Remote Work verlangt nach klarer Kommunikation und wirksamen Feedback-Strukturen. Jodi Slomp, VP of People and Places bei Mollie, zeigt, wie Unternehmen eine flexible Feedback-Kultur erfolgreich etablieren.
Die Zeiten der Corona-Lockdowns sind vorbei, doch ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt dauern an. Im Jahr 2023 arbeiteten laut Statistischem Bundesamt 23,5 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland zumindest gelegentlich im Home-Office. Zum Vergleich: 2019 lag dieser Wert bei lediglich 12,8 Prozent. Diese Entwicklung zeigt, dass sich Home-Office und Remote Work weiter etabliert haben. Damit diese Umstellung reibungslos funktioniert, müssen Unternehmen ihre Kultur und Kommunikationsstrukturen entsprechend anpassen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Feedback-Praxis, die ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Unternehmenskulturen ist.
Die Basis einer gesunden Feedback-Kultur: Vertrauen und Eigenverantwortung
Eine starke Unternehmenskultur, die von allen Mitarbeitenden gelebt wird, bildet das Fundament einer gesunden Feedback-Struktur. Vertrauen in die Mitarbeitenden, Raum für Flexibilität und die Förderung von Eigenverantwortung sind zentrale Faktoren, die eine positive Arbeitsatmosphäre schaffen und die Basis für effektives Feedback legen. Zu einer flexiblen Arbeitsgestaltung für Teams und einzelne Mitarbeitenden zählt auch die Freiheit – basierend auf individuellen Bedürfnissen und Präferenzen – Arbeitszeiten und -orte selbst zu bestimmen. Dies führt nicht nur zu einer höheren Produktivität, sondern fördert auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigt, was sich positiv auf die allgemeine Performance des Unternehmens auswirkt.
Rahmenbedingungen für Home-Office und Remote Work
Damit die Flexibilität im Home-Office funktioniert, sind klare und transparent kommunizierte Rahmenbedingungen notwendig. Diese sollten jedoch nicht starr, sondern anpassungsfähig sein, um den individuellen Bedürfnissen der Teams gerecht zu werden. Beispielsweise kann es helfen, wenn die einzelnen Teams die Freiheit haben, ihre Bürozeiten selbständig zu bestimmen. Dabei gibt es dann keine festen Regelungen, sondern die Möglichkeit, die Arbeitsweise nach den Präferenzen des Teams zu gestalten. Dieses Modell fördert nicht nur die Eigenverantwortung, sondern ermöglicht es auch, Pendelzeiten zu reduzieren und die Arbeit effizienter zu gestalten.
Strategien und Instrumente für eine effektive Feedback-Kultur
Die Integration von Remote Work stellt besondere Anforderungen an die Kommunikation und insbesondere an die Feedback-Strukturen im Unternehmen. Um sicherzustellen, dass Feedback auch online effektiv gegeben und empfangen wird, sind bestimmte Instrumente und Kommunikationskanäle notwendig. Besonders gut funktioniert dies mit einer flexiblen Feedback-Kultur, die sowohl formelle als auch informelle Elemente umfasst: Neben regelmäßigen Leistungsbeurteilungen spielt nämlich informelles Feedback eine zentrale Rolle. Dies bedeutet, dass Feedback direkt nach relevanten Ereignissen gegeben wird, zum Beispiel im Anschluss einer Präsentation von Mitarbeitenden. Diese unmittelbare Rückmeldung fördert nicht nur die Motivation, sondern ermöglicht auch eine schnellere Anpassung und kontinuierliches Lernen.
Ein weiteres Beispiel für die Förderung einer positiven Feedback-Kultur ist die Einführung eines „Anerkennungs-Kanals“. Dieser Kanal, integriert in interne Kommunikationssysteme wie Slack oder Microsoft Teams, dient der öffentlichen Anerkennung von Leistungen. Mitarbeitende können hier jederzeit ihre Kolleginnen und Kollegen für herausragende Arbeit loben. Dies stärkt den Teamgeist, schafft ein positives Arbeitsklima und motiviert die Mitarbeitenden auch im Home-Office.
Strukturierte Feedback-Modelle: Das SIBA-Modell im Detail
Für klares, konstruktives und effektives Feedback ist die Verwendung von etablierten Feedback-Modellen wie dem SIBA-Modell empfehlenswert. Dieses Modell bietet eine strukturierte Herangehensweise, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, Feedback präzise und verständlich zu formulieren und zu empfangen. Das SIBA-Modell gliedert sich in vier Schritte:
1. Situation:
Zunächst wird die spezifische Situation geschildert, in der das beobachtete Verhalten auftrat, um notwendigen Kontext zu schaffen. Zum Beispiel: „Während der Besprechung letzte Woche…“
2. Impact:
Danach wird die Auswirkung des Verhaltens auf das Team, das Projekt oder die Organisation dargelegt, um die Bedeutung des Verhaltens zu erklären. Beispiel: „…hat deine Aussage für Verunsicherung im Team gesorgt…“
3. Behavior:
Im dritten Schritt wird das beobachtete Verhalten genau beschrieben. Es ist wichtig, dabei objektiv und präzise zu bleiben, um Missverständnisse zu vermeiden. Beispiel: „…weil du mehrfach den Fokus vom eigentlichen Thema abgelenkt hast.“
4. Action:
Zum Schluss werden konstruktive Vorschläge für mögliche Handlungen oder Veränderungen gemacht, die das Verhalten verbessern könnten. Beispiel: „Es wäre hilfreich, wenn du zukünftig direkt auf die Kernpunkte eingehst.“
Durch die Verwendung des SIBA-Modells wird sichergestellt, dass Feedback nicht nur Kritik äußert, sondern auch konstruktive Lösungen bietet. Außerdem wird somit ein allgemein gültiger Rahmen für alle Mitarbeitenden geschaffen, der es allen vereinfacht Feedback zu geben und anzunehmen.
Investitionen in Schulungen und Weiterentwicklung
Es ist empfehlenswert, in gezielte Schulungen der Mitarbeitenden zu investieren, um ihnen die notwendigen Werkzeuge für erfolgreiches und effektives Feedback zu bieten. Besonderer Fokus liegt auf Schulungen zum Umgang mit schwierigen Gesprächen und zur Entwicklung von Führungskompetenzen. Diese Investitionen verbessern die Kommunikationsfähigkeiten der Mitarbeitenden und unterstützen sie dabei, in herausfordernden Situationen souverän und professionell zu agieren. Eine gut ausgeprägte Kommunikationskompetenz ist in einer flexiblen und digitalen Arbeitsumgebung unerlässlich.
Fazit: Eine zukunftsweisende Unternehmenskultur
Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert und Unternehmen dazu gezwungen, ihre Kommunikations- und Feedback-Kultur anzupassen. Viele Unternehmen haben gezeigt, dass flexible Arbeitsmodelle und eine starke Feedback-Kultur entscheidend für den Erfolg in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt sind.
Durch die Förderung von Eigenverantwortung, die Nutzung moderner Kommunikationsinstrumente und die Einführung strukturierter Feedback-Modelle wie SIBA schaffen sie eine Arbeitsumgebung, in der Mitarbeitende motiviert und produktiv arbeiten können. Eine zukunftsweisende Unternehmenskultur erfordert daher nicht nur technische und strukturelle Anpassungen, sondern auch eine empathische Kultur des Vertrauens und der Offenheit, die das Fundament für nachhaltigen Erfolg legt.
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Jodi Slomp ist VP of People and Places beim Finanz- und Zahlungsdienstleister Mollie. Als Personalleiterin bringt sie mehr als 12 Jahre Erfahrung aus Kanada und Europa mit, in denen sie den Wandel der Arbeitswelt aktiv mitgestaltet hat.