Head of Sustainability? Was hat das mit HR zu tun? So einiges. Salah Said ist Head of Sustainability bei Klarna. Hier gibt er Einblick in das Berufsfeld, die Aufgaben und Herausforderungen.
Nachhaltigkeits- oder Sustainability Management, Head of Sustainability und Chief Sustainability Manager zählen zu den neueren Berufsbezeichnungen. Auch wenn es inzwischen ganze Studiengänge zu diesem Thema gibt und die Zahl der Unternehmen, die sich entsprechende Expertise ins Team holen, weiter steigt, so gibt es auch Menschen, die sich darunter gar nichts vorstellen können.
Warum braucht es Nachhaltigkeitsmanager?
Das Thema Nachhaltigkeit wird zunehmend komplexer. Nicht nur die Zahl der rechtlichen Vorgaben zu Reportings und Zertifizierungen hat in den letzten Jahren zugenommen, sondern auch die Forderung verschiedener Stakeholder nach verantwortungsvoll handelnden Unternehmen. Wer diesen Anforderungen nicht gerecht wird, riskiert seine Legitimität.
Während Nachhaltigkeit in einigen Bereichen der Wirtschaft, beispielsweise in der Automobil- oder Modebranche, durch steigende Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten längst auf der Tagesordnung steht, liegen andere Branchen, beispielsweise das Bankenwesen, weit zurück. Das zeigt auch ein Blick auf die Top-10 der nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands, unter denen man noch keinen einzigen Finanzdienstleister findet. Das liegt einerseits daran, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher noch keine Vorstellung davon haben, wie nachhaltiges Banking aussehen kann.
Andererseits liegt es an der Art und Weise, wie viele Banken ihren Kundinnen / Kunden noch immer gegenüber treten: Im Anzug, mit förmlicher Distanz und Dokumenten, in denen sich das berühmte “Kleingedruckte” über hunderte Seiten erstreckt. Das ist weder zeitgemäß, noch bietet es die nötige Transparenz, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Denn das Ergebnis dieses Auftretens ist, dass weniger als ein Viertel der Deutschen der Nachhaltigkeitskommunikation von Unternehmen vertrauen.
Das alles sind Gründe, warum gerade diese Branche dringend einen Wandel braucht. Nachhaltigkeitsmanager / -innen entwickeln in Zusammenarbeit mit dem Management konkrete Nachhaltigkeitsziele und -strategien sowohl für das Unternehmen als Ganzes, als auch für einzelne Unternehmensbereiche und Abteilungen. So tragen sie dazu bei, die Schritte eines nachhaltigen Wandels für interne und externe Anspruchsgruppen greifbarer zu machen.
Wie sieht der Arbeitsalltag als Head of Sustainability aus?
Das Nachhaltigkeitsmanagement ist eine Querschnittsdisziplin mit Kontaktpunkten zu vielen anderen Abteilungen im Unternehmen: Im ersten Moment denkt man vielleicht an interne Nachhaltigkeit, Aufgaben wie Dekarbonisierung und Energieeffizienz.
Aber bei Klarna gehört auch die Kooperation mit Produktentwicklung oder Marketing dazu, denn dort gibt es nicht nur ein hohes Optimierungspotenzial, sondern auch einzigartige Möglichkeiten, Nachhaltigkeit ins Geschäftsmodell einzubinden. Beispielsweise haben wir bei Klarna unsere App durch neue Funktionen wie den CO2-Fußabdruck Tracker, Nachhaltigkeitsrankings, von Good on You für Modemarken erweitert, um Nutzerinnen / Nutzern bewusstere Kaufentscheidungen zu ermöglichen.
Dieser Einfluss auf die Produktentwicklung ist wichtig. Gleichzeitig müssen wir, um unsere Ziele zu erreichen, alle Abteilungen in den Prozess einbeziehen. Deshalb arbeitet man als Nachhaltigkeitsmanager auch mit den IT- und HR-Teams eng zusammen, um Einsparpotenziale aufzuzeigen und neue Projekte zu fördern. Beispielsweise um CO2 Emissionen durch Dienstreisen zu reduzieren, auf Co-Working-Spaces umzusteigen, Abfälle zu reduzieren oder zu erreichen, dass alle Büros weltweit zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien nutzen.
Auch der Nachhaltigkeitsbericht ist eine wichtiger Aufgabenbereich für diese Funktion, um sowohl Ziele, als auch Fortschritte sichtbar zu machen. Das ermöglicht uns als Nachhaltigkeitsmanager, die Bedeutung unserer Arbeit zu begründen und stärkt die Position innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Gleichzeitig fördern wir durch Aufklärung und neue Formate wie interne Klimawettbewerbe und Hackathons das Mitarbeiterengagement im Bereich Klimaschutz.
Auch extern wollen wir durch unseren Nachhaltigkeitsbericht, durch neue Funktionen in unserer App, durch das Engagement im Rahmen der Earth Week und am World Oceans Day, durch Kooperationen, wie die Erstellung der Conscious Brands mit Clarity AI und Good on You und vielen weiteren Projekten, das Bewusstsein stärken.
Andere Beispiele sind die Darstellung von Circular Services, die Markenanbieter auf Klarna vorstellen, die Second-Hand, Rücknahme-Services und Wiederverkauf ermöglichen. Auf der Seite der Konsumentinnen und Konsumenten ist das Interesse an nachhaltigen Alternativen bereits groß, deshalb liegt mein Fokus darauf, bewusste Entscheidungen zu ermöglichen und innerhalb des Unternehmens einen positiven Wandel voranzubringen.
Wie kann man sich als Head of Sustainability erfolgreich im Unternehmen positionieren?
Die Hauptaufgabe eines Chief Sustainability Officers besteht in der Entwicklung von Nachhaltigkeitszielen, die in die allgemeinen Geschäftsziele des Unternehmens integriert werden, um langfristig verantwortungsvolles Handeln des Unternehmens sicherzustellen. Das bezieht sich auf den ökologischen, aber auch auf wirtschaftliche und soziale Bereiche, wie etwa Lieferketten, Arbeitsrecht oder das Thema Diversity & Inclusion. Dazu stehen Nachhaltigkeitsmanager / -innen im ständigen Austausch mit internen und externen Anspruchsgruppen, um deren Anliegen und Bedürfnisse bei der Strategieentwicklung einfließen zu lassen.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Head of Sustainability ist die Überwachung und Erfolgsmessung der einzelnen Maßnahmen. Das dient einerseits der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie und andererseits der Erstellung der Reportings aus den entsprechenden Kennzahlen. Oftmals werden durch die Überwachung neue Einsparpotenziale sichtbar, sodass beispielsweise der Energie- und Ressourcenverbrauch oder die Abfallmenge weiter reduziert werden können. Darüber hinaus führt man als Head of Sustainability im Unternehmen Schulungen und Zertifizierungen zu Nachhaltigkeitsaspekten durch. Mithilfe der Zertifizierungen und Berichterstellung stellen Nachhaltigkeitsmanager/-innen die Einhaltung geltender Vorschriften sicher.
Der Head of Sustainability hat also einen Überblick über den gesamten Kreislauf von der Strategieentwicklung, über die Implementierung bis zur Erfolgsmessung und anschließenden Weiterentwicklung der Maßnahmen. Durch den speziellen Fokus gewährleisten Nachhaltigkeitsmanager / -innen Kontinuität, die ohne sie im Betriebsalltag der Unternehmen kaum umsetzbar wäre. Nur wenn Unternehmen diese kontinuierliche Entwicklung, Umsetzung und Überwachung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Unternehmen sicherstellen, können sie glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation betreiben und damit das Vertrauen der Stakeholder und ihre soziale Legitimität erhalten.
3 Tipps für Nachhaltigkeitsmanager:
- Kontinuierliche Weiterbildung durch Recherche und Austausch mit anderen Nachhaltigkeitsmanager / -innen: Das Nachhaltigkeitsmanagement ist eine vergleichsweise junge Disziplin und es gibt ständig neue Ideen, Entwicklungen und Best Practices, aus denen man lernen kann, um der Funktion als Nachhaltigkeits-Experte / -Expertin im Unternehmen gerecht zu werden.
- Teilnahme an Veranstaltungen und Diskussionen, Kooperation mit anderen Unternehmen: Als Experten / Expertinnen können wir andere inspirieren und dafür sorgen, dass das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Tagesordnung landet.
- Mutig sein und Neues ausprobieren. Schwarz-weiße Berichte in Schriftgröße 10 sind nicht mehr zeitgemäß, wir müssen Akzente setzen, um anzusprechen, Erfolge zu feiern und zum Mitmachen zu motivieren. Inspiration dazu gibt es hier: Klarnas ESG Report 2022.
Lesen Sie auch die folgenden Beispiele:
- Nachhaltige Kommunikation 2.0: Die Rolle digitaler Tools in HR
- Best Practices: Wie HR die CSRD-Vorgaben umsetzt
- Nachhaltigkeitstransformation: Chancen für HR-Manager
Salah Said ist Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit bei Klarna. Er arbeitet seit über 10 Jahren im Bereich Nachhaltigkeit in Unternehmen wie der SCHUFA, SAP, Zalando und jetzt Klarna. Davor arbeitete er bei mehreren gemeinnützigen Organisationen, darunter Ashoka und Social Impact. Salah gründete Worldcitizen e.V., eine gemeinnützige Organisation mit den Schwerpunkten Diversity & Inclusion und Jugendbildung, und ist seit über zwei Jahren Mitglied des Board Member Innovation Committee bei Fashion for Good. Foto: Martin Oberg