Wie können Unternehmen den Mix aus Jung und Alt moderieren? Antworten gibt Simone Seidel, Director People Central Europe bei Sage.
Mit dem Eintritt der Generation Z in das Berufsleben befinden sich nun erstmals fünf unterschiedliche Altersgruppen gleichzeitig auf dem Arbeitsmarkt. Firmen können dadurch von einer bislang historisch einmalig großen Bandbreite an Erfahrungen und Begabungen profitieren. Zugleich steht das Personalmanagement aber vor neuen Herausforderungen.
Das Management einer Belegschaft mit höchst unterschiedlichen Vorprägungen ist sehr komplex. Denn gleich ob Traditionalisten, Babyboomer, Generation X, Y oder Z – alle bringen ihre unterschiedlichen Begabungen, Lebenserfahrungen sowie Erwartungen an den Arbeitgeber und den Arbeitsalltag mit.
Anforderungsprofile beachten
Eine von Sage im Jahr 2019 durchgeführte weltweite Umfrage unter 550 HR-Experten und Leitern hat gezeigt, in welchen Bereichen sie besondere Hürden sehen, um das Personal gemäß ihrem Alter und ihrer Kompetenzen zu unterstützen. Die Herausforderungen ergeben sich insbesondere aus den unterschiedlichen Fähigkeiten der Belegschaft – etwa bei der Digitalisierung: Den in der noch analogen Welt aufgewachsenen Traditionalisten und Babyboomern stehen die Digital Natives gegenüber. Daraus ergibt sich offensichtlich eine Kompetenzlücke: Laut Umfrage finden 29 Prozent der Unternehmen nur schwer Mitarbeiter mit den entsprechenden digitalen Qualifikationen.
Die einzelnen Altersgruppen stellen zudem verschiedene Ansprüche an die Work-Life-Balance: Während die Babyboomer dem Job einen hohen Stellenwert geben, ist die Generation X zwar durchaus ehrgeizig, achtet aber zugleich auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben. Die Millenials möchten darüber hinaus gerne den Sinn in ihrer Arbeit erkennen und legen zudem Wert auf Spaß an der Arbeit, während Vertreter der Generation Z diese wieder verstärkt von der Freizeit trennen wollen.
Noch unterschiedlicher ist der Bindungsgrad an den Arbeitgeber. Unabhängigkeit und Selbstbestimmung spielen insbesondere für die Millenials als Repräsentanten der Gig Economy eine größere Rolle als die langfristige Verpflichtung einem Unternehmen gegenüber. Dies spiegelt sich in der wachsenden Nachfrage nach befristeten, projekt- oder zeitbasierten Arbeitsverträgen wieder – im Gegensatz zu den Traditionalisten und Babyboomern, bei denen Stabilität im Vordergrund steht.
Wie aber können Vorgesetzte und Human Ressources eine heterogene Belegschaft managen und sicherstellen, dass sich jeder Mitarbeiter abgeholt fühlt und sich zugleich bei seinem Arbeitgeber einbringen kann?
Den Mix kennen
Die Altersdurchmischung muss zunächst genau analysiert werden. 54 Prozent der befragten HR-Entscheider räumten ein, dass sie mehr Insights im Blick auf ihre gesamte Belegschaft benötigen, 44 Prozent hielten diese für nicht vollständig. Hier hilft die gezielte Auswertung der vorhandenen Personaldaten, die sich mithilfe spezialisierter Systeme aus verschiedenen Quellen konsolidieren und in Zusammenhang bringen lassen. Dabei empfiehlt sich der Einsatz von Predictive Analytics, um künftige Entwicklungen vorhersehen zu können. 34 Prozent der befragten Entscheider in den HR-Abteilungen setzen dafür bereits Datenanalysten oder People Scientists ein.
Es geht aber nicht nur um die Ermittlung der Altersstruktur alleine, sondern auch um deren Berücksichtigung für ein ganzheitliches Abbild der Personalsituation. Das Altersgefüge sollte vor allem dann ins Kalkül gezogen werden, wenn es um die Frage geht, auf welche Kompetenzen ein Unternehmen zurückgreifen kann: Welche Fähigkeiten „gehen bald in Rente“, werden nur von der wechselwilligen Generation Z auf Projektbasis bedient (und stehen damit dem Unternehmen immer nur temporär zur Verfügung) oder sind kaum vertreten?
Aus einer solchen Analyse ergibt sich nicht nur der konkrete Bedarf im Blick auf das Recruiting, sondern auch hinsichtlich interner Fortbildungsmaßnahmen. Schon die Weiterentwicklungsbedürfnisse eines Vertreters der Generation X können sich erheblich von denen eines Millenials unterscheiden. Für 22 Prozent der befragten Personalverantwortlichen stellte sich daher vor allem die Frage, wie sie alle Mitarbeiter optimal auf ihrem Karriereweg begleiten und sie dabei unterstützen können, bestmögliche Leistungen zu erbringen.
HR-Abteilungen sollten in diesem Zusammenhang auch die Bedürfnisse der Belegschaft in Bezug auf deren individuelle Weiterentwicklung regelmäßig in Befragungen ermitteln. Entsprechende Surveys können aber auch Aspekte wie Work-Life-Balance, die Frage danach, welche Tätigkeiten als besonders sinnstiftend wahrgenommen werden, oder Anforderungen an die technische Ausstattung enthalten.
Umgangsformen anpassen
Eine weitere Komponente des Mehrgenerationenmanagements in Unternehmen ist die richtige Kommunikation mit den einzelnen Altersgruppen. Das heißt nicht, sich in Tonfall oder Stil zu verstellen. Verantwortliche sollten hier auf jeden Fall authentisch bleiben. Es kommt vor allem auf die Wahl der geeigneten Kanäle an: Jüngere Kollegen wird man mit App-gestützten Umfragen oder Videobotschaften am besten erreichen. Traditionalisten und Babyboomer bevorzugen das Vieraugengespräch oder das Telefonat. Gerade eine heterogene Altersstruktur macht die permanente Kommunikation und das Geben von Feedback immer wichtiger. Letzteres spielt insbesondere bei der Generation Z eine Rolle, die an die unmittelbare Reaktion in den sozialen Medien gewohnt ist und diese auch im Betrieb erwartet.
Zuletzt stellt ein generationsübergreifendes Mitarbeitermanagement neue Anforderungen an den Führungsstil. Fachkompetenzen zu beurteilen allein genügt nicht mehr. Flexibilität ist gefragt: Babyboomer verlangen vom Abteilungsleiter, dass er immer für das Team da ist, die Generationen X und Y legen aber mehr Wert auf Selbständigkeit. Für die Zukunft werden angesichts heterogener Mitarbeiterstrukturen insbesondere Führungskräfte mit ausgeprägter Sozialkompetenz benötigt. Koordination, Motivation, Moderation und zugleich die Vermittlung von Unternehmenswerten – all dies lässt sich nur mit hoher Empathie und einem kooperativen Führungsstil erreichen.
Das Management von bis zu fünf verschiedenen Generationen ist für viele Unternehmen noch Neuland. HR-Verantwortliche müssen vor diesem Hintergrund bestehende Prozesse überdenken, um die Bedürfnisse und Perspektiven der einzelnen Altersgruppen besser zu verstehen. Dabei helfen empirische, datengestützte Verfahren mit Hilfe von Tools, die detaillierte Einblicke in die Belegschaft liefern. Denn je mehr Personalverantwortliche über ihre Mitarbeiter wissen, desto besser können sie deren Arbeitsalltag unterstützen. Die entsprechende HR-Software spielt dabei eine wesentliche Rolle und sollte bei einem modernen Unternehmen zentraler technologischer Hebel der unternehmenseigenen Personalstrategie sein.
Simone Seidel hat bei Sage die Position des Director People Central Europe inne. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind unter anderem die Auswirkung der Digitalisierung auf die Mitarbeitermotivation und unternehmerische Transformationsprozesse hin zu einer People Company.