Die HR-Abteilung muss garantieren, dass die gesamte Auslandsentsendung reibungslos verläuft. Professor Stefan Remhof beschreibt die konkreten Aufgaben in diesem Zusammenhang. Sensibilität für eine sich wandelnde Welt und damit verbunden neue Rollen im Unternehmen kommen als Herausforderung hinzu.
Die Entsendung von Mitarbeitenden ins Ausland stellt für alle beteiligten Partner eine enorme Herausforderung dar – für die Mitarbeitenden und deren Familie sowie die Unternehmen. Finanziell betrachtet, stellt die Entsendung für die Unternehmen eine Investition in ihre Personalressourcen dar.
Die Auslandsentsendung als Teil eines Karrierewegs sollte positiv für alle Beteiligten sein: Die teilnehmenden Personen erwarten heute nicht mehr den großen Karriereschub, sondern kulturelle Bereicherung und Spaß. Sie wollen von fremden Menschen lernen, sich weiterbilden und beruflich entwickeln. Lebensqualität ist für sie bedeutender als Leistung am Arbeitsplatz. Entsprechend ändern sich die Zielsetzungen der Unternehmen – Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung sind die Stichworte, nicht mehr der Wissenstransfer, der heute digital sehr effizient stattfinden kann.
Da viele „normale“ Aufgaben und deren Durchführung ortsungebunden sind, fördern internationale Unternehmen mit internen Programmen den grenzüberschreitenden Austausch: Sie werben mit „interner Mobilität“ um neue Fachkräfte und bieten die Möglichkeit, zumindest zeitweise im Wunschland zu arbeiten. Die IU Internationale Hochschule forscht dazu intensiv und bietet den Angestellten an, im Ausland zu arbeiten, wenn es möglich ist.
Rolle von HR bei Auslandsentsendungen wird bedeutender
Damit die Bindung an das Unternehmen auch gelingt, müssen alle involvierten Stakeholder strukturiert Vorgehen. Die HR-Abteilung ist dabei in einer gestaltenden Rolle. Sie muss garantieren, dass die gesamte Auslandsentsendung reibungslos verläuft. Die Mitarbeitenden und ihre Familien müssen sich gut betreut fühlen, damit das Unternehmen seine im Rahmen der Entsendung gesetzten Ziele erreicht.
Zu den zentralen Aufgaben der HR-Abteilung im Zusammenhang mit Auslandsentsendungen gehören:
- Vorbereitung der Mitarbeitenden auf die Entsendung: HR muss sicherstellen, dass die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter gut auf die Entsendung vorbereitet sind, indem sie Schulungen, Informationen über das Zielland, die Kultur, den Lebensstil und die Arbeitsethik bereitstellt. Bildung ist hier ein wesentlicher Aspekt.
- Visa und Arbeitsgenehmigungen: HR muss sicherstellen, dass alle erforderlichen Visa und Arbeitsgenehmigungen für die Mitarbeitenden und ihre Familien vor der Entsendung beantragt und erhalten werden.
- Rechtliche Fragen und Compliance: HR muss sicherstellen, dass die Auslandsentsendung juristisch konform und in Übereinstimmung mit den Compliance-Richtlinien des Unternehmens durchgeführt wird.
- Unterstützung bei der Wohnungssuche und Umzug: HR sollte den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern bei der Suche nach einer geeigneten Unterkunft und bei ihrem Umzug ins Ausland helfen, indem sie Informationen über lokale Immobilienangebote, Schulen und andere wichtige Dienstleistungen bereitstellt.
- Unterstützung bei der Krankenversicherung: HR sollte sicherstellen, dass die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter und ihre Familien während ihrer Entsendung eine umfassende Krankenversicherung haben.
- Gehaltsabrechnung und Steuern: HR muss sicherstellen, dass die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter während ihrer Entsendung korrekt bezahlt werden und dass alle Steuern und anderen Abgaben ordnungsgemäß abgeführt werden.
- Unterstützung bei der Rückkehr: HR sollte sicherstellen, dass die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter nach Abschluss ihrer Entsendung angemessen unterstützt werden, wenn sie in ihre Heimatländer zurückkehren, zum Beispiel bei der Suche nach einer neuen Stelle.
Bei einigen der Aufgaben können externe Dienstleister unterstützen. HR hat dann die Rolle, diese Dienstleister entsprechend zu steuern und zu koordinieren. Fest steht: Für die internationale konzernweite Mobilität müssen die Unternehmen Strukturen bereithalten, die den Mitarbeitenden Sicherheit geben und zur persönlichen Lernagenda beitragen.
Entwicklung einer globalen Denkweise
Global operierende Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen, um ihre Chancen im Ausland zu nutzen und die Risiken zu minimieren. Wenn sie in der Lage sind, ihren Personalbedarf – insbesondere an Hochqualifizierten – vorausschauend und nachhaltig zu planen, verschaffen sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Die neue Rolle des internationalen HR-Managements wird darin bestehen, eine globale Denkweise und global ausgerichtetes Leadership-Verständnis bei den Führungskräften zu entwickeln. Dazu gehört auch, die internationale Mobilität der Mitarbeiter und die globalen Talentmanagement-Funktionen besser zu verknüpfen. Die größte Herausforderung für die HR-Abteilungen ist die Administration einer kulturell und sprachlich diversen Belegschaft, die auch noch über verschiedene Länder verteilt ist.
Internationales Recruitment, ein globales Talentmanagement und die Entwicklung globaler Führungskräfte sind die kritischen Komponenten des internationalen Personalwesens – die gleichzeitig das größte Potenzial haben und eine starke Hebelwirkung entfalten können.
HR braucht Sensibilität für eine sich wandelnde Welt
Die Welt de-globalisiert und re-nationalisiert sich gerade. Die öffentliche Stimmung ändert sich und viele global operierende Unternehmen prüfen ihre globalen Lieferketten und Auslandsaktivitäten. Transparenz wird zum Gebot der Stunde, da global agierende Unternehmen damit beginnen, immer mehr ihrer Aktivitäten zurück in das Heimatland zu holen.
Auch dieser Trend wird den Bedarf an und die Bedeutung von Auslandsentsendungen verändern. Für global agierende Unternehmen, HR-Verantwortliche und das Expatmanagement wird es entscheidender, sich in verschiedene Wertesysteme zu integrieren und ein gemeinsames Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Talente in der Lage sind, zu kommunizieren und die Aktivitäten zu koordinieren, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Mehr denn je müssen global operierende Unternehmen mit den lokalen Geschäftsgebaren vertraut sein, Bedürfnisse der lokalen Kunden verstehen und eine globale Denkweise bei ihren Führungskräften und Mitarbeitern entwickeln. Das internationale HR-Management muss eine neue Rolle bei der Führung der Organisation in den häufig noch unerforschten Gewässern der Globalisierung spielen – und damit auch in den Lehrplänen der Universitäten und Hochschulen auftauchen.
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Prof. Dr. Stefan Remhof ist Professor für Internationales Management an der IU Internationalen Hochschule und Managing Partner der People Mobility Alliance. Er verfügt über langjährige Berufs- und Führungserfahrung in den Themengebieten Bildungsmanagement, Politik, Konsumgüterindustrie und Finanzdienstleistungen. An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg wurde Stefan Remhof mit einem Thema zur Mitarbeiterentsendung zum promoviert. Von 2017 bis 2019 absolvierte er einen berufsbegleitenden Executive MBA an der international gerankten ESADE Business School in Barcelona.