Wenn geschätzte Mitarbeitende gehen, dann sind die Führungskräfte gefordert. Die gute Nachricht: Jede Veränderung birgt gleichzeitig Chancen, meint Gero Schmitt-Sausen, Geschäftsführer von inFranken.de und mgo Zeitungsverlage. Wie nutzen Unternehmen diese effektiv, um sich weiterzuentwickeln?
Eine Kündigung ist oftmals ein unerwünschtes Ereignis für Unternehmen und Führungskräfte. Mehr noch: Wenn ein geschätzter und qualifizierter Mitarbeitender das Unternehmen verlässt, kann eine Art Schock-Zustand im Team eintreten, der weitere Auswirkungen nach sich zieht. Was tun?
1. Den Schock-Zustand aushalten und überwinden
Die Nachricht, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin das Unternehmen verlässt, kommt oft unerwartet. Damit verbunden ist in der Regel ein Gefühl des Verlustes – nicht nur von Wissen und Erfahrung, sondern auch der menschlichen Komponente, die für ein gut funktionierendes Team unverzichtbar ist.
Führungskräfte sind hier besonders gefordert: Sie müssen nicht nur den anstehenden Übergang managen, sondern auch die emotionalen Reaktionen des Teams auffangen. Ein offener Dialog, der Verständnis und Unterstützung ausdrückt, ist dabei unerlässlich.
Eine wichtige Regel: Führungskräfte sollten es vermeiden, ihren Frust über die Kündigung auf den ausscheidenden Mitarbeitenden zu projizieren. Denn es gilt die Gründe, die zur Entscheidung führten, nachzuvollziehen und bei Bedarf auch selbstkritisch zu analysieren.
Ein weiterer Aspekt: Die Employee Experience endet nicht mit der Kündigung. Im Gegenteil: Es zeugt von wahrer Größe, die Entscheidung des Mitarbeitenden zu respektieren und ihm zu seiner neuen beruflichen Herausforderung zu gratulieren. Nur wenigen Führungskräften scheint bewusst zu sein, wie wichtig ihr Verhalten nach der Kündigung sein kann und welchen bleibenden Eindruck es hinterlässt.
2. Die Struktur analysieren und optimieren
Jede Veränderung, so schmerzhaft sie auch sein mag, bietet Raum für Neues. Warum nicht den Weggang eines Mitarbeitenden zum Anlass nehmen, um über bestehende Strukturen und Prozesse nachzudenken? Hier bietet sich die Chance, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und kreative Lösungen für Herausforderungen zu finden.
Eine Möglichkeit, die Unternehmen auf keinen Fall ungenutzt lassen sollten, sind sogenannte Exit-Interviews mit ausscheidenden Teammitgliedern: In einem abschließenden Gespräch haben Führungskräfte, gegebenenfalls mit Unterstützung der HR-Kolleginnen und -Kollegen, die Möglichkeit, ehrliches Feedback einzuholen und durch gezieltes Nachfragen neue Stellschrauben für kontinuierliche Verbesserung aufzudecken. Ein Austrittsgespräch beendet zudem das Arbeitsverhältnis wertschätzend und professionell. Anschließend sollten Führungskräfte gemeinsam mit dem bestehenden Team analysieren, welche Prozesse optimiert werden müssen und was die Mitarbeitenden benötigen, um sowohl individuell als auch gemeinsam effektiv arbeiten zu können.
3. Wenn Mitarbeitende gehen: Nachrückende Mitarbeitende weiterentwickeln
Sobald ein Mitarbeitender ausscheidet, ist es wichtig, zeitnah für eine Nachbesetzung zu sorgen, damit der Erfolg im Team gewährleistet bleibt. Dies gilt insbesondere für Schlüsselfunktionen, die für die Organisation von großer Bedeutung sind. Oftmals übernehmen Kolleginnen / Kollegen übergangsweise zusätzliche Aufgaben. Diese Situation kann einerseits herausfordernd sein, bietet andererseits aber auch Chancen – sowohl für die Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen.
So haben Talente, die bisher weniger sichtbar waren, die Chance, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig können Führungskräfte den Wechsel nutzen, um diesen Mitarbeitenden mehr Verantwortung zu übertragen und sie so in ihrer Karriere zu fördern. Ein weiterer Vorteil: Eine interne Nachfolge spart dem Unternehmen Zeit und Geld, da der Aufwand für die Stellensuche entfällt.
4. Team-Zusammenhalt durch Emotionen stärken
Ein Abschied, so emotional er auch sein mag, kann das Team paradoxerweise stärken. Gemeinsam erlebte Momente und Projekte prägen und fördern den Zusammenhalt. Zudem: Wenn ein Teammitglied geht, müssen sich die verbleibenden Kolleginnen / Kollegen im Team neu formieren. Die Folge: Durch das Anpassen an die neue Situation wächst das „Wir-Gefühl“.
Darüber hinaus sollte eine Abschlussveranstaltung die Basis jeder Employee Experience sein. Idealerweise wird diese nicht vom Mitarbeitenden selbst, sondern von der Führungskraft initiiert und organisiert. Diese Überraschung als Geste der Wertschätzung sorgt für nachhaltige, positive Erinnerungen. Die Art der Veranstaltung ist dabei zweitrangig – ob gemeinsames Bowling wie kürzlich bei uns im Team oder ein gemütliches Abendessen in geselliger Runde. Wichtig ist das gemeinsame Erlebnis.
5. Der Mitarbeitende agiert als Multiplikator
Jeder Mitarbeitende, der das Unternehmen verlässt, trägt seine Erfahrungen und Eindrücke aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis weiter – sei es am neuen Arbeitsplatz, im Freundes- und Bekanntenkreis oder auf kununu und in sozialen Netzwerken. Ein positiver Abschied kann somit dazu führen, dass ehemalige Angestellte zu Botschaftern des Unternehmens werden. Sie machen potenzielle Kunden, Partner oder zukünftige Mitarbeitende auf das Unternehmen aufmerksam und leisten so einen wertvollen Beitrag zur Außendarstellung und zum Employer Branding.
Auch wenn der Verlust eines Mitarbeitenden oft zunächst schmerzlich ist, bietet er dem Unternehmen und dem Team viele Chancen. Als Unternehmen ist es wichtig, diese zu erkennen, aktiv zu gestalten und sie als Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu nutzen.
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Gero Schmitt-Sausen ist Geschäftsführer der mgo Lokale Medien GmbH & Co. KG. In dieser Funktion trägt er die wirtschaftliche Verantwortung für 20 Medienmarken der Mediengruppe Oberfranken und ist für deren Führung und Werbevermarktung zuständig.