„Eine Messe macht für mich Interaktion aus“

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Interaktiv, intuitiv und spielerisch sollen Online-Messen sein. Ein Interview mit Alexander Petsch, HRM Institute, über Trends in der HR-Messelandschaft.

„Was macht eine Messe aus“, fragte sich Alexander Petsch, Veranstalter unter anderen der TALENTpro, L&Dpro und HR Tech. Seine Antwort: Interaktion. Messen haben wie alle Veranstaltungen einen unschätzbaren Vorteil: Man trifft Menschen. Mit denen man sich gerne austauscht, weil sie vom Fach sind, ähnliche Interessen haben. Interaktion also. In live wäre diese sicher am besten, aber wenn das nicht geht, was ist dann die zweitbeste Lösung? Wie schafft man eine Online-Messe, die Interaktion fördert? Und: Wie werden „Corona-sichere“ Live-Veranstaltungen in 2021 aussehen? Hier kommen Antworten.

Wie fällt Ihre Bilanz des Corona-Jahres aus?

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Alexander Petsch: Aus dem Blickwinkel des Messemachers natürlich desaströs. Da Live-Veranstaltungen unser Hauptgeschäftsfeld sind und wir das ganze Jahr über keine einzige Fachmesse gemacht haben, ist der Schaden entsprechend groß. Auf der anderen Seite haben wir stark digitalisiert. Wir waren zum Glück gut aufgestellt. HRM.de als Netzwerk für Personaler gibt es seit über zehn Jahren. Dann hatten wir durch unsere Beteiligung an der B2B-Insider auch ein gemeinsames Know-how über die letzten zwei bis drei Jahre aufgebaut, was HR-Online-Konferenzen angeht.

Sie hatten nach der Zukunft Personal und der HR Online Expo in einem Kommentar auf LinkedIn virtuelle Messen kritisiert. Was gefällt Ihnen daran nicht?

Alexander Petsch: Ich hatte das eigentlich nicht als Kritik an virtuellen Messen verstanden. Gemeint war eine differenzierte Betrachtung dieser Veranstaltungen. Wenn ich mir unsere Erfahrungen der letzten sechs Monate anschaue, dann hatten wir sehr ausgeprägte Lernkurven. Das schönste Learning im Dialog mit meinen Kunden war deren durchgängige Aussage „hoffentlich findet Ihr bald wieder live statt“. Daran kommt einfach nichts vorbei. Wir haben in diesem Jahr schon drei Plattformen entwickelt. Jeder Schritt war ein Schritt nach vorne und ich bin ziemlich glücklich mit der aktuellen Lösung. Weil sie sehr interaktiv, intuitiv und spielerisch ist und nur geringe Hürden in Sachen technisches Verständnis aufbaut.

Das Thema Online-Messen verfolge ich seit 15 Jahren. Damals gab es in den USA eine Online-Messe für Online-Marketing. Und die ist eingegangen. Ich hatte mir eigentlich geschworen, mir keine Onlinemessen mehr anzuschauen, bis es in den USA wieder eine entsprechende Messe gibt. Und dann kam Corona. Und ich war entsetzt, dass sich in den letzten 15 Jahren in der Technologie und den Ideen dahinter nicht viel verändert hat.

Damit beziehen Sie sich aber nicht auf die Zukunft Personal Europe Virtual?

Alexander Petsch: Das ist keinerlei Kritik an den Kolleginnen und Kollegen der Zukunft Personal. Die können ja auch nur mit den Technologien arbeiten, die es momentan gibt. Das ist vielmehr eine Kritik an den Providern dieser Technologien.

Es gibt unterschiedliche Philosophien in Sachen Online-Messe. Die eine besagt, dass man einen Messestand in der digitalen Welt als digitalen 3D-Raum begreifen muss. Und als Avatar diesen durchlaufen kann. An dieses Modell glaube ich nicht. Ich halte es für sinnvoller, an der User Experience zu arbeiten und sich darauf zu konzentrieren. Und das hat nichts mit dem Nachbau des reellen Messegeschehens zu tun. Sondern indem man sich fragt „was macht eine Messe aus“. Eine Messe macht für mich Interaktion aus. Und: Interaktion bedeutet gerade nicht, dass ich eine blinkende Webseite vorfinde, wo ich dann letztlich nur ein PDF herunterladen kann oder Texte in einen Chat eingeben kann.

Wir haben experimentiert, wie wir diese Interaktion herstellen können. Im ersten Schritt haben wir Technologien wie Zoom-Räume eingebunden, aber da ist die Akzeptanz auf der Nutzerseite noch nicht da. Technisch lässt sich das alles machen. Aber die Nutzer scheitern dann oft an den unterschiedlichsten Hürden, was dazu führt, dass Interaktion nicht zustande kommt.

Wir konzentrieren uns darauf, dass es intuitiv läuft und den Nutzern Spaß macht. Als wir die jetzige Lösung entwickelt hatten, verlor ich schlagartig die Lust, mich mit all dem zu beschäftigen, was wir vorher gemacht haben. Das ist vom Bauchgefühl her ein gutes Zeichen, dass wir manche Dinge jetzt deutlich besser machen als zuvor.

Sprechen wir über die HRM Interactive Plattform?

Alexander Petsch: Genau. Die HRM Interactive Platform besteht aus drei Hauptbestandteilen. Wir bauen keinen virtuellen Messestand nach, sondern bieten ein Informationsprofil, wo sich Besucher informieren können, was einzelne Anbieter oder Sponsoren machen. Das ganze ergänzt um Videos der Anbieter die auf strukturierte Fragen erste Antworten geben. So kann man sich im Vorfeld bereits informieren.

Von diesem Profil geht es dann direkt zum virtuellen Kommunikations-Floor. Dort hat dann jeder Aussteller einen virtuellen Stand oder besser Tisch und kann direkt mit den Besuchern interagieren. Das funktioniert spielerisch. Als Besucher kann ich mich bei einem Anbieter einfach dazusetzen, per Doppelklick. Dann bin ich direkt in der Interaktion. Der Anbieter kann bis zu sieben Personen gleichzeitig Präsentationen zeigen oder seinen Screen sharen. Mit dieser Lösung werden wir nächstes Jahr auch die Pausen unserer Online Kongresse der TALENTpro, L&Dpro und HR Tech umsetzen

Sie schreiben auf LinkedIn: Virtuelle Plattformen ermöglichen eher Marketing als Vertrieb. Wird das auch so mit der HRM Interactive Plattform sein?

Alexander Petsch: Vom Vertriebsergebnis ist eine virtuelle „Expo“ auch bei uns noch nicht mit der Erfahrung einer unserer „live vor Ort“ Expofestivals zu vergleichen. Wir stellen fest, dass Personaler online in erster Linie an Inhalten interessiert sind und die Interaktion sich langsam entwickelt. Das hat sicher verschiedene Ursachen. Technische Innovationen werden am Anfang überschätzt und langfristig unterschätzt. Wir arbeiten daran, dass sich diese Interaktion weiter entwickelt. Im nächstes Jahr dann in Hybrider Form ein Angebot für die Besucher vor Ort und für die, die sich online zuschalten, sowie als online Kongresse in rein digitaler Form.

Springen wir doch einmal in das nächste Jahr. Im Juni 2021 findet die HR Tech statt. Personaler sind ja nicht eben für Tech-Affinität bekannt. Ist es Corona-bedingt jetzt Zeit für ein solches Angebot?

Alexander Petsch: Das hatten wir schon lange auf unserer Roadmap. Corona ist ein Treiber des Ganzen. Dadurch wird das Thema noch viel aktueller. Vor Corona hätte ich gesagt, dass ein extrem hoher Nachholbedarf bestehen würde. Jetzt haben ja schon viele Unternehmen einiges gemacht. Aber es wird ein Top-Thema bleiben.

Was werden denn die Schwerpunkte und Highlights der HR Tech sein?

Alexander Petsch: Wir ziehen mit dem HR Tech – Expofestival ins Freie. Die HR Tech wird nicht in einer Messehalle stattfinden sondern als Expofestival Summer Edition outdoor vor den Toren des Rheinergie Stadions organisiert. Jeder Aussteller hat sein eigenes Zelt, in dem sein Stand steht. Die Besucher bewegen sich die meiste Zeit im Freien. Es gibt entsprechende Abstandsflächen in den Ständen und Belüftungen in den Zelten durch das Öffnen der Seitenflächen. Auch die Content Stages mit den Speakern sind zwar zum Teil durch die „Tribünen des 1.FC Köln“ überdacht, aber im Freien.

Wir hatten jetzt viel über negative Aspekte der Pandemie für die Messelandschaft gesprochen. Was hat sich durch Corona positiv verändert? Gab es da auch Impulse?

Alexander Petsch: Ja, ich glaube schon. Eine Auswirkung auf die Messelandschaft ist, dass es eine höhere Wertschätzung für den menschlichen Kontakt gibt. Und ein Bewusstsein dafür, wie wichtig dieser ist. All business is people business – das gilt für HR noch viel stärker als für viele andere Bereiche. Und ich glaube, dass man die Formate, die es nach Corona noch geben wird, mehr wertschätzt.

Das Interview führte Helge Weinberg, Herausgeber HR JOURNAL. 

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist TALENTpro_6cm.jpg TALENTpro 2021
Online Konferenzen: 
22.-25. März 2021
8.-11. November 2021
TALENTpro Expofestival: 7.-8. Juli 2021 / München 
Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist HRTSIEF_SE_Logo_final_web.jpg HR Tech Software & Innovation
Online Konferenzen: 
08.-11. März 2021
11.-14. Oktober 2021
HR Tech Software & Innovation Expofestival: 23.-24. Juni 2021 / Köln

 

Alexander R. Petsch

Alexander R. Petsch ist Gründer des HRM Institute, welches mit HRM.de ca. 30.000 Personaler in der DACH Region vernetzt, Expofestivals und Digital Events wie die „TALENTpro“, „L&Dpro“, „HR Tech Software & Innovation“ oder den „Salon RH“ veranstaltet. Das HRM Institute verlegt auch das blog.TALENTpro – Magazin, den „personal manager – Österreichs Zeitschrift für Human Resources und betreibt mit HR-jobs.de eine Karriereplattform für Positionen im Human Resources.

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