Die Art des Lernens in der Berufsschule ist aus Sicht der Auszubildenden ein Schwachpunkt in der dualen Ausbildung. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Azubi-Recruiting Trends 2020“ von u-form Testsysteme. An Deutschlands größter doppelperspektivischer Umfrage zum Azubi-Marketing und -Recruiting haben von Januar bis März des Jahres 5.754 Azubis und Schüler sowie 2.001 Ausbildungsverantwortliche teilgenommen.
Bei der Bewertung von zwölf Faktoren, die die duale Ausbildung ausmachen, schnitt die „Art des Lernens in der Berufsschule“ in der Studie am schlechtesten ab: Nur 43,2 Prozent der Azubis bewerten sie mit „gut“ oder „sehr gut“. Die „Arbeitsinhalte im Betrieb“ stufen dagegen 80,3 Prozent als „gut“ oder „sehr gut“ ein, die „Hilfsbereitschaft der Ausbildungsverantwortlichen“ 82,8 Prozent.
Ungestillter Hunger nach Feedback
Aber kommen die Ausbilder auch dem Bedürfnis der jüngeren Generation nach Feedback ausreichend nach? Azubis finden das durch ihre Ausbildungsverantwortlichen gegebene Feedback gut: 77,9 Prozent ordnen es als „hilfreich“ ein, 71,7 Prozent als „motivierend“. Die eindeutige Mehrheit der Azubis bemängelt allerdings, dass sie nicht genug Feedback bekommen, insbesondere in Form eines „ausführlichen, individuellen Gesprächs“, das 69,9 Prozent der Azubis „niemals“ oder „selten“ erhalten.
Gut aufgestellt – aus der Perspektive der Azubis
Dabei ist die heutige Generation Azubi durchaus selbstbewusst. Generell betrachten sich ihre Angehörigen als motiviert, leistungsstark und diszipliniert, die Ausbilder sehen das jedoch etwas anders. So schreiben sich über drei Viertel der Auszubildenden ein ausgesprochen „gutes Benehmen“ zu, aber nur 17,1 Prozent der Ausbildungsverantwortlichen würde ein solches Verhalten ohne Einschränkungen einem „Großteil der Auszubildenden“ zubilligen. Jedoch bieten nur 43,5 Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe Benimmkurse für ihre Auszubildenden an.
Generation Greta: eher bei den Ausbildern vertreten
Nach welchen Kriterien wählen Azubi-Bewerber ihren Ausbildungsplatz aus? Der „gute Ruf als Ausbildungsbetrieb“ liegt hier weit vorn – 67,7 Prozent der Befragten positionieren dieses Kriterium unter die ersten drei von insgesamt acht Rängen. Hoch priorisiert werden zudem die Übernahme eines Großteils der Azubis (63,0 Prozent) sowie Wohnortnähe (49,6 Prozent) und Höhe der Ausbildungsvergütung (48,3 Prozent). Weit abgeschlagen in diesem Ranking ist mit 13,3 Prozent der „Klima- und Umweltschutz“. In einer weiteren, direkten Frage nach ihrer Haltung zum Klimaschutz betrachten allerdings 56,4 Prozent der Azubis und Azubi-Bewerber diesen als „wichtig“ oder „eher wichtig“. Bei den Ausbildern sind es mit 81,6 Prozent wesentlich mehr Befragte als in der jüngeren Generation.
Praktika für Schüler
Praktika für Schüler sind ein wichtiger Kontaktpunkt, wenn es um die duale Ausbildung geht. Hier besteht in einigen Betrieben aktuell Optimierungsbedarf. Immerhin ein Viertel der befragten Auszubildenden gibt an, während des Praktikumseinsatzes als Schüler vor allem „Hilfsarbeiten, die sonst niemand machen wollte“, durchgeführt zu haben. 42,4 Prozent der Ausbildungsbetriebe verfügen über kein festes Schema, mit dem Praktikanten einen Beruf kennen lernen können. Doch Schüler wollen genau das: 72,8 Prozent von ihnen suchen sich ein Praktikum danach aus, ob der Beruf angeboten wird, für den sie sich interessieren. Für die Ansprache von Schülern ist nicht „Employer Branding“, sondern „Jobmarketing“ erfolgsentscheidend.
Stellenanzeigen: Jobmarketing statt Employer Branding
Das gilt auch für Stellenanzeigen, die sich an künftige Azubis richten: Die „Beschreibung des Ausbildungsberufs“ finden 61,0 Prozent der Zielgruppe „sehr wichtig“. Das ist unter den verschiedenen Informationen in der Stellenanzeige der höchste Wert. Der „Ablauf der Ausbildung“ kommt bei den „sehr wichtig“-Nennungen auf 38,2 Prozent. Stellenanzeigen für Azubis sollten sich stärker mit den Aufgaben und dem Ausbildungsberuf beschäftigen. Denn dieser Punkt ist in gängigen Stellenanzeigen für Auszubildende sehr schwach entwickelt.
Künstliche Intelligenz und Blick auf Tests
Im Hinblick auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zeigt sich die junge Generation der Studie zufolge skeptisch. So finden es nur sehr wenige Azubis und Schüler gut (4,4 Prozent), wenn Chatbots die Kommunikation mit Azubi-Bewerbern führen oder Algorithmen deren Vorauswahl übernehmen würden (13,2 Prozent). Im Vergleich dazu schneiden Tests besser ab. Die Mehrheit (60,9 Prozent) hält eine Kombination von Tests und Vorstellungsgesprächen für Ausbildungsbetriebe für geeignet, herauszufinden, welche Kandidaten wirklich passen.
Anhaltender Trend zum Kandidatenmarkt
“Unser im Anschluss an die Studie „Azubi-Recruiting Trends“ erhobenes „Corona-Stimmungsbarometer duale Ausbildung“ hat gezeigt, dass rund die Hälfte der Ausbildungsbetriebe vor dem Hintergrund der Krise wesentlich weniger Bewerbungen erhalten. Damit wird es für viele Betriebe in diesem Jahr besonders eng”, sagt Felicia Ullrich, die die Studie für u-form Testsysteme maßgeblich betreut. Die Ausbildungsexpertin empfiehlt den Verantwortlichen, noch genauer auf den Informationsbedarf der Zielgruppe zu achten und gerade in diesem Jahr in die duale Ausbildung zu investieren.
Wissenschaftlich begleitet wurde die Studie wie schon in den Vorjahren von Prof. Dr. Christoph Beck. Studienpartner der „Azubi-Recruiting Trends 2020“ ist die AUBI-plus GmbH. Weitere Informationen zur Studie.