Frauen verhandeln seltener über ihr Gehalt

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LinkedIn Studie: 41 Prozent der Frauen haben noch nie ihr Gehalt verhandelt – unter den Männern sind es nur 26 Prozent.

Das Berufsnetzwerk LinkedIn untersucht anlässlich des Weltfrauentages in einer aktuellen Umfrage*, wie Frauen und Männer das Thema Gehalt und Weiterentwicklung im Job angehen. Dabei zeigen sich immer noch große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Sowohl im bestehenden als auch bei Antritt eines neuen Jobs haben 41 Prozent der Frauen noch nie über ihr Gehalt verhandelt, wohingegen dieser Anteil unter Männern nur 26 Prozent beträgt.

Fast die Hälfte (48 Prozent) der befragten Männer haben abseits eines Jahresgesprächs nach einer Beförderung gefragt. Unter den Frauen beläuft sich dieser Anteil nur auf 37 Prozent. Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich bei Fragen nach einer Gehaltserhöhung außerhalb der Regel: 43 gegenüber 32 Prozent. Ein gutes Drittel (34 Prozent) der Frauen fühlt sich unsicher, was die Regeln in einem Gehaltsgespräch anbelangt – auch dieser Anteil ist mit 23 Prozent unter Männern geringer.

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„Entitlement Gap“ – die Lücke zwischen den Geschlechtern

Die Ansprüche, die Männer und Frauen hinsichtlich Gehalt und Position an ihren Arbeitgeber stellen und kommunizieren, unterscheiden sich deutlich, wie die Daten der LinkedIn Umfrage hervorheben. Allerdings ist auch das Bewusstsein für diese Diskrepanz, die sogenannte „Entitlement Gap“ bei Männern und Frauen unterschiedlich ausgeprägt. Immerhin 36 Prozent der Männer geben an, dass diese Lücke nicht existieren würde, unter den Frauen glaubt das nur jede vierte (26 Prozent). 41 Prozent der Arbeitnehmerinnen haben das Phänomen entweder bereits selbst erlebt oder bei Kolleginnen beobachten können. Ein Aspekt, bei dem es kaum einen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt, ist hingegen der eigene Anspruch. 76 Prozent der Männer und 74 Prozent der Frauen bezeichnen sich selbst als ehrgeizig im Beruf.

Auch LinkedIn Partner „The Female Lead“ beschäftigte sich näher mit dem Thema Entitlement Gap, woraus der Report Women at Work** entstanden ist. Daraus geht hervor, dass dieses Phänomen bestehende Ungleichheiten in der Bezahlung von Männern und Frauen verschärft.

Deutschland europäisches Schlusslicht bei Neueinstellung von Frauen

Zusätzlich zur repräsentativen Studie hat LinkedIn eine Auswertung von Mitgliederdaten in mehreren europäischen Märkten durchgeführt. Daraus geht hervor, dass Deutschland europaweit auf dem letzten Platz liegt, was den prozentualen Anteil von Frauen bei Neueinstellungen betrifft. Während die meisten Länder nahe an die 50 Prozentmarke kommen, liegt der Anteil hierzulande lediglich bei 41 Prozent (Januar 2021). In Schweden lag der Anteil dagegen fast das gesamte vergangene Jahr bei über 50 Prozent.

Dass die skandinavischen Länder schon lange als Vorbild in Sachen Gleichberechtigung gelten, wird durch die Erhebung bestätigt. Auffallend ist der sehr geringe Frauenanteil bei den Neueinstellungen in Deutschland. Werden weiterhin immer noch mehr Männer als Frauen eingestellt, vergrößert das bestehende Ungleichheiten weiter. Dem sollte gegengesteuert werden, um die Geschlechterparität zu fördern und echte Chancengleichheit herzustellen.

Frauen verhandeln seltener über ihr Gehalt

Was also können Frauen selbst tun?

Prof. Dr. Monika Sieverding von der Universität Heidelberg forscht zu Geschlechtern und Gesundheitspsychologie und gibt Frauen folgende Tipps:

  • Frauen, die ihre Karriere – auch nach der Familiengründung – verfolgen wollen, sehen sich oftmals durch ihr soziales Umfeld gehemmt – besonders durch junge Mütter, die ihr eigenes berufliches Commitment zurückstellen. Sie sollten sich daher mit weiblichen Peers vernetzen, die Familie und Karriere miteinander vereinbaren können.
  • Es ist wichtig, in verschiedenen Gewässern zu fischen und sich auch mal probeweise auf andere interessante Stellen zu bewerben. Dadurch testen Frauen ihren „Marktwert“, üben reale Bewerbungsgespräche und lernen souverän und authentisch aufzutreten. Und wenn dabei ein attraktives Stellenangebot rausspringt: umso besser. Wenn man gar nicht wechseln möchte: Ein Stellenangebot eines anderen Arbeitgebers kann äußerst hilfreich sein, um die Bedingungen und das Gehalt der eigenen Stelle neu zu verhandeln.
  • Eine gute Selbsteinschätzung ist das A und O: Im Austausch mit anderen Frauen – und auch Männern im beruflichen Umfeld – hinsichtlich der eigenen beruflichen Interessen, Ziele und Qualifikationen ergibt sich wertvolles Feedback, das einem bei der Bildung einer besseren Selbsteinschätzung und eines größeren Selbstbewusstseins hilft.
  • Eine gute, selbstbewusste und authentische Einschätzung der eigenen Qualifikationen ist vor allem in Bewerbungsgesprächen und Verhandlungssituationen sehr wichtig. Übermäßige Bescheidenheit wird in diesen Kontexten nie belohnt.
  • Es hilft, sich verschiedene Perspektive einzuholen und Bewerbungs- und Verhandlungsgespräche mit befreundeten Kolleginnen und Kollegen zu üben! Dabei ist es wichtig, sich auch „schwierigen“ Fragen zu stellen und selbstbewusste Antworten darauf vorzubereiten. Ein kurzer, überzeugender „Elevator Pitch“, in dem Frauen ihre Qualifikationen und Stärken vorstellen, kann wahre Wunder wirken.
  • Wissen ist alles: Vorab sollte man sich über übliche Gehälter und Spielräume in der relevanten Branche/Position sowie über Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten informieren. Das ist die Grundlage für eine erfolgreiche Verhandlung.

Methodik

* Für die Studie wurden vom Marktforschungsinstitut Censuswide im Auftrag von LinkedIn zwischen dem 5. und 18. Februar 2021 über 2.000 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 25 und 55 Jahren befragt. Die Anteile der Einstellungen nach Geschlecht wurden berechnet als die Gesamtzahl der Frauen, die im selben Monat, in dem der neue Job begann, einen neuen Arbeitgeber zu ihrem LinkedIn Profil hinzufügten, geteilt durch die Gesamtzahl der Einstellungen im selben Monat.

** Grundlage für diesen Bericht war eine separate qualitative Analyse über 12 Monate, die von der Psychologin Dr. Terri Apter von der Universität Cambridge geleitet wurde. Sie umfasste 70 Tiefeninterviews mit Frauen auf der mittleren Karrierestufe in verschiedenen Branchen des öffentlichen und privaten Sektors und untersuchte die Prozesse, durch die Frauen karrierebestimmende Entscheidungen treffen.

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