„Bewerben funktioniert in Deutschland nicht“

| | , , ,

Autonomous Matching, Gehaltsangaben, Instant Job Match, Quick-Apply: StepStone investiert massiv in neue Technologien. Kirsten Brückner im Interview.

Sich zu bewerben, ist kompliziert und jeder zweite Bewerber bekommt keinerlei Feedback, sagt Kirsten Brückner, Senior Director Global Brand bei StepStone. Wenig effiziente Bewerbungsverfahren dürften den betreffenden Unternehmen bald auf die Füße fallen. Denn der Arbeitsmarkt erholt sich. Jobbörsen und Personalberatungen sprechen schon seit dem Sommer von positiven Tendenzen. StepStone rüstet sich für den Aufschwung und will Unternehmen zukünftig noch schneller und besser mit passenden Kandidaten zusammenbringen. Das HR JOURNAL hat mit Kirsten Brückner gesprochen.

Sie sind im Juni bei StepStone gestartet. Wie ist denn der Einstieg unter den diesjährigen Ausnahmebedingungen gelaufen?

- Anzeige -
Banner English Edition HR JOURNAL

Kirsten Brückner: Ich hatte das Glück, gleich von Anfang eine Mischung aus Homeoffice und Büro-Präsenzzeit zu machen. So hatte ich die Gelegenheit, zumindest die Kollegen im Düsseldorfer Büro persönlich kennenzulernen.

Natürlich ist auch für StepStone das Jahr 2020 herausfordernd. Gleichzeitig fokussieren wir auf Wachstum und die Möglichkeiten, die sich aus den Herausforderungen ergeben.

In Ihrer letzten Position waren Sie CMO bei mobile.de, davor bei Mars. Was ist anders in der Welt der Jobsuchenden und Personaler? Welche Erfahrungen und Best-Practices von einem FMCG-Giganten wie Mars könnten dieser neue Impulse bringen?

Kirsten Brückner: Ich persönlich habe den Eindruck, dass unser Produkt für die Menschen einfach noch relevanter ist, als das neue Auto oder der Schokoriegel, auch wenn ich beides in meinem Leben nicht missen möchte. Dazu kommt, dass Jobs wirklich für jeden und weltweit relevant sind.

Genau wie bei mobile.de ist StepStone natürlich ein digitaler Techplayer, so dass im Vergleich zum klassischen FMCG Unternehmen der Fokus deutlich stärker auf Wachstum und Veränderung liegt – was wunderbare Möglichkeiten bietet, die Zukunft unserer Kunden und Kandidaten positiv mitzugestalten.

Im September waren Sie optimistisch, was die Perspektiven im Markt betraf. Jetzt ist Dezember, und wir haben Lockdown light. Wie wird sich der Markt in der nächsten Zeit entwickeln?

Kirsten Brückner: Wir beobachten, dass der Arbeitsmarkt sich langsam weiter erholt – bisher hat der Lockdown light zu keinem signifikanten Rückgang an offenen Jobangeboten geführt. Das kann sich natürlich ändern, wenn die Maßnahmen verlängert oder verschärft werden. Das Interesse der Menschen an Jobs ist weiterhin sehr groß – das sehen wir anhand des Suchverhaltens. Im November lag es etwa auf dem Niveau des gleichen Zeitraums 2019.

Insgesamt sind wir optimistisch, denn die guten Nachrichten zum Impfstoff machen eine Rückkehr zur Normalität im Sommer 2021 wahrscheinlich. Wir beobachten außerdem, dass Unternehmen sich bereits für den Aufschwung nach Corona rüsten. Den meisten Entscheidern ist bewusst, dass das Thema Personal über ihre Wettbewerbsfähigkeit und damit den zukünftigen Erfolg entscheiden wird.

Schon im Sommer hat unsere Marktforschung gezeigt, dass das Thema HR in nächster Zeit Top-Priorität in Organisationen hat. Das wird sich mittel- und langfrsitig auch nicht ändern, denn der demografische Wandel erreicht den Arbeitsmarkt in den kommenden zehn Jahren erst mit voller Wucht.

StepStone hat im Sommer eine große neue Markenkampagne gestartet. Warum jetzt, warum so hohe Investitionen?

Kirsten Brückner: Das Jahr 2020 war für die meisten Berufstätigen eine Achterbahnfahrt. Ihre Arbeitswelt hat sich so rasant verändert wie niemals zuvor. Viele Unternehmen haben ihr Recruiting während des Lockdowns gestoppt, manche Menschen haben unvermittelt ihren Job verloren, wieder andere planen aufgrund der Erfahrungen in der Krise einen beruflichen Neuanfang.

Gerade in diesen turbulenten Zeiten wollen wir bei StepStone allen Menschen sagen, dass wir für sie da sind. Wir möchten ihnen helfen, ihren Platz in der Welt der Arbeit für sie zu finden. Alle Mitarbeiter bei StepStone arbeiten jeden Tag mit Leidenschaft genau dafür – deswegen zeigen wir im Spot nicht nur Models, sondern auch echte StepStoner.

„Bewerben funktioniert in Deutschland nicht“
Motiv aus der StepStone-Markenkampagne © StepStone

Was sind denn momentan die Erwartungen der Kunden? Was erwarten die von StepStone?

Kirsten Brückner: Unsere Kunden erwarten, dass StepStone ihnen dabei hilft, nicht irgendwelche Mitarbeiter zu finden, sondern genau die richtigen.

Unsere Kunden erwarten außerdem, dass wir ihnen – gerade in schwierigen Zeiten – zur Seite stehen. Allein im Vertrieb und Kundenservice stehen meine Kollegen jeden Tag mit 10.000 Personalern in Kontakt. Durch diesen sehr direkten und persönlichen Austausch wissen wir sehr genau, was Arbeitgeber brauchen und können schnell entsprechende Lösungen anbieten.

Um ein paar Beispiele zu nennen: Als viele Unternehmen im Frühjahr auf Remote Recruiting umsteigen mussten, haben wir sie direkt mit einem kostenlosen Zugang zu Video-Recruiting unterstützt. Aufgrund der gestiegenen Bedeutung von Homeoffice haben wir in unsere Suchmaske sehr prominent ein „Homeoffice-Suchfeld“ integriert. Damit können wir Arbeitgeber noch schneller und besser mit passenden Kandidaten zusammenbringen.

Unlängst gab es einen viel beachteten Bericht in einer Wirtschaftszeitung, dass StepStone mit KI „die Jobsuche einfacher machen“ will. Was ist da in Arbeit?

Kirsten Brückner: Wir sind davon überzeugt, dass Jobsuche und Recruiting viel einfacher werden müssen. Beides ist aufwändig und führt oft nicht zum bestmöglichen Ergebnis. Das liegt daran, dass die Art und Weise, wie Personalgewinnung heute funktioniert, altmodisch und ineffizient ist. Denn entweder sind Recruiter darauf angewiesen, dass der richtige Bewerber zufällig auf ihr Jobangebot trifft. Oder aber sie sind gezwungen, sich aktiv auf die Suche nach passenden Kandidaten zu machen. Keiner dieser Wege ermöglicht einen vollständigen Blick auf den Bewerbermarkt. Keiner dieser Wege schöpft das Potenzial der Digitalisierung aus. Das wollen wir ändern.

Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Jobmarkt zu digitalisieren und Jobsuche und Recruiting fit zu machen für das 21. Jahrhundert. Aus diesem Grund bauen wir unsere Plattform so um, dass Menschen und Arbeitgeber bei StepStone künftig zu jeder Zeit automatisch zusammenkommen – durch „Autonomous Matching“.

Hinter Autonomous Matching steckt Künstliche Intelligenz (KI), die auf unserem tiefgreifenden und stetig wachsenden Wissen über den gesamten Jobmarkt basiert. Dazu zählen Informationen, die uns helfen, die Persönlichkeit, Skills und Motivation von Kandidaten zu verstehen – zum Beispiel Suchanfragen, Lebensläufe oder Angaben zum Cultural Fit. Aber auch Informationen von Unternehmen – etwa zum Personalbedarf und zu Gehältern, zur Firmenkultur und zu Benefits. All diese Informationen ermöglichen es uns, Unternehmen automatisch mit den richtigen Kandidaten zu verknüpfen.

Zur Zukunft Personal 2019 hatte StepStone „Emotions“ eingeführt. Welche Produkte sind jetzt in der Pipeline?

Kirsten Brückner: Wir bei StepStone haben eine einfache, aber ambitionierte Vision: „The right job for erveryone“. Damit Menschen die richtige Jobentscheidung treffen können, müssen sie aber in der Lage sein, alle Chancen zu entdecken. Aus diesem Grund investieren wir massiv in die Weiterentwicklung von Autonomous Matching. Allein in diesem Jahr haben sich eine Million neue StepStone Members in Deutschland angemeldet. Sie hinterlegen ihren CV und detaillierte Informationen zu ihrem Wunschjob. Das ermöglicht es uns, Unternehmen künftig eine von Algorithmen zusammengestellte Liste mit besonders gut passenden Kandidaten zu schicken – und das sofort, nachdem sie eine Stellenanzeige veröffentlicht haben. In UK ist das bereits im Einsatz.

Ein weiteres Beispiel ist der „Instant Job Match“: Dahinter verbirgt sich ein Algorithmus, der StepStone Mitglieder direkt nach dem Erscheinen automatisch über ein besonders relevantes Jobangebot informiert. Jede fünfte Bewerbung in Deutschland erfolgt bei StepStone bereits über den „Instant Job Match“ und damit über Autonomous Matching.

Haben Menschen passende Jobangebote gefunden, geht es im zweiten Schritt darum, sie mit allen relevanten Informationen rund um Job und Arbeitgeber zu versorgen. Neu in der Pipeline haben wir hier aktuell das Thema Gehalt: Ab Anfang nächsten Jahres werden wir in allen Jobangeboten bei StepStone.de Gehaltsspannen angeben. Damit geben wir Jobsuchenden von vornherein Orientierung und versetzen sie in die Lage, die richtige Jobentscheidung zu treffen. Auch die Unternehmen profitieren, denn es bewerben sich mehr passende Kandidaten.

Entscheiden sich Talente dann für eine Bewerbung, geht es darum, Bewerber schnell und einfach mit Unternehmen zu verbinden. Denn Fakt ist: Bewerben funktioniert in Deutschland nicht. Sich zu bewerben, ist kompliziert und jeder zweite Bewerber bekommt keinerlei Feedback. Das muss sich dringend ändern. Auch daran arbeiten wir mit Hochdruck: In Kürze relaunchen wir zum Beispiel StepStone Quick-Apply, mit dem wir für eine bessere Candidate Experience sorgen. Eine Bewerbung erfordert dann nur noch wenige Klicks. Zusätzliche Registrierungen in verschiedenen Arbeitgebersystemen sind dann nicht mehr nötig.

Unser Job bei StepStone ist es, Menschen und Unternehmen die beste Job- bzw. Personalentscheidung zu ermöglichen. Denn die Entscheidung für die richtigen Mitarbeiter bestimmt letztlich die Zukunft jedes Unternehmens und den Wohlstand der Gesellschaft.

Das Interview führte Helge Weinberg, Herausgeber HR JOURNAL.

Kirsten Brückner

Kirsten Brückner ist seit Juni 2020 Senior Director Global Brand bei StepStone. In dieser Position verantwortet sie Markenauftritt und Kommunikation der StepStone Gruppe in mehr als 20 Ländern. Vor ihrem Start bei StepStone war sie u.a. CMO bei mobile.de und in verschiedenen Positionen bei Mars.

Vorheriger Beitrag

Terminknigge, Online-Whiteboard: Agil die Krise meistern

Corona Barometer: Hybride Arbeitsmodelle, neuer Führungsstil

Folgender Beitrag