Arbeitsrecht: Geschäftsreisen unter Pandemiebedingungen

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Was müssen Unternehmen beachten, wenn sie ihr Personal auf Geschäftsreise schicken? Barbara Geck, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Bird & Bird, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Privat stellt sich auch im Sommer 2021 immer noch die Frage: Wegfahren oder lieber zu Hause bleiben? Viele Menschen haben sich dafür entschieden, vorerst mit dem Urlaub auf Balkonien vorlieb zu nehmen. Für Unternehmen stellt sich die Frage anders, denn sie kommen oft nicht umhin, ihr Personal auf Reisen zu schicken. Doch wie sieht es mit der Sicherheit bei Dienstreisen aus? Was müssen Unternehmen beachten, wenn das Personal unter Pandemiebedingungen innerhalb Deutschlands, aber auch international unterwegs ist? Rechtlich gibt es hier einige Fragestellungen, die beachtet werden müssen, um weder das Personal noch deren Angehörige zu gefährden.

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Kann ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz Pandemie auf Geschäftsreise schicken?

Grundsätzlich ist es kein Problem, Teammitglieder auf Reisen zu schicken. Es liegt letzten Endes im Ermessen des Unternehmens, ob eine Dienstreise tatsächlich nötig ist. Sicher gibt es einige Branchen und Arbeitsbereiche, in denen persönliche Treffen nicht zu ersetzen sind, im Zweifel schon aus Datenschutzgründen. An anderer Stelle kann es jedoch ratsam sein, auf ein virtuelles Treffen zu setzen.

Ist eine dienstliche Reise zwingend erforderlich, muss vom Unternehmen alles getan werden, um für das Personal für Sicherheit zu sorgen. Dazu kann unter anderem gehören, dass Masken und Tests gestellt werden, oder Richtlinien über Beförderungsmittel angepasst werden müssen. Unternehmen sollten ihren Teams unbedingt Freiheiten einräumen, damit diese nicht nur den objektiv gesundheitlich sichersten Weg für ihre Reise wählen können, sondern auch um auf ihr individuelles Sicherheitsbedürfnis Rücksicht zu nehmen.

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Können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich weigern, unter den aktuellen Bedingungen auf Geschäftsreise zu gehen?

Ein pauschales Nein zur Dienstreise ist nicht okay, das wäre Arbeitsverweigerung. Unternehmen können hier nur Einzelfälle bewerten. Die aktuelle Pandemie-Situation verändert die rechtliche Basis nicht. Dementsprechend käme man im Falle eines Rechtsstreits in den Bereich der Nachweispflicht. Hat das Unternehmen alles dafür getan, sichere Reisebedingungen zu schaffen? Wurden Transportmittel, Unterbringung und sonstige Schutzmaßnahmen bedacht? Dann spricht nichts grundlegend gegen eine Geschäftsreise. Die Fürsorgepflicht hebt die Arbeitspflicht nicht auf, auch nicht in Zeiten von Covid-19.

Aber: Sind die Arbeitsbedingung unzumutbar, kann das Personal die Arbeit verweigern. Das ist der Fall, wenn Abstände und andere Sicherheitsmaßnahmen nicht gewährleistet werden können. Ein Beispiel dafür sind Erntehelferinnen / Erntehelfer, die in überfüllten Bussen zum Arbeitsort gebracht werden. Hier entsteht eine unzumutbare Gefährdungssituation, der sich die Menschen nicht aussetzen müssen. Anders ist das, wenn etwa Empfangs- oder Sicherheitspersonal über Unzumutbarkeit klagt. Eine Präsenz ist hier zwingend notwendig, eine Arbeit aus dem Home Office nicht möglich. Das Unternehmen muss dafür Sorge tragen, das Personal besonders gut zu schützen, ein subjektives Empfinden einer erhöhten Infektionsgefahr ist jedoch kein legitimer Grund zur Arbeitsverweigerung.

Müssen bei Reisen im In- und Ausland unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden?

Ob Inland oder Ausland macht in der aktuellen Situation kaum einen Unterschied. Unternehmen sind gut damit beraten, einen Prozess für pandemie-sicheres Reisen aufzusetzen, auf den sich alle beteiligten Personen beziehen können, egal ob Management, HR oder Personal. Am sichersten fährt das Unternehmen, wenn dem Team die individuellen Bestimmungen im jeweiligen Zielort proaktiv kommuniziert werden, so die Ein- und Ausreisebedingungen und etwaige Meldebehörden, mögliche Quarantäne oder die Maskenpflicht vor Ort.

Im Rahmen des Weisungsrechts können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwar verpflichtet werden, sich zu informieren, allerdings ist es, auch im Sinne der Dokumentation, ratsam, alle Informationen zentral zur Verfügung zu stellen. Für Auslandsreisen sind im Zweifel noch einmal mehr Faktoren zu berücksichtigen. Besonders bedeutsam ist die Frage nach dem Krankheitsfall und der entsprechenden Versicherung. In einer Notsituation gibt es oft keine Gelegenheit für Rückfragen. Dementsprechend sollte klar geregelt sein, wer die anfallenden Kosten trägt.

Gibt es besondere Regelungen für Risikogebiete?

Wohin die Reise gehen soll, macht einen Unterschied. Das Unternehmen muss damit rechnen, dass unter aktuellen Bedingungen eine Reise in ein (Hoch-)Risikogebiet unzumutbar ist. Dennoch gibt es Diskussionspotenzial: Vor einigen Jahren grassierte in Indien die Pest. Dennoch durfte sich Airline-Personal nicht weigern, Flüge durchzuführen und zu begleiten, da das Unternehmen sich um alle Sicherheitsmaßnahmen gekümmert hatte und damit keine Unzumutbarkeit geltend gemacht werden konnte. Auch Projektingenieurinnen / -Ingenieure, die zwingend vor Ort gebraucht werden, sind eine Berufsgruppe, der man damals, oder eben in der aktuellen Situation, eine Reise zumuten können muss.

Hat sich durch die Pandemie das Informations- beziehungsweise Fragerecht verändert?

Es gibt keine grundsätzliche Veränderung, zumindest nicht für Unternehmen. Meldet sich eine Mitarbeiterin / ein Mitarbeiter krank und legt ein Attest vor, ist das ausreichend – eine Diagnose ist nicht Teil einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auch nicht zu Zeiten von Covid-19. Auch ein unmittelbares Fragerecht gibt es nicht. Allerdings muss eine Infektion mit Corona, wie bestimmte andere Infektionen auch, verpflichtend an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden.

Eine offene Kommunikation sollte, besonders unter den aktuellen Bedingungen, der bevorzugte Weg sein. Das ist nicht nur der kollegial, sondern auch im Interesse aller.

Stichwort Impfung: Können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Impfung verpflichtet werden? Ist es zulässig, geimpftes Personal bevorzugt zu behandeln?

Unternehmen dürfen ihr Personal nicht zu einer Impfung zwingen. Auffordern und Drängen ist verboten – selbst in sensiblen Bereichen wie zum Beispiel dem Gesundheitswesen gibt es keine Verpflichtung, sondern nur eine Empfehlung und ein verstärktes Angebot. Bezüglich einer bevorzugten Behandlung von geimpften Personen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. In dem Moment, wo sich eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen lässt, darf das Unternehmen fragen, ob ein Impfschutz besteht oder eine Impfung in Planung ist – eine Antwort ist allerdings nicht verpflichtend.

Im Sinne des Gesundheitsschutzes werden Datenschutzregeln ein wenig aufgeweicht. Für Geschäftsreisen bedeutet das: Darf ins Zielland nur einreisen, wer vollen Impfschutz hat, darf das Unternehmen fragen, ob das Teammitglied geimpft ist. Wenn per Definition eine Person zwingend international reisen muss, kann eine Kündigung im Raum stehen, wenn diese eine Impfung verweigert und dadurch nicht mehr reisen kann. Allerdings ist hier die finale Entscheidung noch nicht getroffen. Aktuell geht es in der Diskussion um geimpfte, getestete und genesene Personen – die mildere Variante.

Mit gesundem Menschenverstand sicher reisen – auch nach der Pandemie

Ob Unternehmen oder Arbeitnehmerin / Arbeitnehmer: Alle müssen sich immer wieder aktuell über die aktuelle Situation informieren. Außerdem sind alle Parteien gut damit beraten, aufeinander und auf individuelle Umstände und Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.

Unternehmen haben ihrer Belegschaft, der Geschäftsentwicklung und ihrer Reputation gegenüber eine Verpflichtung. Wer hier auf Basis von gesundem Menschenverstand handelt und sich an gesetzliche Vorgaben hält, reist nicht nur während der Pandemie sicher von A nach B, sondern sorgt dafür, dass Unternehmen und Personal gesund und produktiv bleiben.

Foto Barbara Geck

Dr. Barbara Geck ist Partnerin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Frankfurt. Sie leitet bei Bird & Bird die deutsche Praxisgruppe Arbeitsrecht und ist Teil der International HR Services Practice Group. Dr. Geck hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in allen Bereichen des kollektiven und individuellen Arbeitsrechts. Zu ihren Spezialgebieten gehören transaktionsbegleitendes Arbeitsrecht, Restrukturierung und Umorganisation von Unternehmen sowie Mitbestimmungsrecht.

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