Was kennzeichnet eine gute Mitarbeiterbindung? Juliana Kortmann, Director People & Culture bei der d.velop AG, beschreibt in einem Grundsatzbeitrag, welche Maßnahmen sich rechnen.
Um als Unternehmen langfristig erfolgreich zu sein, sind nicht mehr nur die besten Produkte oder neuste Innovationen relevant. Stattdessen tragen die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen immer höheren Stellenwert. Neben dem Überzeugen von neuen und potenziellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist es genauso wichtig, die bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu begeistern. Bei d.velop wird diese Bindung besonders durch unsere Unternehmenskultur gefördert. Gerade bei der aktuellen, herausfordernden Ausgangslage ist es von zentraler Bedeutung, das gelebte Miteinander von “Vor Ort” in die hybride Arbeitswelt von heute zu transferieren.
Wie gestaltet sich eine gute Mitarbeiterbindung?
Generell gibt es drei bis vier unterschiedliche Arten, durch die Mitarbeiterbindung entsteht. Man spricht hier auch von Commitment, welches die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber herstellen. Dazu zählen das affektive, normative, kalkulatorische und habituelle Commitment. Eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung entsteht in der Regel aus einem harmonischen Zusammenspiel aller Dimensionen. Während die emotionale Bindung mitunter zu der wichtigsten Art der Mitarbeiterbindung zählt, sollte dennoch nicht der alleinige Fokus auf diese Dimension gesetzt werden.
- Die affektive Ebene wird durch geteilte Werte, Vorstellungen und Ziele erreicht. Dazu zählen zum Beispiel ein gelebtes Miteinander, die offene Fehlerkultur, Wertschätzung, eigenverantwortliches Arbeiten und das Weiterbildungsangebot.
- Eine normative Bindung entsteht durch Normen und das Pflicht- bzw. Verantwortungsgefühl. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten das mit Beginn ihrer Tätigkeit im Team spüren. Bei d.velop haben wir uns beispielsweise für ein anderes Organisationsmodell, die sogenannte Wabenstruktur, entschieden, im Gegensatz zu den üblichen hierarchischen Modellen. Hier arbeiten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eigenverantwortlich an ihren Aufgaben. Unsere Teams sind crossfunktional aufgestellt, sodass wir nah am Markt arbeiten und agil auf Veränderungen reagieren können.
- Das kalkulatorische Commitment steigt tendenziell mit der Zugehörigkeitsdauer an. Darunter zählen beispielsweise Standard Benefits wie kostenloser Kaffee, Obstkorb oder ein Sportabo. Diese werden aber immer mehr als sogenannte Hygienefaktoren empfunden, die man als Unternehmen einfach haben sollte.
An keiner Stelle dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vergessen werden. Denn jeder Mensch beeinflusst die einzelnen Ebenen der Bindung und die Teammitglieder sind es, die sie annehmen, leben und weitergeben. Genau diese Wirkungskette haben wir bei d.velop beobachtet. Wenn die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter glücklich sind, so hat man die besten Botschafterinnen / Botschafter für das Unternehmen!
Maßnahmen, wie Sie Ihre Kräfte an Ihr Unternehmen binden
Als Personalabteilung hat man die Möglichkeit, durch Maßnahmen gewisse Grundsteine zu legen. Aber machen wir uns nichts vor, die oben genannten Standard Benefits machen das Arbeiten definitiv angenehmer, können aber auch leicht kopiert werden. Sie sind häufig nicht der ausschlaggebende Grund, warum sich jemand für einen Arbeitgeber entscheidet und noch weniger, warum jemand dauerhaft bleibt. Viel wichtiger ist es, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Freude daran haben, in dem Unternehmen zu arbeiten, sich einbringen können und Wertschätzung erhalten. Folgende Aspekte sind einfach umzusetzen und helfen, Ihre Kräfte an das Unternehmen zu binden:
Transparente Kommunikation etablieren
Unternehmenskommunikation ist ein wichtiger Aspekt für erfolgreiche Mitarbeiterbindung. Transparenz in der Kommunikation ist das A und O, damit alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich als Teil des Ganzen wissen, die Vision und Mission des Unternehmens kennen und die strategischen Schritte des Unternehmens verstehen sowie nachvollziehen können. Wenn nämlich Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter wissen, warum das Unternehmen welchen Weg einschlägt, können alle Beteiligten auf die gemeinsamen Ziele hinarbeiten. Das wiederum führt dann zu Zufriedenheit und Motivation. Darüber hinaus entsteht Vertrauen durch Transparenz. So können sich alle im Rahmen der bekannten Leitplanken eigenverantwortlich bewegen, Neues ausprobieren und die eigene Innovationskraft entdecken.
Den Austausch mit Führungskräften fördern
Ein wichtiger Bindungspartner im Unternehmen sind die Führungskräfte. Auch wenn es in manchen Organisationen ohne klare Hierarchien den klassischen „Vorgesetzten“ in der Form nicht mehr gibt, existieren weiterhin Personen mit spezifischen Leitungsrollen. Die Stärke guter Führung liegt nicht mehr in einer starken und unnahbaren Person, sondern im empathischen Führen. Die Führungskräfte agieren als Coaches ihrer Teammitglieder, etablieren einen respektvollen Umgang im Team und unterstützen mit Rat und Tat.
Wenn sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Führungskraft wohl fühlen, sich gegenseitig respektiert und unterstützt fühlen, bauen sie auch eine Bindung zum Unternehmen an sich auf. Denn ein Unternehmen ist nicht mehr nur ein Arbeitgeber, sondern ein Wegbegleiter durch die unterschiedlichen Stadien im Leben.
Auch der direkte Austausch zwischen Führungskraft und Team darf nicht zu kurz kommen. Mit regelmäßigen Austauschterminen wird eine erfolgreiche Feedback-Kultur aufgebaut, die ein Raum für Rückmeldung schafft. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter akzeptiert und wertgeschätzt werden, gilt das als klarer Motivator, der die Zufriedenheit steigert. All diese Aspekte wirken sich im Umkehrschluss positiv auf die affektive Bindung aus.
Die Unternehmenskultur leben und Identifikation mit dem Unternehmen schaffen
Bei der Mitarbeiterbindung geht es auch darum, Werte und Kulturen zu fördern, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelrecht zu Fans zu machen. Das gelingt, wenn die Teammitglieder die Werte der Organisation teilen, die Unternehmenskultur leben und sich so mit dem Arbeitgeber identifizieren können. Natürlich ist es eine Herausforderung für jedes Unternehmen, die Unternehmenskultur wirklich zu leben. Die Kultur kann zwar durch Maßnahmen gefördert, aber nicht aufgezwungen werden.
Umso wichtiger ist es, dass das Leitbild und die Unternehmenswerte aus der Beobachtung des Umgangs miteinander abgeleitet werden können, sodass eine Identifikation mit den Grundwerten passiv geschieht. Ein guter “Cultural Fit” bedeutet allerdings nicht, eine homogene Masse an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen zu haben. Im Gegenteil: Es geht vielmehr darum, eine Vielfalt an Kompetenzen und Individuen miteinander zu kombinieren und sinnvoll zu vernetzen.
Konkrete Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Organisation regelmäßiger Teamevents, die Etablierung eines offenen Austauschs und das Entgegenbringen von Vertrauen sowie Wertschätzung. Auch Blind Coffee Calls, die bei Unternehmen oft in der Pandemie entstanden sind, geben vor allem neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch in Zeiten von Remote Work die Möglichkeit, Kolleginnen / Kollegen näher kennenzulernen und zusammen zu interagieren, mit denen kaum Schnittstellen bestehen.
Freiräume schaffen und Verantwortung abgeben
Auch wenn es nicht direkt als Bindungselement bezeichnet wird, ist es darüber hinaus wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer persönlichen Situation zu unterstützen. Durch flexible Arbeitszeiten, die Unterstützung bei Krankheit und Ausfall oder Kitaplätze in einer Unternehmens-Kita können den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die notwendigen Freiräume gegeben werden. Jeder steckt viel Zeit, Energie und Engagement in die Arbeit, sodass Unternehmen in Zeiten, in denen es notwendig ist, auch die zeitliche oder finanzielle Freiheit bieten sollten.
Es ist auch wichtig, Ihren Teammitgliedern Verantwortung zu übertragen und Ihnen Wege zu geben, eigene Ideen mit einfließen zu lassen. Bringt man Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Wertschätzung entgegen, werden die Teams eigenständig wachsen.
Fazit: Gute Mitarbeiterbindung ist kein starres Konstrukt
Natürlich gibt es bei jeder Maßnahme immer Wege, es noch besser zu machen. Darum ist es wichtig, die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder aufs Neue zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Das kann unter anderem durch regelmäßige Befragungen der Belegschaft und zahlreiche persönliche Gespräche umgesetzt werden. Denn Mitarbeiter/-innenbindung ist kein starres Konstrukt, das man abarbeitet, sondern ein agiler Prozess, bei dem man sich als Unternehmen immer wieder dem Arbeitsmarkt und den Bedürfnissen der eigenen Mitarbeitenden anpassen muss.
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Juliana Kortmann arbeitet seit 2014 bei dem Softwarehersteller d.velop AG. Dort verantwortet sie den Bereich „People and Culture“. Zuvor war sie im Personalbereich eines Einzelhandelsunternehmens sowie als selbstständiger Coach tätig.