Schreckgespenst KI: Droht jetzt die ChatGPT-Einheitsbewerbung?

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Wie werden sich Bewerbungen durch den Einfluss von ChatGPT und Co. verändern? Carl Hoffmann, COO CleverConnect, gibt Entwarnung: Noch ist die ChatGPT-Einheitsbewerbung eher die Ausnahme.

Kaum eine technologische Innovation hat weltweit für mehr Aufruhr, Interesse, Bedenken und gleichzeitige Akzeptanz gesorgt als ChatGPT. Rund 1,7 Milliarden Besucherinnen und Besucher verzeichnet die Website des intelligenten Sprachbots jeden Monat. Die Einsatzgebiete, privat wie beruflich, könnten nicht vielfältiger sein – von der Texterstellung und -bearbeitung, Datenanalyse, Ideenfindung, Inspirationsquelle für neue Kochrezepte bis hin zum Programmieren von Software. Während einige Unternehmensbereiche einen klaren Vorteil in der KI-Innovation sehen, stellt sich für den HR-Bereich die Frage, wie sich Bewerbungen durch den Einfluss von ChatGPT und Co. in Zukunft verändern werden.

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Bewerbungen – geht die persönliche Note bald verloren?

Droht jetzt die ChatGPT-Einheitsbewerbung?
Envato/AndersonPiza

Das Motivations- bzw. Anschreiben für Bewerberinnen / Bewerber ist das ideale Mittel, um sich von der Konkurrenz abzuheben sowie Kompetenzen, Stärken und Erfahrungen auf individuelle und persönliche Art auszudrücken. Auch wenn immer mehr Unternehmen darauf verzichten: Insbesondere für Quer- und Berufseinsteigerinnen / -Berufseinsteiger, bei vorangegangener Kündigung, aktueller Arbeitslosigkeit oder anderen besonderen Umständen, ist das Anschreiben trotz allem Zusatzaufwand eine gute Möglichkeit, sich über den bloßen Lebenslauf hinaus zu präsentieren. Aber auch der klassische Lebenslauf erfordert Formulierungsgeschick, gerade wenn durch den Verzicht auf ein Anschreiben auch Persönlichkeit und Berufserfahrung neben bloßen Daten und Karrierestationen einfließen sollen.

Dieser erste Eindruck in Wort und Schrift ist auch für HR-Verantwortliche wichtig, um über einen möglichen „Match“ zu entscheiden und den Bewerber oder die Bewerberin zu einem persönlichen Gespräch einzuladen. Kommt hier künstliche Intelligenz ins Spiel, ist die Gefahr groß, dass nicht nur ein falsches Bild vermittelt wird, sondern auch die persönliche Note abhandenkommt.

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Aber ist die vorherrschende Angst vor dem ChatGPT-Hype und einer ChatGPT-Einheitsbewerbung berechtigt? Diese Frage lässt sich, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, mit einem klaren Nein beantworten. Laut einer aktuellen Studie, die CleverConnect zusammen mit dem YouGov-Institut durchgeführt hat, haben lediglich 11 Prozent der Deutschen bereits öffentlich zugängliche KI für die Erstellung ihrer Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf und Anschreiben genutzt. Diese Zurückhaltung lässt Recruiterinnen / Recruiter vorerst aufatmen: Die Entscheidung für oder gegen ein Talent ist noch nicht durch KI-basierten, beliebig austauschbaren Inhalt getrübt.

ChatGPT-Einheitsbewerbung – Heute schon an morgen denken

Foto Künstliche Intelligenz
Envato/Rawpixel

Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis sich ChatGPT und Co. im großen Stil im Bewerbungsprozess wiederfinden. Zwar wollen künftig nur 2 von 10 befragten Deutschen für ihre Bewerbungsunterlagen auf KI zurückgreifen, doch das könnte eher an bisher mangelnden Kompetenzen im Umgang mit dieser Technologie auf Seiten der Bewerberinnen / Bewerber liegen. Die Studienergebnisse zeigen auch, dass gerade die jüngere Generation sehr offen gegenüber der neuen Technologie und den Möglichkeiten, die sie bietet, ist. Knapp ein Viertel der 25 – 34-jährigen setzt bei der Jobsuche bereits auf KI.

Was allerdings auffällt: Die derzeit schwierige wirtschaftliche Lage ist wohl mit ein Hauptgrund, der bei Berufstätigen zu Unsicherheit führt, denn derzeit sind nur rund 16 Prozent aktiv auf Jobsuche. Das heißt für Unternehmen: Aktiv werden! Passende Kandidatinnen / Kandidaten, die zwar aktuell eine Arbeitsstelle haben, aber durchaus wechselwillig sind (31 Prozent), müssen Unternehmen selbst ausfindig machen. Der passive Arbeitsmarkt rückt bei der Besetzung offener Vakanzen in den Vordergrund und macht ein Umdenken nötig. Wer heute noch ausschließlich auf “Post & Pray” setzt, der hat langfristig das Nachsehen im Wettrennen um die besten Köpfe.

Recruiting-Methoden: Mitarbeiterempfehlungen fördern und Talent Pool ausschöpfen

Unternehmen müssen also an sich und ihrem Auftritt arbeiten, um geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden und sie von sich zu überzeugen. Wie die Studie veranschaulicht, haben Unternehmen in Deutschland besonders bei der Auswahl der Recruiting-Alternativen noch einiges aufzuholen. Vitamin B spielt, neben der klassischen Stellenanzeige, bei der Jobsuche hierzulande eine große Rolle. 29 Prozent der Befragten sind schon einmal mit dem Thema Mitarbeiterempfehlungen in Berührung gekommen.

Moderne Ansätze wie Active Sourcing (20 Prozent), der Aufbau von Talent Pools (12 Prozent) oder das so genannte Nurturing (14 Prozent), also die Pflege der gesammelten Kontakte durch Kampagnen, werden derzeit noch vernachlässigt.

Wer neue Fachkräfte finden will, muss sich mit proaktiven Recruiting-Ansätzen beschäftigen und das Potenzial heben, das in der Ansprache passiver Kandidatinnen / Kandidaten liegt.

Candidate Experience: Mit Technologie sinnvoll unterstützen

Ist das Interesse dann erst einmal geweckt, verlieren viele Unternehmen Bewerberinnen / Bewerber bereits im ersten Schritt der Candidate Journey. Komplizierte, langwierige Bewerbungsverfahren und fehlende Informationen in der Stellenausschreibung sind mit die größten „Bewerbungs-Killer“, dicht gefolgt von der Karriereseite. Eine nicht benutzerfreundliche Oberfläche schreckt dabei über 30 Prozent der Talente ab. Um kein Potenzial zu verschenken, sollten Unternehmen daher genau hier ansetzen und die Candidate Journey an die gestiegenen Ansprüche anpassen.

Technologie ist hier der perfekte Sparringspartner. So genannte Smarte Karriereseiten helfen mit KI-gestütztem Matching dabei, Inhalte zu personalisieren und Webseiten-Besucherinnen / -Besucher schnell zur gewünschten Information zu führen. Dies kann beispielsweise über eine Guided Search, über das Parsing eines hochgeladenen CV oder auch über einen Chatbot funktionieren. Generative KI wie ChatGPT unterstützt bei der Erstellung von zielgruppenspezifischen Inhalten. Und Automatisierungen helfen dabei, die Kommunikation mit Kandidatinnen / Kandidaten am Laufen zu halten und DSGVO-Prozesse im Hintergrund und ohne Zusatzaufwand abzuwickeln.

Fazit: Deutschland muss sich mehr trauen

Während das Schreckgespenst KI wohl vorerst keine größere Rolle bei der Bewerbung an sich spielt, zeigt die Studie, dass es für HR-Verantwortliche andere Bereiche mit deutlichem Optimierungspotenzial gibt. Die Ergebnisse bieten nicht nur Einblick in nicht genutztes Potenzial sie decken auch auf, welche Recruiting-Methoden bereits gut funktionieren. Die Mitarbeiterempfehlung hat sich in Deutschland etabliert. Hier sollten Arbeitgeber ansetzen und mit einem gezielten Programm stärkere Anreize für Mitarbeitende setzen, neue Talente zu werben.

Der Talent Pool nimmt weiter an Bedeutung zu, er wird zu einer der wichtigsten Quellen, wenn es um das Suchen und Finden neuer Talente und sowie das optimale Ausschöpfen von Active-Sourcing-Aktivitäten geht. Hier müssen Unternehmen ihre Hausaufgaben machen, um sich optimal für die Zukunft des Recruitings aufzustellen.

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Foto Carl Hoffmann

Carl Hoffmann ist Co-Founder und COO bei CleverConnect. Er hat 2013 die Talentry GmbH mitgegründet. Seit der Fusion von Talentry mit CleverConnect im Juni 2022 ist Carl als Co-Founder und COO von CleverConnect für das Business Development sowie die Internationalisierung verantwortlich. Unter Carls Führung ist Talentry mehrfach ausgezeichnet worden, z. B. mit dem HR Excellence Award, dem HR-Innovation Award und als Top 10 HR-Tech Solution Provider.

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