Change Management 2025: Vom Purpose zur Praxis

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Rezession, Budgetstopps, Projektausfälle – die Krise zwingt Unternehmen, flexibler zu handeln. Doch wie gelingt das in der Praxis? Change Management 2025: Managementberater Boris Gloger zeigt, wie Unternehmen ihre Strategie handlungsorientiert gestalten, Wissenstransfer beschleunigen und Führungskräfte zu echten Change-Treibern machen.

1) Change Management 2025: Eine handlungsorientierte Strategie entwickeln

Seit Simon Sineks „Start with Why“ steht Purpose als Erfolgsfaktor im Fokus. Doch der Beweis steht aus. Eine der wenigen Studien, die sich mit dem Thema befassen, zeigt: Rund 60 Prozent der Mitarbeitenden können den Purpose ihres Unternehmens nicht benennen. Warum? Unternehmen basteln an Visionen, um Mitarbeitende zu inspirieren und Kundinnen / Kunden zu binden, ohne greifbare Ergebnisse zu erzielen. Die Folge: Statt die Motivation zu steigern, führen Purpose-Workshops oft zu Verwirrung, weil sie keinen Bezug zum Arbeitsalltag haben.

Wie geht es besser? Viele Unternehmen setzen in Krisenzeiten auf eine agile Strategie-Entwicklung, die das Wesentliche in den Fokus rückt. Sie liefert konkrete Ergebnisse, schafft Orientierung und setzt die Ressourcen effektiv ein. Ein klarer „Nordstern“ ist beim Change Management 2025 trotzdem wichtig, um praxisnahe Antworten auf konkrete Fragen zu finden.

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Lösungsansatz: Strategie-Sprints initiieren

Change Management 2025: Vom Purpose zur Praxis
Envato/AboutImages

In zwei bis vier Wochen entstehen in einem interdisziplinären Team konkrete Maßnahmen, um eine langfristige Vision in kurzfristige Ziele zu überführen. Wir Organisationsentwicklerinnen/-entwickler und Change Manager/-innen sehen aktuell beispielsweise großes Potenzial in KI-Anwendungen.

Deshalb könnte die Leitfrage lauten: „Welche Auswirkungen hat KI auf unser Geschäft?”. Diese kann dann zu einem roten Faden fürs Unternehmen werden: „KI first” (in Anlehnung an die Aussage in der Web-Entwicklung „Mobile First Development“). Auf dieser Grundlage entstehen effektive Pläne, mit denen Unternehmen Einsparpotenziale, Automatisierungsmöglichkeiten und die konkrete Umsetzung aufzeigen und voranbringen können.

Die Phasen eines Strategie-Sprints:

  • Status quo analysieren: Welche Prozesse lassen sich durch KI automatisieren? Welche Einsparungen sind realistisch? Ein Beispiel: Ein internationaler Automobilhersteller analysiert, dass die Bearbeitung von Garantieansprüchen hohe manuelle Kosten verursacht. Ein Wettbewerber nutzt bereits KI zur automatisierten Schadensprüfung. Dadurch spart er Servicekosten und reduziert die Bearbeitungszeit um 40 Prozent.
  • Ziele definieren: Ein Handelskonzern könnte sich beispielsweise das Ziel setzen, Callcenter-Kosten durch KI-gestützte Chatbots um 30 Prozent zu senken.
  • Maßnahmen planen: Hierbei gilt es, die Ressourcen zu definieren und Abteilungen zu identifizieren, die am meisten profitieren – etwa, weil sie überdurchschnittlich hohe Kosten verursachen.
  • Iteratives Feedback: Falls eine KI-Lösung nicht in dem gewünschten Maße funktioniert, wird sie optimiert oder ersetzt. Das kann auch bedeuten, eine eigene KI zu entwickeln, wie es dm vorgemacht hat.

2) Wissenstransfer beschleunigen, um Generationen zu vernetzen

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Envato/nenetus

Aktuell arbeiten bis zu fünf Generationen in Unternehmen – mit unterschiedlichen Arbeitsstilen und Erwartungen an Arbeitgeber und Arbeitswelt. Gleichzeitig droht der Ruhestand der Babyboomer, ein Vakuum zu hinterlassen, das mit klassischen Übergaben nicht aufgefangen werden kann. Im „War for Talents“ reicht es deshalb nicht, nur neue Fachkräfte zu fördern – das Wissen älterer Generationen muss erhalten bleiben. Entscheidend ist dafür eine Organisationsstruktur, die Wissen kontinuierlich teilt, statt erst bei Austritten zu reagieren.

Agile Arbeitsformate können Brücken bauen, KI-Tools unterstützen diesen Austausch gezielt. Jedoch: Wissenstransfer darf kein Zufallsprodukt sein – er muss systematisch und agil erfolgen.

Lösungsansatz: Agiles Lernen als Booster für den Wissensaustausch

Agile Lernmethoden, inspiriert von Prinzipien wie Scrum oder Kanban, beschleunigen den Wissenstransfer, weil sie kurze, iterative Schritte vorgeben und eine offene Feedbackkultur fördern. Drei wesentliche Elemente stehen dabei im Fokus.

  • Selbstorganisation: Teams und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden selbst, in welchen Formaten sie lernen und wie sie das Gelernte anwenden. So können etwa erfahrene Babyboomer ihre Erfahrung gezielt in Sprints mit jüngeren Kolleginnen / Kollegen weitergeben – und umgekehrt Neues zu digitalen Tools oder Social Media erfahren.
  • Kontinuierliche Iteration: Wissen wird nicht in Einzel-Workshops „verabreicht“, sondern fließt in kurzen, wiederkehrenden Lernzyklen. Das verhindert, dass wertvolle Informationen irgendwo versanden oder durch die üblichen „Feuerwehr-Einsätze“ im Alltag verlorengehen.
  • Transparenz und Feedback: In Retrospektiven und Feedbackrunden wird reflektiert, ob das Wissen tatsächlich verstanden und anwendbar ist. So lassen sich Missverständnisse oder Lücken schnell erkennen und beheben.

Ein Beispiel ist das Mob-Working, bei dem das gesamte Team, also drei bis 15 oder auch mehr Personen, gemeinsam an einer Aufgabe arbeitet. Das kann ein Vertrag sein, ein Stück Software oder eine Präsentation, die sie zusammen gestalten. Und so läuft es ab: Die Gruppe arbeitet gemeinsam an einem Bildschirm, wobei eine Person als Schriftführer/ -in die Teamentscheidungen eintippt. Alle zehn Minuten wechselt diese Rolle, damit jede(r) einmal schreibt. Eigene Ideen darf der/die Schriftführer/-in nur einbringen, wenn er/sie die Tastatur vorher weiterreicht.

Gerade im Generationenmix schafft das agile Vorgehen eine gemeinsame Basis: Jüngere Mitarbeitende schätzen die Geschwindigkeit und digitalen Werkzeuge, während Ältere erleben, dass ihr Know-how respektiert und systematisch integriert wird.

Agiles Lernen geht jedoch weit darüber hinaus: Arbeitsweisen wie Mob-Working können nur dann erfolgreich sein, wenn die Führungskräfte mitmachen. Bei Ihnen ist noch immer sehr viel Wissen gespeichert und das muss, zumal viele von ihnen bald in den Ruhestand gehen, raus aus ihren Köpfen und hinein in die Teams.

3) Moderne Führung beginnt beim Mindset

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Twenty20/@FotoArtist

Erfolgreicher Wissenstransfer beginnt mit den richtigen Rahmenbedingungen: Lernen muss als fester Bestandteil der Unternehmenskultur verankert sein, mit klarer Zeit und Struktur. Führungskräfte sollten nicht nur Coaching und Selbstorganisation fördern, sondern aktiv mitarbeiten und ihr Wissen im Tun weitergeben.

Lösungsansatz: Psychologische Sicherheit fördern

  • Zuhören: Echtes Zuhören beginnt bei voller Aufmerksamkeit – ohne ständiges Kommentieren. Als Instrument eignet sich zum Beispiel die Kreisarbeit, bei der jedem Teammitglied eine Redezeit zusteht und die keine Zwischenrufe zulässt.
  • Nicht-Wissen als Kompetenz anerkennen: Wir alle können nicht wissen, was da ständig an Neuem auf uns zukommt. Die Führungskraft sollte klarmachen, dass Fragen stellen kein Zeichen von Schwäche und Inkompetenz ist. Das Ausprobieren ist ausdrücklich erwünscht, um neue Themen und Geschäftsmodelle voranbringen zu können.
  • Entscheidend ist zudem, den Mehrwert klar zu kommunizieren: Wissen zu teilen sichert die Zukunft des Unternehmens und fördert individuelle Entwicklung.
  • Statt auf agile Coaches zu setzen, sollten Führungskräfte selbst agile Rahmenwerke nutzen. Zunächst können Coaches die Führungskraft dabei unterstützen, die agile Arbeitsweise kennenzulernen. Dann aber sollte er oder sie selbst in die Thematik eintauchen und den Mut haben, nach agilen Prinzipien und Werten zu führen.

Mein Tipp: Statt endlos neue Lernpfade zu etablieren, sollten Führungskräfte zunächst selbst wieder mehr lernen und dann selbstgesteuertes Lernen und die Wissensweitergabe durch agile Management-Rahmenwerke fördern. Das darf, ja muss, eng mit den strategischen Zielen des Unternehmens verknüpft sein – alles andere wäre wirkungslos. So stärken die Unternehmen auch in Krisenzeiten ihre Innovationskraft und sichern sich im beschleunigten Wandel klare Wettbewerbsvorteile.

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Foto Boris Gloger

Boris Gloger ist Scrum-Pionier und Vordenker für neue Arbeitsformen. Mit seiner Unternehmensberatung borisgloger consulting unterstützt er nicht nur Unternehmen in agilem Organisationsmanagement, sondern treibt auch im eigenen Unternehmen neue Arbeitsweisen im Tagesgeschäft an. Boris Gloger ist Autor mehrerer Fachbücher zu den Themen Agilität und Scrum und hat bis heute mehr als 5000 Manager und Teams in Scrum ausgebildet. Als erster zertifizierter Scrum-Trainer in Deutschland, arbeitet er mit diesem Framework seit nunmehr zwei Jahrzehnten. Foto: ©borisgloger consulting

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