Employer Branding in schnell wachsenden Unternehmen

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In schnell wachsenden Unternehmen kann der große Personalbedarf die Arbeitgebermarke verwässern. Dirk Pothen, Mitglied des Vorstands bei adesso, beschreibt, worauf die Verantwortlichen in dynamischen Phasen achten sollten.

Vier Ringe im Kühlergrill, drei Streifen auf Schuhen oder ein Apfel auf einem Computer: Ikonische Logos – und sofort ist allen klar, welche Marke dahintersteckt. In den Aufbau einer Marke zu investieren, bringt betriebswirtschaftliche Vorteile. Sie schafft Vertrauen, erhöht die Nachfrage und vereinfacht den Vertrieb. Vergleichbares gilt für die Positionierung des Unternehmens als Arbeitgeber.

Auch beim Employer Branding profitieren Firmen von einem „guten Namen“. Ein attraktiver Arbeitgeber erreicht potenzielle Mitarbeitende besser. Die Kosten für das Recruiting sind geringer und die Wahrscheinlichkeit für die Vertragsunterzeichnung steigt. Alles in allem Vorteile, die über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden können.

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Denn quer durch alle Branchen – besonders in der IT – gilt der Fachkräftemangel als Wachstumsbremse. Hier werden Talente aus den Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Cloud Computing und auch erfahrene Kräfte in Basistechnologien stark umworben. Dabei konkurrieren lokale, mittelständische Unternehmen mit Schwergewichten aus dem Silicon Valley um die gleichen Fachleute. Eine starke Arbeitgebermarke verbessert die Erfolgsaussichten.

Wer wächst, muss wachsam sein

Das Thema Arbeitgebermarke verändert seinen Stellenwert im Laufe der Unternehmensgeschichte. Kurz nach der Gründung passt die ganze Belegschaft in einen größeren Besprechungsraum. Unter diesen Bedingungen ist es einfach, eine Positionierung zu entwickeln und über alle Kanäle hinweg zu kommunizieren. Das Team sorgt dafür, dass die wenigen neuen Mitarbeitenden die Eckpunkte der Employer Brand verstehen und leben.

Anders sind die Voraussetzungen in geografisch verteilten Unternehmen mit zahlreichen Standorten. Oder wenn monatlich im großen Maßstab neue Mitarbeitende an Bord kommen. So gilt für die Beratungsbranche: Mehr Wachstum zieht einen größeren Personalbedarf nach sich. Die neuen Mitarbeitenden sorgen für mehr Wachstum, das für mehr Personalbedarf sorgt. Richtig orchestriert, entsteht ein Schwungrad, das das Unternehmen auf Wachstumskurs bringt und hält.

In dieser dynamischen Phase ist die Gefahr groß, dass die Arbeitgebermarke beziehungsweise die Unternehmenskultur verwässert. Um dem entgegenzutreten, müssen die Verantwortlichen in schnell wachsenden Unternehmen das Employer Branding im Blick behalten.

Ein Thema für die Innen- und Außenwahrnehmung

Gegenüber dem klassischen Marketing haben Unternehmen beim Employer Branding einen unschätzbaren Vorteil: Gute Arbeitgeber haben von Natur aus Dutzende oder Tausende Markenbotschafterinnen und -botschafter. Dieses bestehende Team prägt die Wahrnehmung des eigenen Unternehmens auf dem Personalmarkt entscheidend mit. Deswegen spielt die Arbeitgebermarke in der Innen- eine genauso große Rolle wie in der Außenwahrnehmung.

Employer Branding ruht auf einer Basis und vier Säulen. Das Fundament ist der wirtschaftliche Erfolg. Die finanziellen Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit potenzielle Mitarbeitende ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber wahrnehmen. Ein gesundes Unternehmen bietet spannende Einsatzmöglichkeiten, es hat den Spielraum für Investitionen in Menschen und Technologien.

Säule 1: Verantwortung

Eine Marke entsteht nicht auf Papier oder PowerPoint. Sie manifestiert sich im Verhalten der Menschen. Alle Mitarbeitenden sind Rollenvorbilder. Das Unternehmen sollte deshalb auch alle konsequent in den Prozess der Markenausgestaltung einbeziehen. Eine besondere Bedeutung haben dabei neue Beschäftigte.

Ihre Entscheidung für den Arbeitgeber ist erst wenige Wochen alt. Ob Begrüßungstage oder -programme, Patensysteme oder regelmäßige Feedbackrunden: All das hilft dabei, das Verständnis für die Kultur zu schaffen und die Begeisterung zu bewahren. Die besten Voraussetzungen für überzeugende Employer-Branding-Botschafterinnen und -Botschafter.

Säule 2: Transparenz

Unternehmen müssen Werte und Regeln klar definieren. Je konkreter die Verantwortlichen die Unternehmenskultur auf den Arbeitsalltag herunterbrechen, desto höher ist die Akzeptanz. Dazu gehören einfache Gesten wie der freundliche Gruß im Flur. Das kann so komplex werden wie die Balance von Unternehmensinteressen und individuellen Zielvereinbarungen. Bei der Wertevermittlung helfen Positivbeispiele. Das Beispiel der Führungskraft, die die Tür zum Büro ausbauen lässt, bleibt im Gedächtnis.

Säule 3: Wachsamkeit

Viele neue Mitarbeitende zu integrieren, ist für ein Unternehmen Fluch und Segen zugleich. Allen sorgfältigen Auswahlprozessen zum Trotz besteht die Möglichkeit, dass eine vielversprechende Neueinstellung die Erwartungen nicht erfüllt. Das betrifft nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch den kulturellen Fit. Neue Kolleginnen und Kollegen, deren Werte nicht zur Unternehmenskultur passen, können zur Gefahr für die Arbeitgebermarke werden. Das gilt besonders für Führungskräfte. Sie prägen mit ihrer Vorbildfunktion das Klima und die Arbeitsweise ihrer Teams maßgeblich.

Offenheit und Wachsamkeit sind gefragt, aber nicht Bespitzeln und Denunzieren. Ein Umfeld, das solche Gefahren frühzeitig erkennt, ist entscheidend für den Bestand der Arbeitgebermarke. Dabei spielt die „Schwarmintelligenz“ der Mitarbeitenden eine zentrale Rolle. Identifiziert sich der Großteil der Beschäftigten mit der Kultur und lebt die Werte, fallen Abweichungen unweigerlich auf. Die Verantwortlichen können dann gegensteuern – mit Gesprächen, Schulungsprogrammen oder einer Neubesetzung.

Säule 4: Vitalität

Genau wie bei der klassischen Markenarbeit gilt beim Employer Branding: Was gestern noch spannend war, ist heute Standard und morgen Schnee von gestern. Ein Unternehmen, das dynamisch wächst, braucht eine dynamische Marke. Und an ihrer Wahrnehmung arbeitet nicht nur die Personalabteilung mit. Jede und jeder kann ein Umfeld schaffen, indem neue Ideen entstehen und umgesetzt werden.

Dabei geht es nicht darum, im Wochenrhythmus Gimmicks unter die Leute zu bringen. Sondern darum, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die Kreativität fördert. Dazu gehören eine Top-Ausstattung für das mobile Arbeiten genauso wie Mediationskurse, Food Trucks oder eine Kita-Kooperation. Auch ungewöhnliche Maßnahmen wie eine Stiftung, um Mitarbeitenden in Notlagen unkompliziert zu helfen, erhöhen die Strahlkraft der Marke. Gelingt es Unternehmen, Mitarbeitende immer wieder zu überraschen, haben sie beim Thema Employer Branding vieles richtig gemacht.

Fazit

Der Aufbau einer Arbeitgebermarke ist – insbesondere in umkämpften Personalmärkten – eine zentrale Aufgabe für alle. Er hilft dabei, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. So paradox es anmutet: Insbesondere schnell wachsende Unternehmen stehen vor Herausforderungen und sollten den Schwung und die Innovationskraft der Anfangstage bewahren – und gleichzeitig in größeren Dimensionen denken und operieren.

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Foto Dirk Pothen

Dirk Pothen ist als Vorstand bei adesso unter anderem für den Personalbereich verantwortlich. Neben den Ressorts Human Resources, Proposal Management and Corporate Communications verantwortet er ebenso die Geschäftsbereiche Automotive and Transportation, Manufacturing Industry sowie für diverse Auslandsgesellschaften. Vor seiner Bestellung in den Vorstand der adesso SE 2018 fungierte Dirk Pothen zuletzt als Managing Director DACH bei der SQS Software Quality Systems AG in Köln. Davor war das adesso-Vorstandsmitglied fünfzehn Jahre lang in verschiedenen Management-Positionen bei Atos und T-Systems tätig, unter anderem als Senior Vice President Anwendungsentwicklung. Foto: ©Adesso SE

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