„Wer sich auf nichts verlassen kann, ist verlassen.“ Wie wichtig die Bedeutung dieses Satzes gerade für Personaler und Führungskräfte ist, weiß Thomas Bergen, CEO und Mitgründer von getAbstract. Anhand seiner Erfahrungen im Unternehmensalltag stellt er die Bedeutung von Vertrauen für Mitarbeitende im Management- und Personalbereich heraus und gibt dabei konkrete Tipps, wie Führungskräfte Vertrauen gewinnen und kultivieren können.
1. Tipp: Erfolgreiche Führung geht nur mit Vertrauen
Jede erfolgreiche Zusammenarbeit fußt auf Vertrauen. Das trifft nicht nur auf die Arbeit am Schreibtisch oder auf Verkaufsgespräche zu, sondern ist auch im täglichen Miteinander verankert. Denn in jedem Kontext und Arbeitsschritt findet eine Art der Vertrauensprüfung statt, von der strategischen Planung über den Einkauf bis hin zum Einstellen neuer Mitarbeitender. Deshalb müssen vor allem Führungskräfte und Personalverantwortliche ein Gespür dafür haben, denn die Vertrauensfähigkeit in die Mitarbeitenden entscheidet über den Erfolg ihres persönlichen und unternehmerischen Vorgehens.
Warum? Weil niemand allein alles wissen, machen oder managen kann – eine gegenteilige Einstellung zeugt nicht von gesundem Selbstvertrauen, sondern eher von mangelnder Führungsqualität, einer Delegierschwäche und einem Selbstwertproblem.
Gerade um Arbeit zu delegieren und zu beurteilen, wer was am besten übernehmen kann, was eine der Hauptaufgaben einer guten Führungskraft ist, müssen für Entscheidungen alle notwendigen Informationen gesammelt und im Team kommuniziert werden. So können Aufgaben effektiv abgegeben und die nächsten Schritte abgewogen werden. Wenn das Team und die Führung dabei weder vertrauenswürdig noch -fähig sind, fehlen irgendwo immer wichtige Informationen, Meinungen werden nicht gehört und Aufgabenzuteilung und Zuständigkeiten sind unklar. Kurz: Wo Vertrauen fehlt, in die eine oder andere Richtung, wird strategische Führung schwierig.
2. Tipp: Wer Vertrauen gewinnen will, muss es abgeben
Um Vertrauen zu lernen und den Grundstein für gute Führung zu legen, muss zuerst eins tun: Es schenken. Ein Beispiel für dieses Paradox: Frau Müller aus der Finanzabteilung möchte Spesen effizienter abrechnen und hat eine Idee dazu. Diese spricht sie beim Firmenapéro im Gespräch mit dem CEO an. Wird sie belächelt und vielleicht sogar ermahnt, sich Gedanken um den eigenen Zuständigkeitsbereich zu machen, wird sie wohl kein weiteres Mal einen Vorschlag einbringen. Wird jedoch ein gemeinsames Gespräch mit ihr und dem Zuständigen arrangiert, um der Idee den passenden Raum zu geben, zeugt dies von Wertschätzung und Vertrauen in ihre Expertise.
Dann können die Anwesenden entscheiden: Ist es Wert, die Sache weiterzuverfolgen? Oder lässt sich die Idee als Zündung für eine andere Initiative benutzen? In diesem Fall haben alle die Möglichkeit, abzuwägen und das weitere strategische Vorgehen zu überdenken. Gleichzeitig fühlt sich die Mitarbeiterin wertgeschätzt und wird auch künftig Vorschläge einbringen – selbst, wenn ihre Idee am Ende nicht umgesetzt wird.
Ein solcher Vertrauensvorschuss ist im Geschäftsleben oftmals die Initialzündung für erfolgreiche Zusammenarbeit, weshalb Führungskräfte sich auch durch Enttäuschungen nicht davon abbringen lassen sollten, diesen Bonus regelmäßig zu gewähren. Wer vertraut, dem wird auch vertraut. Der Vertrauensvorschuss fällt selbstredend leichter, wenn man seltener enttäuscht wurde (etwa von vielversprechenden Bewerbern, die sich dann doch als ungeeignet entpuppen).
Wer aber aus den Enttäuschungen lernt, wird je länger, desto weniger davon erleben. Daher sollte es zur Gewohnheit in Unternehmen werden, den Ideen der Mitarbeitenden Aufmerksamkeit zu schenken, sich nicht zu stark von Hierarchien leiten zu lassen und Ideen, die vielleicht zuerst fremd oder seltsam wirken, eine Chance geben.
3. Tipp: Vertrauen bedeutet Delegieren
Aufgaben nach klaren Regeln und Zuständigkeiten abzugeben, fördert Eigenverantwortung, Empathie und Neugier und vermeidet die Bildung von Echokammern. Wer vorgibt, als Chef unfehlbar zu sein, läuft Gefahr, sich selbst in eine Echokammer zu sperren, die das dann absehbare Scheitern nur verschlimmert. Deshalb sollten sich Mitarbeitende im Personalbereich und Führungskräfte beim Thema Delegieren stets:
- mit Menschen umgeben, die Fähigkeiten oder Kenntnisse haben, die über die eigenen hinausgehen: besonders auch beim Thema Recruiting oder bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrats.
- aufmerksam Ideen und Meinungen anhören: nicht unterbrechen, dafür Notizen machen und den Fokus darauflegen, was Kollegen und Kolleginnen zu sagen haben. Denn nur wer zuhört, kann etwas lernen.
- Aufmerksamkeit schenken und sich Zeit nehmen: Auch wenn eifrige Mitarbeitende vielleicht manchmal eher mehr Zeitaufwand verursachen, so haben sie doch stets kreative Geistesblitze, die es verdienen, angemessen beachtet zu werden. Ein offenes Ohr stärkt die Bindung zu diesen kreativen Kräften – und ihre Bindung zum Unternehmen.
- bedacht kontrollieren: Geht es ans Umsetzen von Ideen, so sollten die Verantwortlichen dazu genug Spiel- und Freiraum und – weiterhin – angemessene Aufmerksamkeit erhalten. Dazu gehören auch Feedback- und Kontrollmechanismen, wobei letztere bei erfolgreichen Umsetzungen sukzessive gelockert werden können, womit gleichzeitig die Eigenverantwortung der Beteiligten steigt.
So sind Führungskräfte in der Lage, Aufgaben zu delegieren, um sich darum kümmern zu können, wofür sie bezahlt werden: Leitung. Denn darin setzt wiederum die Firmenleitung ihr Vertrauen. An diesen Stellen müssen denn auch nicht immer ausgebildete Betriebswirte oder Manager sitzen, sondern diejenigen Mitarbeitenden, die sich durch ihre Arbeit das nötige Vertrauen erworben haben, sich durch eine hohe Sozialkompetenz auszeichnen und den richtigen Sinn für die eigene Unternehmenskultur unter Beweis stellen. So entsteht eine Firmenkultur, die von vertrauensvoller Zusammenarbeit geprägt, gleichzeitig durchlässig, lern- und leistungsorientiert ist – und ein Unternehmen, das sich vor den Herausforderungen von heute und morgen nicht verstecken muss.
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Thomas Bergen ist Mitgründer und CEO von getAbstract, einem weltweit führenden Unternehmen für komprimiertes Lernen, sowie Vorsitzender von Amphasys und Gründer von HopeNow, einem Unternehmerkollektiv, das Lösungen für den Klimawandel sucht.