Transformationsprozesse sind komplex und heterogen. Die Gründe, warum Personaltransformationen scheitern, sind es nicht. Denn die meisten Unternehmen machen beim Personalumbau die gleichen Fehler. Christian Summa, Geschäftsführer und Partner bei von Rundstedt, hat sich die typischen Projekt-Fallstricke genauer angeschaut.
Veränderungen bedeuten für Unternehmen und ihre Beschäftigten immer eine ernste Herausforderung. Nicht alle stellen sich mit Begeisterung den neuen Aufgaben und beschreiten gern unbekannte Wege. Management, Führungskräfte und Personalverantwortliche stolpern zumeist über diese fünf Fehler:
1. Unternehmen unterschätzen die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Personaltransformation.
In den vergangenen Jahrzehnten sahen Personaltransformationen oft so aus: Unternehmen bieten aus ihrer Sicht attraktive Freiwilligenprogramme an, die die Personalkosten kurzfristig senken sollen. Eine häufige Folge: Trotz doppelter Freiwilligkeit verlassen auch Leistungs- und Potentialträger das Unternehmen, während sich gleichzeitig ein kontraproduktives „Restrukturierungsgedächtnis“ entwickelt: „Wer nur lange genug in der Deckung ausharrt, überlebt jede Reorganisation“.
Um die Personalstruktur nachhaltig erfolgreich zu verändern, ist jedoch ein umfassender Ansatz erforderlich. Unternehmen brauchen ein breites Konzept, um Beschäftigte weiterzubilden und in neue Rollen zu bringen, sei es innerhalb des Unternehmens oder im externen Arbeitsmarkt. Wichtig ist hierbei, dass Management, Führungskräfte und Personalverantwortliche an einem Strang ziehen und zugleich die Mitbestimmung von der Transformation überzeugen.
2. Die Beschäftigten werden in der Entscheidungsphase allein gelassen.
Die meisten Arbeitgeber machen sich viele Gedanken dazu, wie sie ihre Mitarbeitenden bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen können. Sie schnüren attraktive Pakete, bieten neue Jobprofile und Aufgaben an oder die Option in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Dennoch entscheidet sich meist nur ein Bruchteil der Mitarbeitenden für eines dieser Angebote. Woran liegt das?
Die Antwort: Die Unternehmen gehen nicht aktiv auf die Mitarbeitenden zu, um sie zu den möglichen Perspektiven zu beraten: Wie geht es nach einem Wechsel in einen anderen Fachbereich, nach einer Qualifizierung oder nach der Transfergesellschaft weiter? Hier gilt es wichtige Fragen zu beantworten: „Werde ich von der neuen Führungskraft wirklich akzeptiert oder haftet an mir das Etikett des Restrukturierungsverlierers?“ und „Finde ich in meiner Region wieder einen adäquaten Job?“. Da diese schwierigen Fragen häufig unbeantwortet bleiben, ist die Hürde für die meisten Beschäftigten (zu) hoch.
Ausführliche Beratung ist in dieser Phase wichtig. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitenden ein möglichst genaues Bild vermitteln, wie es zukünftig für sie auf dem internen oder externen Arbeitsmarkt weitergehen könnte. Das ist die Basis für eine mobilisierende Entscheidungsgrundlage.
3. Führungskräfte sehen sich oft in einer passiven Rolle
Ein weiterer Schlüsselfaktor für den Erfolg oder Misserfolg einer Transformation sind die Führungskräfte. Ihre Aufgabe ist es, Beschäftigte zu motivieren und bei der Veränderung mitzunehmen. Sie müssen ihre Teammitglieder davon überzeugen, dass Veränderungsangebote eine echte Chance sind und die notwendigen Maßnahmen mit Sachverstand und Empathie erläutern. Allzu häufig scheitern Personaltransformationen, weil die Führungskräfte selbst nicht von der Notwendigkeit überzeugt sind oder selbst zu spät vom Management ins sprichwörtliche Boot der Transformation geholt worden sind. Das erzeugt zwangsläufig eine Passivität, die negative Auswirkungen auf die Annahme von Freiwilligenprogrammen durch die Teammitglieder haben.
Unternehmen sollten die Einbindung und die Schulung von Führungskräften daher als wichtige Aufgabe betrachten. Commitment-Workshops und Gesprächs-Trainings sind erfolgsentscheidende Instrumente, um die Führungskräfte auf die Gespräche mit ihren Mitarbeitenden vorzubereiten. Sie gewinnen damit Sicherheit im Umgang mit Widerständen und lernen, die Maßnahmen und Veränderungen an ihre Teammitglieder zu kommunizieren.
4. Arbeitgeber lassen dem Flurfunk freien Lauf.
Wer etwas verändern will, muss andere überzeugen. „Warum handeln wir so, wie wir handeln“ ist die wichtigste Frage in diesem Prozess. Die Antwort darauf muss allen Mitarbeitenden klar sein. Schaffen Unternehmen es nicht, das Warum und das Wie an ihre Beschäftigten zu vermitteln, werden diese Veränderungen blockieren oder das Unternehmen überstürzt verlassen.
Unternehmen brauchen daher ein durchdachtes Kommunikationskonzept, dass alle W-Fragen erklärt: Was tun wir, wann tun wir es und vor allem warum? Die Geschäftsleitung ist in der Pflicht, alle Punkte präzise zu erläutern – sowohl den Mitarbeitenden, die sie halten möchte, als auch denjenigen, die sie intern oder extern verändern möchte.
5. Mitarbeitende werden als reiner Kostenfaktor betrachtet.
Unternehmen bezeichnen ihre Beschäftigten in Sonnenschein-Perioden gern als wichtigstes Gut. Aber in Krisenzeiten weicht ihr Handeln schnell von diesem Motto ab. Beim Personal wird in aller Regel zuerst gespart. Ein fataler Fehler: Werte wie Anstand und Wertschätzung sind für Arbeitnehmende heute immer wichtiger. Trägt das Arbeitgeberimage einen Schaden davon, wird es Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt schwerfallen, erneut gute Mitarbeitende zu gewinnen oder Leistungsträger zu halten. Auch hier wirkt das „Restrukturierungsgedächtnis“ längerfristig.
Der Schlüssel zum Erfolg lautet daher werteorientierte Personaltransformation. Dies bedeutet, auch denjenigen, deren Arbeitskraft in Zukunft nicht mehr benötigt wird, neue Chancen im externen Arbeitsmarkt zu eröffnen. Aufgrund von Demografie und Digitalisierung bieten sich heute deutlich mehr Perspektiven, als den Beschäftigten im Moment des akuten Veränderungsdruck bewusst ist.
Ein ganzheitlich ausgerichtetes Handeln in der Personaltransformation wirkt sich auch nachhaltig auf die verbleibenden Beschäftigten aus. Sie erleben das Unternehmen als fairen und wertschätzenden Arbeitgeber und können auf diese Weise eine echte Bindung aufbauen.
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Christian Summa ist Geschäftsführer und Partner bei von Rundstedt. In seiner Rolle als Chief Consulting Officer leitet er bundesweit die Kundenbetreuung in Restrukturierungen sowie Personalumbau- und -abbauprojekten. Seit 2004 hat der diplomierte Betriebswirt als Partner und in verschiedenen Vertriebspositionen bei von Rundstedt die Beratungslösungen entscheidend weiterentwickelt, zuletzt als Director Workforce Transformation. Seit 2020 teilt er sich die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft Rundstedt Transfer GmbH mit Sophia von Rundstedt. Foto: v. Rundstedt & Partner