Unternehmen, die ihre Teams erfolgreich fit für das KI-Zeitalter machen wollen, sollten auf eine Mischung aus Weiterbildung, interdisziplinärer Zusammenarbeit und einer lernförderlichen Unternehmenskultur setzen. Robert Rosellen, Area Vice President Germany bei ServiceNow, erläutert, worauf es dabei im Detail ankommt.
Die Veränderungsgeschwindigkeit in deutschen Unternehmen wird zunehmend schneller. Schon die Digitalisierung hat Transformationsprozesse enorm beschleunigt. Jetzt, mit den jüngsten Entwicklungen auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) nimmt das Tempo nochmal zu. Dass insbesondere die Mitarbeitenden diesen Wandel zu spüren bekommen, zeigt nicht zuletzt die in den letzten Monaten überall aufkeimende Angst, am Arbeitsplatz von einer KI ersetzt zu werden.
Nachdem sich der Hype der Anfangsmonate nun etwas gelegt hat, wird klar, Unternehmen müssen kluge Strategien finden, wie sie KI zum Wohle der Mitarbeitenden einsetzen, damit diese bei ihren täglichen Aufgaben entlastet und unterstützt werden. Nichtsdestotrotz steht der Arbeitsmarkt vor einer tiefgreifenden Transformation und verlangt Arbeitnehmenden neue, vor allem technologische, Kompetenzen ab. Wie also können Unternehmen ihre Teams fit für das KI-Zeitalter machen?
KI-Kompetenzen der Zukunft
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In den letzten Monaten haben viele Menschen erste Erfahrungen mit generativer KI gemacht und frei verfügbare Angebote genutzt, um zu experimentieren und Aufgaben schneller, besser und kreativer zu erfüllen. Nun ist es jedoch an der Zeit, über die Experimentierphase hinauszugehen und KI in den Arbeitsalltag zu integrieren. Um sich in diesem veränderten, von Technologie und Digitalisierung geprägten Arbeitsmarkt zurechtzufinden, bedarf es der Unterstützung durch die Arbeitgeber – das Thema Weiterbildung spielt daher eine zentrale Rolle.
Unternehmen müssen sich Klarheit darüber verschaffen, welche Skills im KI-Zeitalter gefragt sein werden. Eine aktuelle Studie von ServiceNow in Zusammenarbeit mit dem Forschungsunternehmen Pearson zeigt: Die Nachfrage nach technologischen, sozialen und emotionalen Kompetenzen wird steigen, während sich die Nachfrage nach körperlichen, manuellen und höheren kognitiven Fähigkeiten stabilisiert.
Durch den verstärkten Einsatz innovativer Technologien wird auch die Zahl der Arbeitsstunden für Tätigkeiten, bei denen technologische Fertigkeiten im Vordergrund stehen, zunehmen. Damit Technologien wie KI gewinnbringend eingesetzt werden können und den Mitarbeitenden einen echten Mehrwert bringen, müssen sie diese auch optimal beherrschen.
Auch die Nachfrage nach sozialen und emotionalen Fähigkeiten wird zunehmen. Dies liegt an der wachsenden Bedeutung von Aufgaben, die Kreativität, kritisches Denken, Empathie und Führungsstärke erfordern. Diese Kompetenzen sind entscheidend für die Bewältigung von Managementaufgaben in einer sich wandelnden Wirtschaft, die immer mehr Anpassungsfähigkeit und Flexibilität verlangt.
Fit für das KI-Zeitalter: Individuelle Lernreisen
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In einem nächsten Schritt geht es darum, Mitarbeitenden den Zugang zu den Schulungen und Workshops zu ermöglichen, die sie benötigen. Die Organisation dieser Programme erweist sich häufig als anspruchsvoll. Da Vorkenntnisse und Fähigkeiten meist stark variieren, sind die Bildungswege in Dauer und Intensität sehr individuell. Deshalb sind flexible Reskilling-Initiativen gefragt.
Dabei ist das Management bzw. die HR-Abteilung gefordert, einen klaren Plan mit verschiedenen Etappen und Meilensteinen zu entwickeln, der die Richtung vorgibt. Mitarbeitende können je nach aktuellem Wissenstand an unterschiedlichen Punkten in die Lernreise einsteigen. KI kann auch hierbei eine unterstützende Rolle leisten, indem sie mithilfe von Mitarbeiterdaten individuelle Karrierepfade aufzeigt.
Dabei gibt es eine Vielzahl an Schulungsmethoden, die zur Auswahl stehen: Dazu zählen das Lernen direkt am Arbeitsplatz, die Teilnahme an Kursen, Coachings oder Vorlesungen, digitale Trainingsprogramme oder duale Weiterbildungssysteme. Bei Letzteren werden Mitarbeitende von Unternehmen zu theoretischen Schulungen an Hochschulen geschickt, während der praktische Teil im Betrieb erfolgt.
Abteilungsübergreifende Synergien
KI ist eine interdisziplinäre Technologie, denn sie betrifft nahezu alle Prozesse und Geschäftsbereiche. Das klassische Denken in Abteilungen wird durch den Einsatz ein Stück weit hinfällig, denn KI bietet die Chance, (Wissens-)Silos zu überwinden. Vor allem wenn Unternehmen nicht nur auf einzelne KI-Tools setzen, sondern die Technologie über eine unternehmensweite Plattform implementieren.
Dies hat zur Folge, dass sich auch Arbeitsweisen künftig verändern werden und mehr abteilungsübergreifende Zusammenarbeit möglich wird. Auch dies will gelernt sein – für Führungskräfte gilt, die interdisziplinäre und projektorientierte Zusammenarbeit zu fördern.
Führungskräfte als Wegbereiter
Damit Mitarbeitende auch die Motivation finden, sich auf die KI-Reise einzulassen, sollte sich auch das Unternehmensumfeld dementsprechend entwickeln. Um die Transformation optimal zu unterstützen, müssen alle Maßnahme in eine Kultur eingebettet werden, die kontinuierliches Lernen fördert und eine große Offenheit für neue Technologien zeigt.
Eine maßgebliche Rolle kommt dabei den Führungskräften zu, die als Vorbilder eine solche Kultur aktiv vorleben sollten. Für sie gilt, dass Thema Weiterentwicklung und Lernen nicht als nebensächlich zu betrachten, sondern fest in den Arbeitsalltag zu integrieren. Lernaktivitäten dürfen nicht als zusätzliche Belastung gesehen werden, sondern als wertvolle Investition in die Zukunft. Zudem lebt eine lernende Kultur von einer offenen Kommunikation über Lernbedarfe und -erfolge. Regelmäßige Feedbackgespräche sollten daher an der Tagesordnung stehen.
Lernen durch Pilotprojekte
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Um KI effektiv im Unternehmen einzusetzen und die Mitarbeitenden davon zu überzeugen, gilt letztendlich jedoch der simple Satz: Einfach Machen! Ein probates Mittel ist mit kleineren, praxisnahen KI-Projekten zu starten, um Mitarbeitenden die Gelegenheit zu geben, das Gelernte direkt anzuwenden. Pilotprojekte bieten die Möglichkeit, das Potenzial von KI in einem kontrollierten Umfeld zu erkunden und anzupassen.
Dadurch lernen die Arbeitnehmenden, welche Auswirkungen KI-Tools auf ihren Alltag haben, welche Vorteile sie mit sich bringen und wie sich ihre Arbeit dadurch effizienter gestalten lässt. Dies kann die Akzeptanz und das Verständnis für KI-Technologien signifikant erhöhen.
Proaktives Personalmanagement
Vor dem Hintergrund des technologischen Wandels, der dazu führt, dass bestimmte Berufe an Bedeutung verlieren oder ganz wegfallen, gewinnt proaktives Personalmanagement zunehmend an Bedeutung. Unternehmen, die frühzeitig und gezielt in die Weiterbildung ihrer Fachkräfte mit interdisziplinären Fähigkeiten investieren, profitieren direkt davon. Attraktive Karriereperspektiven und ein umfassendes Weiterbildungsangebot zeigen, dass der Arbeitgeber sich um die Zukunft seiner Mitarbeitenden kümmert und sie aktiv in die digitale (KI-)Transformation einbezieht.
Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden fit für das KI-Zeitalter machen möchten, sollten auf eine Kombination aus kontinuierlicher Weiterbildung, interdisziplinärer Zusammenarbeit und einer lernfördernden Unternehmenskultur setzen, um so eine zukunftssichere und motivierte Belegschaft aufzubauen.
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Robert Rosellen ist Area Vice President Germany & Austria bei ServiceNow. Er ist für das Geschäftswachstum in Deutschland und Österreich verantwortlich. Als erfahrene Führungskraft ist seine Kernaufgabe die Pflege von Kunden- und Partnerbeziehungen in verschiedenen Branchen. Foto: Alex Schelbert