Aufbruch aus der Digital Debt: Wie KI die Produktivität ankurbelt

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Viele von uns sehen sich in ihrem Arbeitsalltag mit einer Flut von Kommunikations- und Koordinationsaufgaben konfrontiert. Lukas Rintelen, Geschäftsführer von Tucan.ai, beschreibt hier KI-basierte Wege gegen die Digital Debt, die Digitale Last.

Erst kam das Telefon, in den 90ern die E-Mail, heute machen sich zusätzlich noch die verschiedensten Chat- und Social-Media-Tools beinahe minütlich bemerkbar: Im Durchschnitt werden Personen in Bürojobs 15 mal pro Stunde bei ihrer Arbeit von eingehenden Nachrichten unterbrochen und erhalten durchschnittlich 46 E-Mails pro Tag. Dazu kommt, dass Mitarbeitende heute permanent erreichbar sind und selbst nach Feierabend immer wieder einen Blick auf das Smartphone werfen.

Digital Debt – der digitale Schuldenberg wächst

Microsoft fand in seinem Work Trend Index 2023 einen Namen für dieses Phänomen: Digital Debt – zu Deutsch: Digitale Last. Das beschreibt die Flut an Kommunikations- und Koordinationsaufgaben, die Arbeitnehmende täglich vor sich herschieben und sie belastet und zum Teil überfordert. Demnach fällt es fast zwei von drei Arbeitnehmenden zunehmend schwer, ausreichend Zeit und Energie für ihre eigentliche Tätigkeit aufzubringen. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie innovatives und strategisches Denken vor Herausforderungen stellt, 3,5 Mal höher als bei Menschen ohne digitalen Schuldenberg.

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Nicht nur Benachrichtigungen, auch Meetings sind Produktivitätskiller

Aufbruch aus der Digital Debt
Twenty20/@belladonnasola

Die obersten 25 Prozent der Wissensarbeitenden verbringen laut Work Trend Index jede Woche durchschnittlich 7,5 Stunden in Meetings oder virtuellen Besprechungen. Diese Besprechungen sind jedoch häufig nicht produktiv oder kreativ. Microsofts Erhebungen zeigen, dass es 58 Prozent der Teilnehmenden schwerfällt, in einem solchen Rahmen gute Ideen zu entwickeln. Zusätzlich entsteht Stress beim Gedanken, Verpasstes nicht aufholen zu können, wenn sie zu spät kommen (57 Prozent). Zwei von drei der Befragten denken sogar, dass ihre Abwesenheit in den meisten Meetings überhaupt nicht auffallen würde. Dabei sind sie trotzdem, denn sie könnten ja etwas verpassen.

Wie aber Abhilfe schaffen und dadurch Zeit für das wirklich Wichtige gewinnen? Eine Antwort darauf kann Künstliche Intelligenz (KI) sein. KI kann beispielsweise die Protokollführung übernehmen oder die Inhalte anschließend zusammenfassen. Die so aufbereiteten Informationen werden anschließend zentral gesammelt und allen beteiligten Personen zur Verfügung gestellt. Insbesondere Führungskräfte sind dadurch schnell in der Lage, auf Basis dieser Daten strategische Entscheidungen zu treffen und Silos in ihren Teams zu überwinden. Die Mitarbeitenden wiederum können sich wieder auf ihre Hauptaufgaben konzentrieren und nehmen nur noch an denjenigen Meetings teil, in denen ihre Anwesenheit wirklich erforderlich ist.

Fundierte Entscheidungen dank KI

Frau arbeitet am Laptop
Twenty20/@zelmabrezinska

Künstliche Intelligenz kann aber noch weit mehr: Das Besprochene wird nicht nur aufgezeichnet und zusammengefasst, sondern auch in einer umfassenden Wissensdatenbank gesammelt. Das Konzept Wissensarchiv ist an und für sich kein Novum, Unternehmenswikis etwa gibt es schon lange. Allerdings wird das darin enthaltene und über Jahre hinweg gesammelte Wissen oft nur wenig oder gar nicht genutzt: zu viele Informationen, zu schwierig zu durchsuchen, zu zeitintensiv. Andere Quellen, zum Beispiel die langjährige Kollegin im Nachbarbüro, sind in diesem Fall schneller befragt. Diese Kollegin entscheidet aber womöglich nicht datenbasiert, sondern aus einem Bauchgefühl heraus. Oder weil man das „eben schon immer so gemacht hat“. An dieser Stelle gilt es, ihr Wissen in die Datenbank zu überführen.

Sind erst einmal sämtliche relevanten Daten – seien es Meetings, Chats, E-Mails oder andere Dokumente – in dieser unternehmensinternen Datenbank zusammengeführt, haben alle Mitarbeitenden die Möglichkeit, schnell auf essentielle Informationen zuzugreifen und mit KI-Unterstützung Entscheidungen zu treffen. KI wird dadurch zu einem weiteren Teammitglied, nimmt uns zeitintensive und wenig anspruchsvolle Arbeit ab und wird zu einem elementaren Baustein in Unternehmen, um die Produktivität und Kreativität zu steigern.

Das sagen die Angestellten dazu

Foto Menschen im Büro
Envato/bialasiewicz

Viele Arbeitnehmende stehen dieser Entwicklung trotz aller Sorge grundsätzlich positiv gegenüber: In einer Studie von ServiceNow haben 57 Prozent der Befragten geantwortet, dass KI die Produktivität am Arbeitsplatz positiv beeinflussen wird. Und auch laut dem Work Trend Index befürchten zwar 49 Prozent der Befragten, dass KI ihre Jobs überflüssig machen könnte, dennoch würden 70 Prozent gerne so viele Aufgaben wie möglich an eine KI abgeben, um ihre eigene Arbeitslast zu reduzieren. Insbesondere die Nutzung von KI zur Auffindung der richtigen Informationen und Antworten (86 Prozent) oder zur Zusammenfassung ihrer Meetings (80 Prozent) finden breite Zustimmung.

Unternehmen sollten daher ihren Fokus auf solche Anwendungen legen, die ihre Mitarbeitenden entlasten und ihnen ermöglichen, sich wieder voll auf ihre Kernkompetenzen und innovationsfördernde Tätigkeiten zu konzentrieren. Und am Ende kann KI zwar explizites Wissen bündeln und intuitiv verfügbar machen, mit Kenntnissen der Organisationskultur, Unternehmenswerten, Teamdynamiken oder Emotionen können jedoch nur Menschen umgehen.

5 KI-basierte Wege gegen Digital Debt

  1. Wissensdatenbank: KI-Tools können komplexe Datenstrukturen verstehen und helfen, wichtige Dokumente und Informationen automatisch zu archivieren und zu kategorisieren.
  2. Smart Search: KI-basierte Suchfunktionen helfen, wichtige Informationen schneller zu finden, indem sie den Kontext verstehen und die Relevanz einschätzen.
  3.  Echtzeitanalyse: KI kann Daten in Echtzeit analysieren und maßgeschneiderte Einblicke für bessere, datenbasierte Entscheidungen liefern.
  4. Automatische Meeting-Protokolle: KI-gestützte Transkriptionsdienste können das Gesagte automatisch in Text umwandeln und zum Beispiel die wichtigsten Punkte hervorheben.
  5. Personalisierte Informationen: Der Informationsbedarf der Mitarbeitenden kann mit Hilfe von KI analysiert und Wissen maßgeschneidert zur Verfügung gestellt werden.

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Foto Lukas Rintelen

Lukas Rintelen ist Mitgründer und Geschäftsführer von Tucan.ai, einem auf NLP und Software as a Service (SaaS) spezialisierten KI-Startup mit Sitz in Berlin. Der 31-jährige gebürtige Österreicher studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre in Wien und Rotterdam.

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