start-ups inspirieren oder entwickeln gemeinsam neue Ideen. Andere teilen ihre Erfahrungen, um Dritte an diesen „Best Practices“ teilhaben zu lassen. Ich kenne Werke eines Unternehmens, die jeweils als eigene GmbH geführt und wie kleine Schnellboote behandelt werden. Die Führungskräfte stehen im Austausch, sind aber für sich selbst verantwortlich und müssen die eigene GmbH voranbringen.

Wichtig für diesen „Spirit“ ist eine entsprechende Fehlerkultur. Der oder die CEO sowie auch Beiräte müssen den Mitarbeitenden Freiraum lassen. Sie müssen sich auch mal reiben, stoßen können und dürfen, hinfallen, aufstehen, weitermachen und ein Leben lang lernen.

Vom Farmer zum Hunter?

Kann ich mich als Führungskraft nun zum Hunter entwickeln? Ich würde sagen, bedingt. Ja, man kann sich einige Taktiken antrainieren, aber aus einer introvertierten Person wird keine extrovertierte Persönlichkeit werden. Aus einem zurückgezogen lebenden Menschen wird keine „Rampensau“. Aber es muss auch nicht immer die „Rampensau“ sein, welche den Mut für neue Wege und eine offene Fehlerkultur zusammen mit gesundem Vertrauen in das Team hat.

Alle an Bord?

Denn bei aller Begeisterung für die Hunter unter uns ist jedoch Selbstüberschätzung völlig fehl am Platz. Das Team muss mitgenommen werden, es geht hier nicht um die Selbstverwirklichung einzelner Personen. Und es geht auch nicht um eine Einforderung männlicher Eigenschaften oder Herangehensweisen. Vielmehr fordere ich generell mehr Mut. Vielleicht können wir uns alle etwas von Kindern abschauen und „einfach mal machen“.

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Foto Alexander Wilhelm

Alexander Wilhelm ist Managing Partner bei InterSearch Executive Consultants GmbH in Frankfurt. Er berät vor allem nationale und internationale Unternehmen aus der Industrie – insbesondere aus der Automotive-, Chemie-, Kunststoff- und der Energie-Branche, dem Maschinenbau sowie dem Öffentlichen Sektor. Hier zählen sowohl Executive Search, Coaching von Führungskräften als auch Unternehmensnachfolge zu seinen Kernkompetenzen. © Foto: InterSearch Executive Consultants GmbH

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