Personalberater Hartmut Eßmann: Intelligentes Trennungsmanagement bedeutet, ausscheidende Mitarbeiter für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren.
Unternehmen in der Krise kommen oftmals nicht darum herum, aufgrund betrieblicher Änderungen Personal abzubauen. Ein Erfolgsfaktor dafür ist die Art und Weise, wie das Management mit den gehenden Mitarbeitern umgeht. Manche Unternehmen lassen sich auf langwierige Auseinandersetzungen mit der Belegschaft und dem Betriebsrat ein, andere nutzen die Möglichkeiten, die sich ihnen bieten. Für einen wertschätzenden und reibungslosen Trennungsprozess können Qualifizierungsmaßnahmen für die Betroffenen der Schlüssel zum Erfolg sein.
Was hat der Arbeitgeber davon?
Vor allem, wenn eine größere Zahl der Belegschaft gehen muss, sind Qualifizierungsmaßnahmen neben möglichen (niedrigeren) Abfindungszahlungen ein günstiges Mittel, um Geld steuermindernd einzusetzen und den Unternehmenszweck zu erreichen. Outplacement-Angebote unterstützen die Betroffenen außerdem dabei, sich neu zu orientieren und fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Für die Gehenden ein direkter Nutzen: Wer die notwendigen Qualifizierungen hat und sich professionell präsentiert, findet auch schnell wieder eine Festanstellung. Oftmals fragen sich Verantwortliche jedoch, was das Unternehmen von solchen Angeboten hat. Grundsätzlich lassen sich drei Vorteile beobachten:
- Ein wertschätzender und unterstützender Umgang zahlt auf das Image-Konto als attraktiver Arbeitgeber ein.
- Neu geschaffene Positionen können somit schneller mit hoch qualifizierten Kandidaten besetzt werden.
- Auch für die Bleibenden sind solche Maßnahmen ein starkes Signal des Arbeitgebers und stabilisieren die Produktivität in der Belegschaft.
Richtig in den Sozialplan integriert, sind Qualifizierungsmaßnahmen und externe Unterstützung im Rahmen von Outplacement bei der Jobsuche ein effizientes Instrument, um den Gehenden einen möglichst nahtlosen Übergang in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu gewährleisten – und gleichzeitig den Abbau voranzutreiben.
Ein neuer Nachhaltigkeitsgedanke
Durch die Pandemie ist außerdem ein neues Mindset in die Unternehmenswelt eingekehrt, das von Nachhaltigkeit und Rücksichtnahme geprägt ist. Der sparsame und effiziente Umgang mit Ressourcen wird zunehmend wichtiger. Eine resiliente und veränderungsfähige Unternehmenskultur rückt in den Fokus. New Work ist aktuell wie nie. Und damit einher geht auch die Idee des lebenslangen Lernens und der Veränderungsbereitschaft – von Organisationen und von Mitarbeitern. Heutzutage ist es unüblich, dass eine Person ihr Leben lang bei nur einem Arbeitgeber bleibt. Wer als Arbeitnehmer bereit ist, sich hin und wieder umzuorientieren, gilt als flexibel und bleibt lange beschäftigungsfähig. Es liegt also auch in der Verantwortung der Mitarbeiter, veränderungsbereit zu sein.
Dem Arbeitgeber kommt ebenfalls eine gesellschaftliche Verantwortung zu: entsprechende Beratungen und Qualifizierungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer sind ein Investment in deren Employability – und somit in den Wohlstand der Gesellschaft. Wenn Unternehmen ihre soziale Verantwortung ernst nehmen, sollten sie ein intelligentes Trennungsmanagement etablieren von dem beide Seiten profitieren. Die Trennungskultur ist ein Teil der Unternehmenskultur.
Jahressteuergesetz 2020
Auch der Gesetzgeber hat auf die Corona-Krise reagiert und im Jahressteuergesetz 2020 festgelegt, dass Outplacement- und Newplacement-Beratungen ab Januar 2021 nicht mehr als geldwerter Vorteil zu versteuern sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Gruppenberatungen oder Einzelberatungen handelt. Das Bundesfinanzministerium schreibt hierzu: „Ein Leben lang beim selben Arbeitgeber beschäftigte Arbeitnehmer werden zunehmend seltener. Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll oder die ausscheiden werden, können von ihren Arbeitgebern beraten werden, um sich beruflich neu zu orientieren und so eine Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Diese Beratungsleistungen, auch wenn sie von Dritten erbracht werden, sind zukünftig steuerfrei.“
Erfolg der Maßnahmen
Gänzlich unabhängige Studien bezüglich der Effizienz von Qualifizierungsmaßnahmen oder Outplacement-Beratungen gibt es wenige. Einer Studie des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater e.V. (BDU) zufolge finden über 70 Prozent der Kandidaten im Outplacement nach spätestens sechs Monaten eine neue Anstellung. „Die wichtigsten Auftraggeber“, so der BDU, „waren 2019 die Chemie- und Pharmabranche, der Fahrzeugbau, der Maschinenbau sowie die Finanzdienstleistungsbranche.“ Wie die Zahlen nach der aktuellen Pandemie aussehen werden, bleibt abzuwarten. Was sich aber immer wieder beobachten lässt: Wer Orientierungs- oder Outplacement-Beratung als Teilleistung in den Sozialplan integriert, kann den Trennungsprozess beschleunigen.
Fazit: Eine Frage der Haltung
In einer sich immer schneller drehenden Wirtschaftswelt ist kontinuierlicher Wandel zur Normalität geworden. Unternehmen müssen schneller und flexibler auf Veränderungen reagieren können – aber auch Mitarbeiter sollten sich öffnen für Neuorientierungen. Wenn Verantwortliche in der Krise Personal abbauen müssen, sind Qualifizierungsmaßnahmen und Beratung zur Neuorientierung hilfreiche Instrumente. Für das Unternehmen: Weil es schnell wieder auf Kurs kommt. Und für Mitarbeiter: Weil sie durch Qualifizierungsmaßnahmen den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht werden und schnell wieder eine neue Stelle finden. Auf beiden Seiten ist es eine Frage der Haltung, veränderungsbereit zu sein und die passenden Strukturen für Qualifizierung zu schaffen.
Hartmut Eßmann ist Gründer und Geschäftsführer der Eßmann Personalberatung in Braunschweig. Auf den Pharma- und Dentalmarkt sowie die Medizintechnik spezialisiert, unterstützen er und sein Team bundesweit Unternehmen bei der Suche und Einstellung qualifizierter Mitarbeiter. Auf Bewerberseite hilft Eßmann beim Finden und der Vermittlung des passenden Arbeitgebers.