Die Zukunft der Arbeit navigieren: Vier fiktive Szenarien als Wegweiser

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Wie könnte die Zukunft der Arbeit im Jahr 2040 aussehen? Vier Szenarien geben wichtige Impulse, um den Wandel bewusst zu gestalten. Kristina Gerwert, Vorständin adesso SE, wirft einen Blick auf die Zukunftsbilder. Unabhängig von den unterschiedlichen Szenarien werden Unternehmen um eines nicht herumkommen: Sinnstiftende Arbeit anzubieten und diese eng mit der Kultur und den Werten des Unternehmens zu verknüpfen.

Die Zukunft der Arbeit hat sich am 30. November 2022 mit einem Schlag verändert, als das kalifornische KI-Startup Open AI das erste GPT-Modell für seinen Chatbot öffentlich machte. Plötzlich war künstliche Intelligenz eine für alle nutzbare Realität und befeuert seitdem vor allem Horrorszenarios: Werden Maschinen in Kürze unsere Jobs übernehmen? Die Wahrheit ist deutlich komplexer – und viel positiver.

Und doch ist der Release von ChatGPT ein wichtiges Symbol: Die vierte industrielle Revolution ist in vollem Gange, vielleicht sogar mit stärkerer disruptiver Wirkung als die Erfindung der Dampfmaschine, die Entdeckung der Elektrizität und die ersten Computer. Mit jeder bisherigen Revolution wurde neu ausgehandelt, wie Menschen ihre Arbeit gestalten und wie sie zusammenleben. Jetzt also für die Arbeit 4.0.

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Wer ChatGPT nach der Zukunft der Arbeit fragt, wird nicht überrascht: Die wichtigsten Faktoren seien Digitalisierung und Automatisierung durch KI und Robotik. Produktionszyklen, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle wandeln sich gerade durch die Digitalisierung und damit auch die Organisation von Arbeit und deren Kultur. Die Corona-Pandemie hat gezeigt: Vieles kann sich erstaunlich schnell ändern.

Auf wissenschaftlicher Basis: Vier Szenarien für das Jahr 2040

Die Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hat das Zukunftsbild systematisiert und vier Szenarien entwickelt: Wie könnte Arbeit im Jahr 2040 aussehen? Dafür wurde ein vielschichtiger Foresight-Prozess angestoßen. Methodisch sind in Wissenschaft, Verbänden und Gesellschaft bestehende Vorstellungen, Einschätzungen und Ideen zur Zukunft analysiert worden.

Die Ergebnisse sind mit wissenschaftlichen Projektionen zum Beispiel zum demografischen Wandel, zum Potenzial des Fachkräftepools und zu den Auswirkungen des Klimawandels abgeglichen worden. Die unterschiedliche Gewichtung von Schlüsselfaktoren hat zu folgenden Zukunftsbildern geführt: der smarten Maschinen-Gesellschaft, der Plattform-Gesellschaft, der Welt des Netzwerkkapitalismus und der ressourceneffizienten Gesellschaft.

Das sind keine Prognosen. Niemand geht davon aus, dass sich im Jahr 2040 ein Entwurf in Reinform durchgesetzt haben wird. Aber diese sorgfältig skizzierten Szenarien laden nicht nur die Politik, sondern auch Unternehmen ein, sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen, was auf sie zukommt. Zentrale Gestaltungsfragen können identifiziert und strategische Lösungsansätze entwickelt werden. Wenn man die momentane Tendenz zum Arbeitnehmermarkt in die Zukunft projiziert, werden nur diejenigen Unternehmen für Fachkräfte attraktiv sein, die sich den wachsenden Ansprüchen sukzessive angepasst haben.

Die Zukunft der Arbeit - Künstliche Intelligenz ist der Schlüssel
Envato/Rawpixel

Szenario 1 – Smarte Maschinen bestimmen den Arbeitsalltag. Der Bevölkerungsrückgang und damit fehlende Fachkräfte sind durch Automatisierung kompensiert worden, die Folgen des Klimawandels werden durch den technologischen Fortschritt bekämpft. Durch den flächendeckenden Einsatz von KI ist Effizienz zu einem zentralen Wert in allen Bereichen der Leistungsgesellschaft geworden.

Künstliche Intelligenz ist der Schlüssel

Fiktive Folge dieses Szenarios könnte eine neue Flexibilisierung von Arbeit und Freizeit sein und eine geringere Stundenzahl in der Arbeitswoche. Arbeitsplatzprofile werden deutlich interessanter und komplexer, da monotone Routineaufgaben von künstlicher Intelligenz übernommen werden. KI ist der Schlüssel zum Entstehen einer smarten Maschinen-Gesellschaft. KI-generierte Schulungen bilden Mitarbeitende je nach tatsächlichem Bedarf fort, Wissensquellen werden für alle bereitgestellt und Teams können global nahtlos zusammenarbeiten. Projekte werden viel stärker skillbasiert besetzt – für bessere Ergebnisse und zufriedenere Mitarbeitende.

Und um das Horrorszenario final auszuhebeln: KI wird in Zukunft immer mehr Tasks übernehmen, aber keine Jobs. Open AI-Gründer Sam Altman hat dazu bemerkt: „I believe that there will be far greater jobs on the other side of this and that the jobs of today will be better.”

Szenario 2 – Plattformen haben sich als Geschäftsform durchgesetzt und Wirtschaftsleistungen werden über digitale Märkte abgesetzt. Geschäftsmodelle sind häufig datengetrieben. Und als dominante Form der Wertschöpfung hat sich flexible Projektwirtschaft durchgesetzt – mit dem Ziel einer höheren Produktivität. Task-, Zeit- und Projektarbeit nach New Work-Grundsätzen kämpfen gegen die schrumpfende Bevölkerung und den Fachkräftemangel an. Die Gesellschaft individualisiert sich immer weiter, der Leistungsdruck steigt, Spezialisten sind gefragt wie nie.

New Work: Agil arbeiten in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung

Die soziale Komponente hat sich vor allem durch New Work und agiles Arbeiten verändert. Mobiles Arbeiten ist der Normalfall. Aber wenn man in den Geschäftsräumen zusammenkommt, wird der Arbeitsplatz zum Zusammenarbeitsplatz und bewusst genutzt für die soziale Interaktion. Freiheit, Selbstständigkeit, die Übernahme von Verantwortung und Teilhabe an der Gemeinschaft – im Projektkontext müssen alle gut abgestimmt sein und einen gemeinsamen Spirit pflegen, um mit diesen Werten erfolgreich zu sein.

Szenario 3 – Der Netzwerkkapitalismus befeuert Digitalunternehmen als eigene Ökosysteme mit weitreichenden Netzwerken, in denen viele zentrale Aufgaben der Lebensgestaltung aufgehen wie Bildung, Vorsorge und Freizeit. Große Internetkonzerne als zentrale Innovationstreiber haben die Datenhoheit, übernehmen die Forschung und viele Aufgaben des schwächer werdenden Staats. Die Menschen, die außerhalb dieser Ökosysteme verbleiben, drohen sozial abzurutschen. Daher ist die wichtigste Herausforderung für die einzelne Person, entscheidende Future Skills zu erwerben und weiterzuentwickeln – und das gilt für jedes der vier Szenarios. Lebenslanges digitales Lernen sowie Resilienz, um belastende Situationen schadlos auszuhalten, sind zentrale Fähigkeiten, um adaptionsfähig zu bleiben und Veränderungsprozesse souverän zu überstehen oder sogar mitzugestalten.

Foto Solar Panel
Envato/leungchopan

Szenario 4 – In der ressourceneffizienten Gesellschaft hat nachhaltiges Wirtschaften höchste Priorität und dafür ist Digitalisierung ein entscheidender Treiber. Ordnungspolitische Vorgaben, um die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels abzufedern, prägen Wirtschaft und Gesellschaft. Die Dekarbonisierung des Gewerbes führt zu schmerzhaften Wohlfahrtsverlusten, stärkt gleichzeitig aber auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Wir-Gefühl. Durch den Strukturwandel können neue Arbeitsplätze entstehen, allerdings werden Ressourcen-Ineffizienzen konsequent abgebaut.

Die Zukunft der Arbeit: Denkanstöße für den konsequenten Wandel

Welches der Szenarien wir in welcher Ausprägung in 2040 auch immer wiedererkennen werden, um einige wichtige Anpassungen werden Unternehmen nicht herumkommen: sinnstiftende Arbeit anzubieten und sie eng mit Kultur und Werten des Unternehmens zu verbinden, mit dem Purpose. Nur dann können Mitarbeitende den nötigen Freiraum für ihre Entfaltung erhalten, ohne das Unternehmensziel aus den Augen zu verlieren. Wie hoch der Automatisierungsgrad in rund 15 Jahren auch sein wird, jede kleine der vielen täglichen Entscheidungen – von Menschen und Maschinen – müssen auf das gemeinsame Ziel einzahlen.

Die vier Szenarien der Denkfabrik geben wichtige Impulse, um den Wandel bewusst zu gestalten. Nicht nur Mitarbeitende müssen sich auf Veränderung als das neue Normal einstellen und in sich Resilienz kultivieren. Auch Unternehmen sollten auf exogene Schocks gut vorbereitet sein, wie es der Ausbruch einer Pandemie und eines Kriegs mitten in Europa gerade gezeigt haben.

Gesamtgesellschaftliche, technologische und klimabezogene Entwicklungen werden den Arbeitsmarkt prägen, dynamische Anpassungen sind die Folge. Bildung, Flexibilität, Mobilität und Konnektivität sind wesentliche Erfolgsmerkmale. Vor uns liegen nie da gewesene Chancen auf sinnstiftende, erfüllende Arbeit, aber auch die Herausforderung, den Wandel zu begrüßen und zu gestalten, um – im übertragenen Sinne – zu überleben. Und das wusste Evolutionsforscher Charles Darwin schon vor über 150 Jahren: „Es ist nicht die stärkste Art, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am besten auf Veränderungen reagiert.“

Link zum PDF der sehr differenziert dargestellten Szenarien der Denkfabrik.

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Foto Kristina Gerwert

Kristina Gerwert ist seit dem 1. Juli 2023 Mitglied des Vorstands von adesso und dort in erster Linie verantwortlich für das Ressort Personal, außerdem für eine Tochtergesellschaft im Versicherungssegment und für den Bereich Corporate Buildings. Die Berufung Gerwerts in den Vorstand des international expandierenden Unternehmens unterstreicht die Bedeutung der Mitarbeitenden-Entwicklung – für die nachhaltige Zukunftsfähigkeit von adesso. Die diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist im Jahr 2001 bei adesso eingestiegen und war lange Zeit Personalchefin.

 

 

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