Fair und wertschätzend kündigen: Geht das?

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Eine Kündigung ist für niemanden einfach. Worauf Verantwortliche achten sollten, erläutert Personalberater Hartmut Eßmann.

Die Corona-Pandemie wirkt sich trotz Kurzarbeitergeld negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Viele Unternehmen kommen nicht um einen betriebsbedingten Stellenabbau herum. Die Art und Weise, wie sie dabei mit den Mitarbeitern umgehen, wirkt sich unmittelbar auf die Zukunft der Unternehmen aus.

Trennungen sind immer hart

Gleich vorweg: Eine Kündigung ist für niemanden einfach. Für die Betroffen an erster Stelle: Sie verlieren ihre Existenzgrundlage und müssen sich nach einer neuen Perspektive umschauen. Aber auch für die Verantwortlichen ist es nicht leicht, Mitarbeiter zu entlassen. Viele Führungskräfte sind mental nicht darauf vorbereitet und leiden oftmals nachhaltig darunter. Und schließlich sind Entlassungen auch für die verbleibenden Mitarbeiter hart – für diejenigen, die die Zukunft des Unternehmens gestalten sollen. Unsicherheit und im schlimmsten Fall sogar Misstrauen gegenüber dem Management können sich breitmachen.

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Je nachdem, wie Verantwortliche den Trennungsprozess gestalten, können sie also sehr viel falsch – oder aber sehr viel richtig machen. Wer sich im gesamten Ablauf transparent, fair und wertschätzend verhält, kann die bleibenden Mitarbeiter noch stärker zusammenschweißen und das Wir-Gefühl stärken. Wer dagegen unklar kommuniziert und sich vor der eigenen Verantwortung drückt, muss mit einem Vielfachen der Kosten rechnen, die er eigentlich einsparen musste. Wie gelingt also eine wertschätzende und faire Trennung?

Vorbereitung in drei Schritten

Eine gründliche Vorbereitung ist alles. Der größte Fehler bei Trennungen ist, dass Verantwortliche sich nicht über die Art der Durchführung einig sind. In der Regel steckt hinter den Entlassungen ein akuter wirtschaftlicher Druck – aktuell sind es die durch die Corona-Pandemie eingebrochenen Absatz- und Auftragszahlen. Doch trotz aller Dringlichkeit sollten Entscheider nicht den Fehler begehen, die Betroffenen schnell und unpersönlich freizustellen. Wenn Unternehmen gestärkt aus der Krise hervorgehen möchten, sollten sie ihre HR und ihre Führungskräfte mental und inhaltlich auf den Trennungsprozess vorbereiten. Hierzu zählen:

  1. Vorplanung
  2. Inhaltliche Vorbereitung
  3. Mentale Vorbereitung

Vorplanung

In Gremien wird eine Sozialauswahl getroffen. Wer ist von der Kündigung betroffen? Welcher Verantwortliche führt die Trennungsgespräche? Wann und wo sollen die Gespräche geführt werden? Wie lange sollte das erste Gespräch dauern? Welches Ziel hat das Gespräch? Was auf dem ersten Blick nach unwichtigen Details aussieht, ist in Wahrheit essenziell: Denn hier beginnt die Wertschätzung für die Betroffenen.

Freitagabend zu kündigen zeugt von Feigheit der Verantwortlichen. Ein Trennungsgespräch in einem Meeting-Raum mit Fenstern zum Flur, auf dem viele Kollegen entlangkommen ist ebenfalls ein Zeichen fehlender Empathie, wirkt sich negativ auf das Selbstwertgefühl der Betroffenen aus und führt im schlimmsten Fall zu aggressiven Emotionen. Idealerweise sollten Verantwortliche das Trennungsgespräch zwischen Dienstag und Donnerstagvormittag in einem Raum führen, in den niemand hineinplatzen kann. Das Gespräch sollte der direkte Vorgesetzte führen. Teilnehmen kann auch der nächsthöhere Vorgesetzte und ein HR-Verantwortlicher.

Inhaltliche Vorbereitung

Das Gespräch sollte nicht länger als 20 Minuten dauern. Die Trennungsbotschaft muss in den ersten fünf Sätzen klar fallen – mit einem sachlichen Grund der Kündigung: Auftragseinbruch durch die Corona-Krise, Strukturwandel, neue Geschäftsausrichtung, etc. Nach dieser „Hiobsbotschaft“ sollte der Verantwortliche eine Pause machen, damit der Betroffene die Botschaft verarbeiten kann. Dann sollte der Vorgesetzte dem Mitarbeiter das Kündigungsschreiben geben.

Wichtig ist, dass alle Verantwortlichen fest hinter der Entscheidung stehen und sich nicht auf Diskussionen einlassen. Weitere Details zum Trennungspaket (Abfindung, Kündigungsfrist, Outplacement-Beratung) sollten die Beteiligten in einem Folgetermin klären. Allerdings sollte dem Mitarbeiter auch klar gemacht werden, dass alle für eine faire Lösung sind und den Mitarbeiter in dieser schwierigen Situation unterstützen. Je nach Verfassung des Betroffenen ist es auch ein wertschätzendes Zeichen, ihm für den Rest des Tages frei zu geben.

Mentale Vorbereitung

Trennungen auszusprechen gehört nicht zu den Lieblingsaufgaben von Führungskräften. Wer überbringt schon gerne schlechte Nachrichten? Oftmals tabuisieren Verantwortliche das Thema auch. Dabei vergessen sie: Eine Führungskraft schultert Verantwortung – sowohl sich selbst, als auch dem Unternehmen und den Mitarbeitern gegenüber. Dazu gehören neben vielen Privilegien eben auch bestimmte unschöne Verpflichtungen. Sich darauf mental vorzubereiten, kann schlaflose Nächte vermeiden. Denn: Trennungen auszusprechen, kann bei Führungskräften psychosomatische Folgeerscheinungen hervorrufen.

Verantwortliche, die Mitarbeiter entlassen müssen, sollten sich im Voraus fragen: Was bedeutet das für mich? Wie fühle ich mich dabei? Mit wem kann ich im Unternehmen darüber reden? Hilfreich ist auch, gemeinsam mit einem Führungskollegen diese emotionale Situation durchzuspielen und sich auf mögliche Reaktionen im Trennungsgespräch vorzubereiten. Wie reagiere ich, wenn Betroffene in Tränen ausbrechen, wütend oder gar aggressiv reagieren? In vielen Unternehmen bereiten die Personalabteilungen die Führungskräfte durch externe Berater auf solche Situationen vor.

Das Folgegespräch

Das zweite Gespräch sollte schon bald nach dem Kündigungsgespräch folgen. In ihm wird der entlassene Mitarbeiter gefragt, wie es ihm geht. Es kann auch sein, dass die Botschaft der Kündigung nur verzerrt bei ihm angekommen ist. Dann ist hier Klarstellung gefragt. Ansonsten geht es darum, dem gehenden Mitarbeiter den Abschied zu erläutern, indem ihm die weiteren Dinge genannt werden, die zukünftig von Bedeutung sind: Kündigungsfrist, eventuelle Abfindung, Zeugnis, Outplacement, Freistellung von der Arbeit. Je wertschätzender, desto besser. Und je besser die Bedingungen, desto leichter nimmt er die Kündigung auf und verzichtet auf den Einsatz von Rechtsmitteln.

Das Gesicht wahren

Entscheidungsträger, die sich mit all diesen Punkten auf Trennungsprozesse vorbereiten, treten im Kündigungsgespräch viel konsequenter und transparenter auf. Applaus können sie von den Betroffenen natürlich nicht erwarten. Aber in der klaren Umgangsform wahren sie ihr Gesicht und erhalten das Selbstwertgefühl der Betroffenen: kein feiges Wegbücken, sondern der unangenehmen Situation begegnen! Die Betroffenen haben Klarheit.

Diese transparente und aufrichtige Art im Trennungsprozess hat unmittelbare Auswirkungen auf die Bleibenden – und somit auf die Zukunft des Unternehmens. Denn: Bleibende Mitarbeiter beobachten sehr genau, wie ihr Unternehmen mit den Betroffenen umgeht. Ist der Umgang nicht fair oder basiert er auf unklarer Kommunikation vonseiten der Führungskräfte, sinkt die Motivation – und damit die Produktivität. Wenn dann auch noch Leistungsträger abwandern, sind die Personalkosten, die man einsparen wollte, durch die Recruiting-Kosten für neue Leistungsträger ganz schnell dahin; vom Image als Arbeitgeber ganz zu schweigen.

Die Arbeitgebermarke

„Es dauert 20 Jahre, um sich einen Ruf aufzubauen und fünf Minuten, um ihn zu zerstören“, sagte der US-amerikanische Großinvestor Warren Buffet einmal. Ähnlich verhält es sich mit der Marke als attraktiver Arbeitgeber. Wer im Trennungsprozess nicht mit offenen Karten spielt, schadet dem eignen Image als guter Arbeitgeber. In Bewertungsportalen wie kununu können sich Arbeitnehmer und Ehemalige Luft machen über die interne Umgangsform der Vorgesetzen. Sind diese mangelhaft, wird es schwer für jedes Unternehmen, gute Leute zu gewinnen und zu halten. Auch das ist also ein Grund für den wertschätzenden Umgang bis zum Schluss.

Fazit: Hausaufgaben machen

Trennungen sind Teil des Unternehmenszyklus. Die Art und Weise, wie Unternehmen Trennungsprozesse gestalten, sagt viel über die Haltung der Verantwortlichen aus – und hat direkten Einfluss auf die Wahrnehmung des Unternehmens: in der Öffentlichkeit, in der eigenen Belegschaft und bei potenziellen talentierten Mitarbeiten. Wer auch in Krisen für einen fairen, nach vorn gerichteten Trennungsprozess sorgt, zeigt Größe und festigt die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Fair und wertschätzend kündigen? Ja, das geht!

Hartmut Eßmann

Hartmut Eßmann ist Gründer und Geschäftsführer der Eßmann Personalberatung in Braunschweig. Auf den Pharma- und Dentalmarkt sowie die Medizintechnik spezialisiert, unterstützen er und sein Team bundesweit Unternehmen bei der Suche und Einstellung qualifizierter Mitarbeiter. Auf Bewerberseite hilft Eßmann beim Finden und der Vermittlung des passenden Arbeitgebers.

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