Im Employer Branding steckt das Wort Brand – Marke. Und das verführt zu Anleihen aus dem Marketing, um das Unternehmen möglichst attraktiv darzustellen. Ein Irrweg, meint Andreas Herde, Geschäftsführer von Yeahr. Denn erfolgreiches und nachhaltiges Employer Branding kommt von innen.
Lustige Videos, auf denen sich Mitarbeitende durch das Büro oder den Laden rappen. Auf Hochglanz polierte Anzeigen oder Plakate, die einen Arbeitgeber als moderne, visionäre Marke präsentieren. Oder stylish und locker auftretende Führungskräfte, die wie Kumpel der Kolleginnen / Kollegen daherkommen. In Employer Branding steckt das Wort Brand – Marke. Und das verführt zu Anleihen aus dem Marketing, um das Unternehmen möglichst attraktiv darzustellen. Ein Irrweg.
Nachhaltiges Employer Branding hat weniger mit glänzenden Image-Kampagnen oder Buzzwording auf der Unternehmens-Website zu tun. Erfolgreiches Employer Branding kommt von innen. Anders gesagt: Es hilft nicht, die Fassade aufzuhübschen. Wirkliche Chancen, passende und vielversprechende Kandidatinnen / Kandidaten zu überzeugen, hat nur, wer authentisches und nachhaltiges Employer Branding betreibt, das sich aus der gelebten Kultur des Unternehmens herleitet. Die Verantwortlichen sollten fünf Aspekte im Blick behalten, um die Arbeitgebermarke zukunftsorientiert und glaubwürdig zu gestalten.
1. Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zum Sprachrohr machen
Mitarbeitende sind die wichtigsten Botschafter der Arbeitgebermarke. Was sich Kolleginnen und Kollegen beiläufig auf dem Weg zur Mittagspause, auf dem Flur oder in der Freizeit über ihr Unternehmen erzählen, ist wesentlich überzeugender als jede aufwendig produzierte Marketingkampagne. Eine wichtige Erkenntnis: Immer mehr Studien zeigen, dass die Wechselbereitschaft der Arbeitnehmenden enorm hoch ist – schätzungsweise 80 Prozent. Hier findet eine emotionale Entkopplung zwischen den Arbeitskräften und ihrem Unternehmen statt.
Die Gegenmaßnahme: Mitarbeitende in die Kommunikation einbeziehen, sie zum Sprachrohr machen. Wenn sie sich als Teil des Ganzen empfinden, wandern sie weniger schnell ab. Aber: Wer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Markenbotschafter/-innen machen möchte, muss sie befähigen, die Arbeitgeberstory authentisch zu erzählen. Praktisch umgesetzt bedeutet das zum Beispiel, das Social-Media-Engagement von Angestellten zu fördern.
Andere Möglichkeiten sind Blogbeiträge, kurze Videos oder Interviews von und mit den Kolleginnen / Kollegen, die vom Unternehmen über die eigenen Kanäle veröffentlicht werden. Mitarbeitende zu Markenbotschafter/-innen zu machen, trägt entscheidend zur positiven Wahrnehmung des Unternehmens und zur Gewinnung neuer Talente bei.
2. Führungskräfte müssen die Arbeitgebermarke vorleben
Auch Führungskräfte sind Schlüsselfiguren für authentisches und nachhaltiges Employer Branding. Die Arbeitgebermarke kann noch so glänzend präsentiert werden: Ziehen die Führungskräfte nicht mit, verkommt Employer Branding schnell zu einer leeren Hülle. Was nützt es, wenn wir von ganz oben einen Sollzustand kommunizieren und auf der Karriereseite für eine bestimmte Haltung und Werte werben, dies aber im täglichen Miteinander und im Umgang mit der eigenen Führungskraft nicht spürbar ist? Führungskräfte leisten hier einen entscheidenden Beitrag zur Unternehmenskultur.
Insofern sind Markenwerte, Vision und Mission eng mit den Arbeitgeberversprechen verbunden. Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen in seiner Mission „Nachhaltigkeit“ betont, sollten Führungsleitlinien sowie Angebot und Benefits für die Mitarbeitenden das auch reflektieren. Das kann zum Beispiel durch Angebote wie umweltfreundliche Mobilitätslösungen oder grüne Büros passieren, die aktiv von den Führungskräften unterstützt werden.
3. Nachhaltiges Employer Branding lebt von der Kommunikation
Auch die geeignete Kommunikation der internen Botschaften muss stimmen. Kommunikation von Chefetage zu Rezeption – aber auch andersherum – bildet das Fundament für nachhaltiges Employer Branding. Der Dialog zwischen Führung und Mitarbeitenden muss konstant, authentisch und transparent sein. Diese Zwei-Wege-Kommunikation sorgt dafür, dass innerhalb des Unternehmens Vertrauen und Identifikation entstehen. Nur dann kann auch die Außenwirkung stimmen.
Dabei müssen die Verantwortlichen im Auge behalten, dass nicht alle Mitarbeitenden jeden Tag am Rechner sitzen. Personal in der Produktion – ohne entsprechende Hardware – oder im Außendienst muss an dieser Kommunikation einbezogen werden, an ihr teilhaben können. Dabei sollten auch die Botschaften so gewählt werden, dass sie bei der IT-Abteilung genauso ankommen wie bei der Empfangskraft an der Rezeption. Alle einbeziehen, schafft Kohärenz und setzt Unternehmenswerte in die Tat um – und prägt die Kultur.
4. Authentizität statt Hochglanz
Interne Integrität der Unternehmenswerte ist auch die Voraussetzung für die gelungene Kommunikation nach außen: Was intern nicht gelebt wird, kann extern nicht überzeugen. Nachhaltiges Employer Branding sollte deswegen nicht nur strategisch funktionieren, sondern auch immer maximal authentische Einblicke in das Unternehmen geben.
Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Kultur anfassbar zu machen. Teamausflüge, Grillabende oder ein Bürohund geben Einblicke in die Unternehmenskultur und dürfen präsentiert werden. Auch eignen sich kurze Interviews oder Clips, bei denen Mitarbeitende ihren Arbeitsalltag zeigen. Diese Videos dürfen gerne mit dem Handy selbst gefilmt werden. Der produzierte Content muss nämlich gar nicht immer Hochglanz sein. Wichtig ist, sich mehr zu trauen und kontinuierlich Content zu generieren. Vor allem in den sozialen Medien, wo Inhalte schnell vergessen werden.
5. Nachhaltiges Employer Branding ist ein Marathon
Vielleicht der wichtigste Aspekt: Employer Branding ist als kontinuierlichen Entwicklungsprozess zu sehen. Nachhaltiges Employer Branding ist kein einmaliges Projekt, sondern eine strategische Daueraufgabe. Dabei müssen sich manche Unternehmen auch erst mal bewusst machen, was alles zum Employer Branding zählt: Neue Benefits, neue Standorte, Homeoffice-Regelungen, neue Mitarbeitende oder Führungskräfte sind interessante Informationen, die die Unternehmensmarke prägen.
Dazu zählt auch HR. Wer Employer Branding noch tiefer im Unternehmen verankern will, tut das nicht nur auf der Karriereseite oder Social Media, sondern auch in internen HR-Prozessen. Wie Unternehmen Personalentwicklung, Onboarding oder Exit-Prozess managen, ist sehr wohl Teil der eigenen Arbeitgebermarke und hat Wirkung auf die Wahrnehmung von außen. Gerade, weil in vielen Unternehmen in den vergangenen Jahren kein Stein mehr auf dem anderen geblieben ist. All das kann unter dem Mantel des Employer Branding erzählt werden und ist wichtig für Kandidatinnen / Kandidaten.
Fazit
Eine zeitgemäße Arbeitgebermarke muss mehr sein als Marketing: Sie muss die tatsächliche Unternehmensrealität widerspiegeln. Funktionierendes Employer Branding hat dabei drei Gruppen im Blick: Mitarbeitende, Kandidatinnen / Kandidaten und Führungskräfte. Und noch eines ist wichtig: Nur wer im Blick behält, ob die gelebte Kultur mit den Werten der Arbeitgebermarke im Einklang ist, kann Employer Branding authentisch nach außen transportieren, eine starke und differenzierende Arbeitgebermarke aufbauen. Das ist die Basis, um eine glaubwürdige Verbindung zwischen Unternehmen und potenziellen Talenten zu schaffen.
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Andreas Herde ist Geschäftsführer und Gründer von Yeahr, einer Spezialagentur für Employer Branding und Personalmarketing mit Sitz in Düsseldorf. Die Agentur gehört der European Association of Employer Branding Agencies (EAEBA) an.